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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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machte er es sehr diskret - und wer konnte in dem Hotel New Hampshire schon so diskret sein?
    »Er kann sie unmöglich besuchen«, hatte Franny gesagt. »Ich würde es ganz einfach wissen.«
    »Männer sind hinterlistig«, sagte Susie der Bär. »Sogar die netten.«
    »Er macht es jedenfalls nicht, das steht fest«, hatte Franny gesagt. Susie der Bär hatte mit den Achseln gezuckt, und Franny hatte sie geohrfeigt.
    Doch in Franks Zimmer war es Vater, der das Gespräch auf die Nutten brachte.
    »Wir sollten ihnen zuerst sagen, was wir mit den verrückten Radikalen vorhaben«, sagte Vater, »bevor wir es der Polizei sagen.«
    »Wieso denn?« fragte ihn Susie der Bär. »Eine von ihnen könnte uns auffliegen lassen.«
    »Warum sollten sie so was tun?« fragte ich Susie.
    »Wir sollten ihnen jedenfalls Bescheid sagen, damit sie sich drauf einstellen können«, sagte Vater.
    »Sie werden sich ein anderes Hotel suchen müssen«, sagte Freud. »Die verdammte Polizei wird den Laden hier dichtmachen. In diesem Land haftest du für deinen Umgang, sie verhaften dich wegen deinem Umgang!« rief Freud. »Fragt bloß mal einen Juden!« Fragt bloß mal den anderen Freud, dachte ich.
    »Aber mal angenommen, wir wären Helden«, sagte Vater, und wir blickten ihn alle an. Ja, das wäre schön, dachte ich.
    »Wie in Lillys Buch?« fragte Frank Vater.
    »Angenommen, wir verhindern den Bombenanschlag; würde die Polizei nicht denken, wir wären Helden?« fragte Vater.
    »Polizisten denken anders«, sagte Freud.
    »Oder mal angenommen«, sagte Vater, »wir als Amerikaner sagen dem amerikanischen Konsulat oder der Botschaft Bescheid, und von denen gibt jemand die Information an die österreichischen Behörden weiter - als handelte es sich bei dieser ganzen Geschichte wirklich um ein streng geheimes, erstklassiges Komplott.«
    »Darum liebe ich dich so, Win Berry!« sagte Freud und schlug mit seinem Baseballschläger den Takt zu irgendeiner inneren Melodie. »Du bist ein echter Träumer«, sagte Freud zu meinem Vater. »Das ist kein erstklassiges Komplott! Das ist ein zweitklassiges Hotel«, sagte Freud. »Das sehe sogar ich«, sagte er, »und falls du's noch nicht bemerkt hast: ich bin blind. Und das sind auch keine erstklassigen Terroristen«, sagte Freud. »Die können nicht mal ein tadelloses Auto in Schuß halten!« rief er. »Ich persönlich glaube nicht, daß die wissen, wie sie die Oper sprengen sollen! Ich bin sogar überzeugt, daß nicht die geringste Gefahr für uns besteht. Wenn die eine Bombe hätten, würden sie damit wahrscheinlich die Treppe runterfallen!«
    »Das ganze Auto ist die Bombe«, sagte ich, »oder vielmehr die Hauptbombe - was immer das bedeuten mag. So hat es mir jedenfalls Fehlgeburt erzählt.«
    »Reden wir doch mit Fehlgeburt«, sagte Lilly. »Ich vertraue Fehlgeburt«, fügte sie hinzu und überlegte, wie wohl das Mädchen, das ihr sieben Jahre lang so etwas wie eine Privatlehrerin gewesen war, die Überzeugung gewonnen haben mochte, sie müsse sich selbst zerstören. Und war Fehlgeburt Lillys Privatlehrerin, dann war Schwanger Lillys Kindermädchen.
    Aber wir sahen Fehlgeburt nicht mehr. Ich nahm an, daß sie nur mich nicht sehen wollte; ich nahm an, daß die anderen sie zu sehen bekamen. Am Ende des Sommers 1964 - als »die Herbstsaison« bedrohlich näherrückte - tat ich mein Bestes, nie mit Franny allein zu sein, und Franny gab sich alle Mühe, Susie den Bären zu überzeugen, daß sich zwischen ihnen zwar nichts geändert habe, daß sie es aber doch für besser hielt, wenn sie »einfach gute Freunde« waren.
    »Susie ist so unsicher«, sagte mir Franny. »Ich meine, sie ist wirklich süß - wie Lilly sagen würde -, aber ich versuche, mich von ihr abzusetzen, ohne das bißchen Selbstvertrauen, das ich ihr möglicherweise gegeben habe, zu untergraben. Ich meine, sie hat gerade erst angefangen, sich zu mögen, wenigstens ein bißchen. Ich hatte sie fast soweit, daß sie glaubte, sie sei nicht häßlich; und jetzt, wo ich sie zurückstoße, verwandelt sie sich wieder in einen Bären.«
    »Ich liebe dich«, sagte ich mit gesenktem Blick zu Franny. »Aber was sollen wir denn tun?«
    »Wir werden uns lieben«, sagte Franny, »aber tun werden wir gar nichts.«
    »Überhaupt nie, Franny?« fragte ich sie.
    »Nicht jetzt, jedenfalls«, sagte Franny, aber ihre Hand wanderte über ihren Schoß, über ihre eng aneinandergepreßten Knie und in meinen Schoß - wo sie meinen Oberschenkel so heftig drückte, daß ich

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