Das Hotel New Hampshire
spielen«, klagte Coach Bob. »Keiner blockt für den anderen.«
»Die laufen ja nicht mal«, sagte Vater.
»Und sie gehen nicht rein in den Mann«, sagte Iowa-Bob.
»Klar tun sie das«, sagte Frank, auf dem dauernd herumgehackt wurde.
»Sie sind ins Gewächshaus eingebrochen und haben dort wie die Vandalen unter den Pflanzen gehaust«, sagte Mutter, die von diesem Vorfall in der Schulzeitung gelesen hatte, einer Zeitung für Analphabeten, wie Vater sagte.
»Einer hat mir sein Ding gezeigt«, sagte Franny, um Ärger zu machen.
»Wo?« fragte Vater.
»Hinter der Eisbahn«, sagte Franny.
»Was hattest du überhaupt hinter der Eisbahn zu suchen?« fragte Frank, angewidert wie immer.
»Die Eisbahn ist ganz uneben«, sagte Coach Bob. »Da hat sich keiner mehr drum gekümmert, seit dieser Mann, wie hieß er doch gleich, pensioniert worden ist.«
»Er ist nicht pensioniert worden, er ist gestorben«, sagte Vater. Er verlor jetzt, da Iowa-Bob älter wurde, öfter mal die Geduld mit seinem Vater.
1950 war Frank zehn, Franny war neun, ich war acht, und Lilly war vier; Egg war eben erst zur Welt gekommen, und so blieb ihm in seiner Ahnungslosigkeit unsere Angst, eines Tages die so heftig kritisierte Dairy School besuchen zu müssen, erspart. Vater war überzeugt, daß sie, wenn Franny einmal alt genug war, auch Mädchen zulassen würden.
»Nicht aus irgendwelchen progressiven Neigungen heraus«, meinte Vater, »sondern einzig und allein, um dem Bankrott zu entgehen.«
Er behielt natürlich recht. Schon 1952 war das schulische Niveau der Dairy School höchst fragwürdig; die Neuzugänge sanken beharrlich, und die Mindestanforderungen für Neue wurden noch fragwürdiger. Und je tiefer die Zahl der Neuzulassungen sank, desto höher kletterte das Schulgeld, was wiederum noch mehr Schüler fernhielt, und das bedeutete, daß man einige Lehrer gehen lassen mußte - und daß andere, die Prinzipien und andere Mittel hatten, von sich aus kündigten.
Die Footballmannschaft des Jahres 1953 beendete die Saison mit einem Sieg und neun Niederlagen; Coach Bob glaubte, die Schule warte nur auf seinen Rücktritt, um Football dann ganz aus dem Programm zu streichen - Football war zu teuer, und die Ehemaligen, die ihn (und das ganze Sportprogramm) immer unterstützt hatten, schämten sich so sehr, daß sie nicht mehr zurückkamen, um sich die Spiele anzusehen.
»Es sind die verdammten Trikots«, sagte Iowa-Bob, und Vater verdrehte die Augen im Bemühen, gegen Bobs wachsende Senilität nicht intolerant zu erscheinen. Vater hatte bei Earl seine Erfahrungen mit der Senilität gemacht. Aber man mußte Coach Bob fairerweise zugestehen, daß er, was die Trikots betraf, nicht ganz unrecht hatte.
Die Farben der Dairy School, vielleicht in Anlehnung an eine mittlerweile wieder verschwundene Rinderrasse, waren eigentlich ein tiefes Schokoladenbraun und ein leuchtendes Silber. Doch im Laufe der Jahre und mit dem Vordringen synthetischer Stoffe waren diese kräftigen Kakao- und Silbertöne traurig und trübe geworden.
»Brauner Schlamm und graue Regenwolken«, sagte Vater.
Die Schüler der Dairy School, die mit uns Kindern spielten - wenn sie nicht gerade Franny ihr »Ding« zeigten -, erzählten uns, welche anderen Bezeichnungen für die Farben an der Schule im Schwang waren. Ein älterer Junge namens De Meo - Ralph De Meo, einer der wenigen Stars in Iowa-Bobs Team und im Winter und Frühjahr der Sprinterstar unter Vaters Leichtathleten - erzählte Frank, Franny und mir, wie die Schulfarben wirklich aussahen. »Grau wie die Leichenblässe im Gesicht eines Toten«, sagte De Meo. Ich war zehn und hatte Angst vor ihm; Franny war elf, doch ihm gegenüber gab sie sich älter; Frank war zwölf und fürchtete sich grundsätzlich vor allen.
»Grau wie die Leichenblässe im Gesicht eines Toten«, wiederholte De Meo langsam, für mich. »Und braun - kuhbraun, wie Mist«, sagte er. »Für dich heißt das Scheiße, Frank.«
»Ich weiß«, sagte Frank.
»Zeig's mir noch mal«, sagte Franny zu De Meo; sie meinte sein Ding.
Scheiße und Tod waren die Farben der sterbenden Dairy School. Der Verwaltungsrat, auf dem dieser Fluch lastete - und manch anderer Fluch aus der Kuhstallvergangenheit der Schule und der kaum noch putzigen Kleinstadt in New Hampshire, in die die Schule geplumpst war wie ein Kuhfladen in die Wiese -, beschloß, künftig auch Mädchen aufzunehmen.
So würde zumindest die Schülerzahl steigen.
»Das macht den Football endgültig
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