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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ihrer Zelle davon geträumt, eines Tages ein Kind in den Armen zu halten? Die winzigen Windeln zu wechseln und es unter dem Kinn zu kitzeln?
    Langsam, beinahe ehrfurchtsvoll, näherte sich Maria der nächsten Krippe und blickte hinein.
    Und schreckte sofort zurück. Das Kind hatte Glubschaugen und einen obszön großen Mund, mit dem es gerade ein Stück rohes Hähnchen zermalmte. Es blickte zu Maria auf, entblößte die Zähne und zischte sie an.
    Ihre Neugier gewann die Oberhand, und sie ging zur zweiten Krippe. Das Baby hatte etwas im Gesicht, das einem Schnabel glich, und kaute damit seine eigenen Zehen blutig.
    In der nächsten Krippe lagen Siamesische Zwillinge, die am Kopf zusammengewachsen waren und das mittlere Auge teilten. Sie sahen Maria und stießen einen Laut wie eine auf den Schwanz getretene Katze aus.
    Das nächste Baby …
    … war perfekt. Ein absolut perfektes Kind.
    Dünne braune Härchen und große, ausdrucksvolle Augen. Das niedlichste kleine Näschen. Das Baby sah Maria, brabbelte und streckte ein Händchen nach ihr aus. Sie hielt ihm einen Finger hin, und das Baby nahm ihn und hielt ihn fest. Für einen Augenblick vergaß Maria, wo sie sich befand, wer sie war und überhaupt alles, das ihr während der letzten zwölf Monate angetan worden war.
    Du bist so kostbar.
    Dann, von hinten, hörte sie das unverwechselbare Klicken eines Gewehrs. Ohne nachzudenken, schnappte sie sich das Baby und drehte sich um.
    Unter der Tür stand Eleanor und zielte mit der Waffe auf sie. Maria hob das Skalpell.
    » Runter mit dem Gewehr, oder ich bringe es um«, log sie.
    Eleanor lächelte. » Machen Sie nur. Das gehört nicht mir, sondern einem Pärchen, das vor ein paar Wochen bei uns eingekehrt ist. Ihre Eltern haben sich nicht mit unserer Gastfreundschaft anfreunden können und weilen nicht mehr unter uns. Doch die Kleine hat die richtige Blutgruppe. Der Plan ist, sie anzuzapfen, sobald sie so weit ist, und dann können meine Jungs ihren Spaß mit ihr haben. Aber es geht auch ohne.«
    Jemand trat hinter Eleanor in das Zimmer. Harry, dessen Wolfsrachen so ausgeprägt war, dass er beinahe bis zu seinen Augenbrauen reichte.
    Was mache ich jetzt?
    Was kann ich jetzt machen?
    Nichts. Ich kann absolut nichts machen.
    » Bring das Kind um oder lege es wieder in die Krippe«, befahl Eleanor. » Das ändert nichts daran, dass du hier nicht lebend rauskommst.«
    Maria holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Sie beugte sich über die Krippe, um das Kind abzulegen, aber die Kleine hielt sich an ihr fest. Als Maria ihre winzigen Finger einen nach dem anderen löste, fing sie zu weinen an.
    » Ruhig«, beschwichtigte Maria sie, und Tränen standen ihr in den Augen. » Alles wird gut, meine Kleine. Alles wird gut.«
    Maria wusste, dass dem nicht so war.
    Dann stapfte Eleanor zu ihr, schlug ihr mit dem Gewehrkolben in die Magengrube, und Maria fiel zu Boden.
    » Ich weiß, was du mit unserer Transfusionsmaschine gemacht hast«, fauchte Eleanor. » Es wird eine volle Woche dauern, ehe ich eine neue geschickt bekomme. Dafür wirst du bezahlen, du Miststück. Teuer bezahlen. Ich werde dich auf die althergebrachte Art bestrafen.«
    Doch Maria hörte nicht zu. Sie blickte auf die Krippe und wusste, dass sie das letzte Mal in ihrem Leben ein Baby gehalten hatte.
    Dann schnappte Harry nach ihr.
    Letti stieß die Frau mit den Prothesen unsanft beiseite und bereitete sich darauf vor, Mal aufzufangen, der schreiend von oben herunterfiel. Er stürzte mit dem Kopf voran, aber Letti war darauf vorbereitet, hielt den Rücken gerade, beugte die Knie und hielt ihn Zentimeter, bevor sein Schädel aufprallte, fest.
    » Wir müssen los«, drängte Florence. » Sofort.«
    Sie hatte recht. Eleanors Brut stieg bereits die Leiter herab.
    Die vier eilten in das nächste Zimmer und schlossen die Tür hinter sich. Letti, Florence und die Frau ohne Beine – Letti erinnerte sich vage, dass Mal sie Deb genannt hatte – stapelten so schnell sie konnten Kisten gegen die Tür auf.
    » Wo ist Kelly?«, fragte Florence.
    » Sie ist mit JD und Cam verschwunden.«
    » Die müssen da entlang sein«, meinte Mal und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung des Raums mit den Koffern. » Vielleicht haben sie den Ausgang gefunden.«
    Letti hievte einen besonders schweren Karton mit Pillen hoch und stellte ihn auf den Stapel. » Okay. Dann mal los. Komm, Florence.«
    » Nein«, erwiderte ihre Mutter.
    Letti hielt inne und starrte sie an. » Was soll das

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