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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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heißen?«
    Florence ging zu Letti und tat etwas völlig Untypisches. Sie ergriff die Hände ihrer Tochter.
    Das letzte Mal, dass sie meine Hände genommen hat, war vor vielen Jahren, als ich noch ein Kind war.
    » Jemand muss hierbleiben und sie aufhalten, damit ihr flüchten könnt«, sagte Florence.
    Letti schüttelte den Kopf. » Kommt nicht infrage. Wir haben keine Zeit für so etwas. Du kommst mit.«
    Florence lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln.
    Oh, nein. Das ist nicht wahr. Sie wird jetzt nicht das tun, was ich denke.
    » Es tut mir so leid, Letti. Es tut mir so fürchterlich leid. Ich war dickköpfig, glaubte, dass ich alles unter Kontrolle hatte, alles besser wusste. Doch du bist mir das Wichtigste auf der ganzen Welt. Ich wünschte, ich hätte es früher mitbekommen.«
    » Florence, darüber können wir später reden.«
    » Es gibt kein Später, zumindest nicht für mich.«
    Letti zog ihre Hände zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. » Wenn du hierbleibst, bleibe ich auch.«
    Florence schüttelte den Kopf.
    » Du musst auf deine Tochter aufpassen, Letti. So wie ich für dich hätte da sein müssen. Es tut mir leid, dass ich nicht bei der Beerdigung deines Mannes war. Das bereue ich jetzt am meisten.«
    Letti spürte einen Kloß im Hals.
    Ich habe so lange darauf gewartet, dass sie das sagt. Aber nicht hier, nicht jetzt.
    » Florence …«
    » Sag Kelly, dass es mir leidtut, dass ich nicht öfter bei ihr war, und dass ich nicht dabei sein werde, um mitzuerleben, wie sie sich in eine tolle Frau entwickelt. Und das weiß ich, weil sie dich als Mutter hat.«
    Lettis Augen wurden glasig. » Nein. Das kannst du ihr alles selber sagen, sobald wir hier raus sind.«
    Von der anderen Seite wurde gegen die Tür getreten, dass sie fast aus den Angeln platzte, und ein paar Kartons fielen zu Boden.
    » Ich werde hier nicht lebend herauskommen, Letti«, sagte Florence. » Du jedoch schon. Und du wirst ein langes und erfülltes Leben haben und auf meine Enkelin aufpassen.«
    Das kann sie nicht machen. Das darfst du nicht zulassen.
    » Florence … Bitte …«
    Florence fasste Letti an die Wange und wischte eine Träne fort.
    » Ich habe so viel getan, Letti. Ich habe so vielen Soldaten das Leben gerettet, so vielen Hungrigen den Magen gefüllt, so viele Impfungen verabreicht, Dämme gebaut, Dörfer gerettet. Auf all das bin ich stolz, aber am stolzesten bin ich auf dich. Du bist das Beste, was ich je in meinem Leben gemacht habe, Letti.«
    Die Tränen kullerten Letti die Wangen runter.
    » Oh … Mom … «
    » Ich liebe dich so sehr.«
    » Ich liebe dich auch, Mom.«
    Sie umarmten einander. Eine letzte, verzweifelte Umarmung.
    Mehr Kartons stürzten zu Boden, und die Tür öffnete sich einen Spalt.
    » Wir müssen gehen«, drängte Deb.
    Mal nickte. » Jetzt oder nie.«
    Letti versuchte es ein letztes Mal: » Mom … Bitte … Tu mir das nicht an.«
    Florence stieß ihre Tochter sanft von sich und winkte ihr nach.
    » Das ist immer noch besser, als an Krebs zu sterben. Und jetzt geh und such Kelly und lass deine alte Mutter ihre Kampfkünste unter Beweis stellen.«
    Die Tür stand bereits halb offen, und die Freaks begannen, sich durchzuzwängen. Letti sah, wie ihre Mutter sich umdrehte, das Messer in der Hand, und eine imposante, beinahe erhabene Figur abgab.
    Dann folgte sie Mal und Deb und verschwand hinter der Tür, ohne sich umzudrehen. Aber sie hätte sowieso nichts gesehen, so voll waren ihre Augen mit Tränen.
    Kelly hatte schon große Raubkatzen im Zoo gesehen – Löwen, Geparden und Tiger –, jedoch nie im Freien, ohne eine Barriere zwischen ihnen und ihr.
    JD war ein großer Hund und wog gut fünfzig Kilo. Aber er war ein guter Hund und tat keiner Fliege etwas zuleide, nicht einmal Hasen oder Enten, die durch den Garten liefen.
    Der Berglöwe war beinahe doppelt so groß wie der Schäferhund. Groß und kräftig und wild. Er schien JD s Kopf mit Leichtigkeit abbeißen zu können.
    » Wir müssen weg hier«, sagte Cam und nahm Kellys Arm.
    » Nicht ohne meinen Hund. JD !«
    Cam presste eine Hand auf Kellys Mund und flüsterte: » Willst du, dass er uns verfolgt? Los, gehen wir.«
    Ich werde JD nicht zurücklassen.
    Die Kreatur kam JD immer näher, die Ohren fest angelegt. JD knurrte, sprang dann los und biss die Raubkatze in die Pfote.
    Der Berglöwe rollte zur Seite und verpasste JD einen Tatzenhieb gegen die Schnauze, sodass er in den Wald flog. Der Schäferhund winselte, während die

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