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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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den Kofferraum aufzumachen. Wie erwartet schoss niemand auf sie. Sie hüpfte zufrieden zurück, kam sich aber gleichzeitig dumm vor. Und genervt war sie auch. Die Seite, an der Mal sie berührt hatte, war noch immer angenehm warm.
    » Holen Sie den Ersatzreifen?«, fragte Mal. Er hatte sich in der Zwischenzeit ebenfalls aufgestellt und starrte in den Wald hinein.
    » Das ist eine Corvette. Die hat keinen Ersatzreifen.«
    » Was? Warum nicht?«
    » Jeder Reifen hat ein eigenes Profil. Die kann man nicht einfach so austauschen. Und deshalb gibt es auch keinen Ersatzreifen.«
    Deb holte die Cheetah-Prothesen aus dem Kofferraum. Mit ihnen war sie wesentlich beweglicher als mit den künstlichen Beinen – insbesondere wenn sie sich in den Wald wagen sollten, um nach dem Hotel zu suchen.
    Sie ahnte, dass es nicht leicht werden würde, hier in der Gegend einen Abschleppwagen aufzutreiben, vor allem nicht um diese Zeit. Vorausgesetzt, sie hätten überhaupt Empfang.
    » Okay, Deb. Vielleicht habe ich mich getäuscht. Mit dem Schuss, meine ich.«
    » Glauben Sie?«
    » Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe.«
    » Entschuldigung nicht angenommen.«
    » Und wie kann ich das wieder geradebiegen?«
    » Sie können meinen Koffer tragen.«
    Sie rückte das Silikonkissen an ihrem Stumpen zurecht und legte dann die Prothese an. Zuerst musste sie allerdings die Vakuumpumpe einige Male betätigen, bis die Spezialanfertigung perfekt saß. Dann nahm sie die kosmetische Beinverlängerung ab und ersetzte sie durch die andere Cheetah-Prothese. Endlich konnte sie wieder richtig gehen. Sie erwartete eigentlich, dass Mal sie entgeistert anstarrte. Wieso auch nicht? Schließlich glich sie eher dem griechischen Gott Pan, der auf seinen Ziegenläufen durch die Gegend springt. Jetzt brauchte sie nur noch eine Panflöte und zwei Hörner.
    Aber Mal starrte auf ihre Brüste.
    » Gefällt Ihnen die Aussicht?«, meinte sie mit schwerem Sarkasmus in der Stimme.
    » Tut mir leid, aber …«
    » Aber was?«
    Er zuckte mit den Achseln. » Ich weiß, dass es nicht sehr professionell ist. So als Reporter und so. Aber Sie sind eine attraktive Frau, und ich mag Sie.«
    Deb fand das Kompliment nicht gerade angebracht. » Sie haben recht. Das ist nicht professionell.«
    » Sie halten mich jetzt wohl für einen Vollidioten, nicht wahr?«
    » Einen Vollidioten? Wie alt sind wir? Zwölf?«
    Mal nahm ihre Taschen. Deb wollte den Kofferraum schon wieder schließen, hielt aber inne. Sie wollte ihre Prothesen dabeihaben. Wenn man das Auto abschleppte, würde sie nicht am Ironwoman-Wettbewerb teilnehmen können. Also steckte sie die Prothesen in eine leere Tasche und ging zur Fahrertür, um sich ihre zweite kosmetische Beinverlängerung zu holen, die sich hinter dem Bremspedal verfangen hatte. Sie musste nur noch die Warnblinkanlage anschalten und die Tür abschließen. Danach war sie bereit.
    » Kann ich die Taschenlampe haben? Ich muss sehen, wo ich hingehe.«
    Mal reichte ihr die Taschenlampe. Sie verließen die Straße, und Deb richtete den Lichtkegel auf das RUSHMORE - INN -Schild mit dem Pfeil.
    Das gefällt mir nicht. Das gefällt mir ganz und gar nicht.
    Aber sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, außer einer äußerst unangenehmen Nacht im Wagen, um dann am nächsten Morgen noch immer vor dem gleichen Problem zu stehen. Das war keine Option, denn wenn Deb die Einschreibung verpasste, war es mit dem Wettkampf vorbei.
    » Also – was genau gefällt Ihnen nicht an mir?«, fragte Mal.
    » Sie lassen einfach nicht locker, oder? Sagen Sie, leiden Sie an irgendwelchen Unsicherheiten?«
    » Das ist es ja gerade. Eigentlich überhaupt nicht, und normalerweise ist man mir gegenüber … nun … irgendwie netter.«
    Deb richtete die Taschenlampe auf den Boden und wich einem heruntergefallenen Ast aus. Es war relativ leicht, dem Pfad zu folgen, auch wenn er offenbar sehr unregelmäßig befahren wurde.
    » Dreistigkeit ist nicht attraktiv«, meinte sie.
    » Ich soll dreist sein? Ich dachte, ich strahle einfach nur Selbstbewusstsein aus. Wenn auch nicht so viel wie Sie …«
    Deb hielt ruckartig an und richtete den Lichtstrahl direkt auf ihn. » Und was soll das bitte sehr heißen?«
    » Nun, ich bin freudig überrascht, dass ich Ihre Tasche tragen darf.«
    » Was wollen Sie damit sagen? Dass ich keinerlei Hilfe akzeptieren kann?«
    » Ich will damit sagen, dass Sie Superwoman sind. Ich bin beinahe verblüfft, dass Sie den Wagen nicht geschultert haben und dann

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