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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Medikamenten. Nachdem sie einen ganzen Vormittag über ohne Desinfektionsmittel oder Handschuhe Kugeln aus dem Bein eines Jungen herausgeholt hatte, ging sie auf die Toilette, um sich das Blut unter den Fingernägeln wegzuwaschen. Plötzlich duckte sie sich instinktiv. Einen Sekundenbruchteil später schoss die Kugel eines Scharfschützen durch die Luft, wo gerade noch ihr Kopf gewesen war, und tötete die Schwester neben ihr.
    Florence hatte den Scharfschützen gespürt.
    So wie sie jetzt jemanden spürte.
    Sie nahm das Zimmer in sich auf und ließ den Blick langsam durch die Ecken schweifen. Es war klein und sauber, roch aber genauso merkwürdig wie das ganze Hotel. Es gab ein Bett, eine Kommode, ein Bad, ein Fenster und eine Tür.
    Eine Schranktür.
    Ist es das, was ich spüre? Ist jemand im Einbauschrank?
    Florence trat langsam und vorsichtig zur Tür. Sie streckte die linke Hand nach dem Knauf aus, während sie die rechte zu einer Faust ballte.
    Dann hielt sie inne.
    Wenn da tatsächlich jemand war?
    Sie war stets darauf stolz gewesen, dass sie ihr ganzes Erwachsenenleben imstande war, auf sich selbst aufzupassen. Ganz gleich, mit was man sie auch konfrontierte, sie konnte damit umgehen.
    Aber jetzt? In meinem Alter? In meinem Zustand?
    Das Joggen mit Kelly im Wald zuvor war nicht einfach gewesen, und sie hatte ihre Schmerzen nicht verbergen können. Kelly hatte es nur deshalb nicht bemerkt, weil sie selbst solche Angst gehabt hatte.
    Florence öffnete die Faust wieder. Wenn tatsächlich jemand im Einbauschrank stand, wollte sie etwas mit mehr Durchschlagkraft haben als ihre alternden Knochen. Sie blickte sich um und entschied sich für die Lampe, die neben dem Bett stand.
    Florence packte sie. Es war eine ganz normale Tischlampe aus Porzellan, vielleicht zweieinhalb Kilo schwer, auf deren zylindrischem Schirm ein Abbild Grants geklebt war.
    Dann hob sie die Lampe mit einer Hand und ergriff den Knauf mit der anderen.
    Jetzt oder nie …
    Sie zog die Tür mit einem Ruck auf und starrte in den Schrank.
    Auf einige Kleiderbügel.
    Florence atmete langsam aus und stellte die Lampe wieder an ihren Platz zurück.
    Doch das Gefühl des Beobachtetwerdens war genauso präsent wie vorher.
    Unter dem Bett?
    Florence drehte sich um. Ein kleines Doppelbett, dessen Gestell auf Rollen stand.
    Sie betrachtete es eine Zeit lang und wartete auf eine Bewegung.
    Nichts rührte sich.
    Vielleicht leide ich unter Verfolgungswahn. Oder gibt mein sechster Sinn etwa den Geist auf?
    Oder jemand liegt unter dem Bett.
    Florence schluckte und holte tief Luft.
    Es gibt nur eine Möglichkeit.
    Sie ging langsam in die Hocke und streckte den Arm nach der Tagesdecke mit den rostbraunen Quasten aus.
    » Florence?«
    Florence riss den Kopf hoch. Ihre Tochter stand in der geöffneten Tür.
    » Letti?«
    Letti verschränkte die Arme und lehnte sich gegen den Pfosten. » Okay, reden wir.«
    Deb schlug auf Mal ein und traf ihn am Kinn, als er sie am Hals zu fassen bekam.
    » Runter!«, brüllte er.
    Er riss ihren Kopf mit ungeheurer Kraft zu sich auf seinen Schoß. Der Sicherheitsgurt gab zuerst nach, zog dann aber an und hielt sie auf dem Fahrersitz. Sie ballte erneut eine Faust und schlug auf seine Weichteile ein, traf aber nur seinen Oberschenkel.
    » Jemand schießt auf uns!«, rief er und ergriff ihre Handgelenke.
    Sie hielt für einen Moment inne. Mal ließ sie los, nahm seinen Sicherheitsgurt ab, rutschte auf den Boden und reichte ihr die Hand. Deb begriff erst jetzt, was er gesagt hatte.
    Der geplatzte Reifen. Jemand soll auf den Reifen geschossen haben?
    Deb schaltete Motor und Scheinwerfer aus, löste den Sicherheitsgurt und lehnte sich über die Armlehne, sodass der Schalthebel in ihren Bauch stach.
    » Sind Sie sicher?«
    Seine Stimme war leise, aber bestimmt. » Ich war früher Polizist. Das war ein Schuss. Jemand hat auf unseren Reifen geschossen. Bleiben Sie unten, außer Sicht.«
    Deb versuchte, sich so tief wie möglich in den Sitz zu drücken. Mal öffnete die Beifahrertür und rollte auf die Straße hinaus.
    » Folgen Sie mir. Aber auf meiner Seite.« Mal winkte sie zu sich. » Der Schuss kam von Ihrer Seite.«
    Deb kämpfte sich über die Sitze. Er ergriff erneut ihre Handgelenke und zog. Nach ein paar Zentimetern kam sie zu einem abrupten Stopp.
    Mein Bein hängt fest.
    Sie bewegte die Hüfte und versuchte, ihr Knie zu drehen. Aber ohne Gefühl im Fuß hatte sie keine Ahnung, woran sie festhing oder wie sie sich befreien

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