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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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beben an.
    » Cam«, warnte Felix. Die Situation begann, außer Kontrolle zu geraten.
    » Eins.«
    Ein Knacken.
    Es klang, als bräche ein Ast. Aber das war kein Holz. Felix wusste, dass Cam gerade einen von Johns Fingern gebrochen hatte.
    Johns Gesicht lief rot an, und Felix sah, wie der Schrei in ihm aufstieg. Er schaffte es gerade noch, eine schmutzige Socke vom Boden aufzuheben und sie in Johns Mund zu stopfen. Der Schrei kam trotzdem – wenn auch gedämpft – und wollte nicht mehr aufhören. Felix hatte noch nie ein so erbärmliches, ein so schreckliches Geräusch gehört. Es ging ihm durch Mark und Bein, und ihm wurde übel. Ihm war, als ob sein ganzer Körper von innen her verfaulte, als ob er aus seiner Haut kriechen und sich verstecken wollte.
    Aber Cam war noch nicht fertig.
    » Zwei.«
    Wieder knackste es. John warf den Kopf vor und zurück, die Sehnen traten hervor, und sein Hals vibrierte unter dem Schock der gedämpften Schreie.
    Felix verkrampfte sich der Magen. Er stolperte ins Bad, warf die Pistole auf den Waschtisch, sank auf die Knie und kotzte in die Toilette. Zitternd hielt er sich an der Schüssel fest. Die eiserne Entschlossenheit, die ihn ein ganzes Jahr lang Maria hatte suchen lassen, verließ ihn und machte Schmerz, Angst und Reue Platz.
    Ich muss das beenden. Und zwar jetzt.
    Aber John ist ein Killer. Er hat etwas mit Marias Verschwinden zu tun.
    Aber er ist auch ein Mensch.
    Ein Mensch, der versucht hat, mich umzubringen.
    Aber heißt das auch, dass wir ihn foltern dürfen?
    Vielleicht hat er Maria noch in seiner Gewalt.
    Der letzte Gedanke verlieh ihm wieder genügend Kraft, um aufzustehen und auf wackeligen Knien ins Zimmer zurückzugehen. John warf sich noch immer hin und her, und seine gedämpften Schreie ließen Felix die Nackenhaare zu Berge stehen. Cam hatte einen weiteren Finger in der Hand und zog daran, spielte damit.
    » Cam.« Der Anblick, der sich ihm bot, kam Felix fast surreal vor.
    » Ich mache das schon, Felix.« Cam grinste ihn an. » Das Mindeste, das ich tun kann. Schließlich hast du mich aus der Klapsmühle geholt.«
    Cam schnappte sich einen weiteren Finger, und Felix brüllte: » Genug!«
    Cam blickte überrascht auf. Er wirkte wie ein Teenager, den man wegen schlechter Schulnoten zur Schnecke gemacht hatte.
    » Setz dich aufs Bett«, befahl Felix. Seine Stimme bebte, aber er starrte Cam weiterhin so entschlossen an, bis dieser gehorchte.
    Felix warf einen raschen Blick auf Johns Hände – die meisten Finger standen in bizarren Winkeln ab – und stellte sich dann vor ihn hin. Johns Gesicht war knallrot und nass vor Tränen. Felix riss ihm die Socke aus dem Mund und wurde mit einem seelenerschütternden Stöhnen belohnt.
    » Bl… Blute ich?«, fragte John.
    Felix musste schlucken. » Noch nicht. Aber wenn du nicht auf der Stelle unsere Fragen beantwortest, wird mein Kumpel dir einen Finger nach dem anderen abschneiden. Hast du mich verstanden?«
    John nickte, und sein Kinn bebte. Felix beugte sich über ihn.
    » Dann sag mir, ob Maria noch lebt.«
    John starrte vor sich hin, gab aber keinen Ton von sich. Sabber sammelte sich in seinem Mundwinkel. Felix hatte sich einmal einen Finger beim American Football verstaucht, und das hatte verdammt wehgetan. Aber fünf gebrochene Finger, deformiert und misshandelt, mussten unerträglich sein.
    » Antworte mir. Lebt Maria noch?«
    » Ihr … Ihr habt mir wehgetan«, schluchzte John.
    Felix spürte, wie sich sein Magen erneut umdrehte, aber er behielt die Kontrolle. » Cam«, sagte er, » geh bitte raus zum Pick-up und hol das Jagdmesser von diesem Arschloch.«
    Cam nickte und verschwand. Felix begutachtete seinen Gefangenen. Vielleicht wollte John nicht den Mund aufmachen, weil er glaubte, er würde sterben, sobald er es tat. Sterben, weil er nicht länger von Nutzen wäre. Oder für das sterben, was er Maria angetan hatte.
    » Ich werde dich nicht umbringen«, versicherte ihm Felix. Er wusste, dass sich das wie ein leeres Versprechen anhörte. Aber die Alternative war, dass Cam ihm einen Finger nach dem anderen abhackte – eine Aufgabe, auf die Cam sich nach Felix’ Meinung viel zu sehr freute. Er würde höllisch aufpassen müssen, und falls er John nicht davon überzeugen konnte, dass er hier lebendig herauskam, könnte das Ganze noch viel schlimmer werden.
    Kann ich es zulassen, dass Cam John weiter foltert?
    Felix schloss die Augen – und sah Marias Gesicht vor sich. Wenn John etwas mit ihrem Verschwinden zu tun

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