Das Hotel
nicht in unser Hotel, wenn Sie krank sind.«
» Sind Sie immer so freundlich?«, fragte Mal.
Deb störte Eleanors Haltung ganz und gar nicht, insbesondere nicht mit einem Puma in der Nähe. Stattdessen begann sie, an sich selbst zu zweifeln. Hatte sie tatsächlich einen Berglöwen gesehen? Sie war bisher stets stolz auf ihre psychische Stärke gewesen, aber hier in den Bergen kamen einige fürchterliche Erinnerungen wieder an die Oberfläche. Jetzt wusste sie nicht mehr, was sie denken sollte. Schließlich hatte sich der Berglöwe nicht auf sie gestürzt. Wenn es aber tatsächlich ein Puma gewesen sein sollte, dann hätte er sich diese Chance nicht entgehen lassen. Der Geruch hätte natürlich auch von etwas anderem stammen können – von einem Dachs zum Beispiel.
» Ich nehme am Triathlon teil«, klärte Deb Eleanor auf und ließ ihren Blick in den Wald streifen. » Und in den letzten fünf Jahren habe ich noch nicht einmal an einer Erkältung gelitten.«
Die große Frau neigte den Kopf zur Seite und musterte sie. Dann teilte ein mit riesenhaften Zähnen bestücktes, breites Lächeln ihr Gesicht. » Also, nichts wie rein mit Ihnen. Willkommen im Rushmore Inn.«
Mal schnappte sich die Taschen, die er fallen gelassen hatte, und Deb folgte ihm langsam. Sie konzentrierte sich teils auf den Wald und teils darauf, wo sie hintrat. Der Gestank schien verschwunden zu sein.
Sobald sie sich durch die Büsche gekämpft hatten, erreichten sie eine Lichtung, auf der ein großes, zweistöckiges Holzhaus stand. Es war völlig unbeleuchtet. Kein Licht drang durch die geschlossenen Fensterläden. Es passte perfekt in die dunklen, ruhigen Berge, von denen es umgeben war.
» Willkommen im Rushmore Inn«, sagte Eleanor erneut, öffnete die Tür und ließ sie eintreten.
Der Geruch, der im Haus herrschte, war alles andere als einladend – eine eigentümliche Mischung aus etwas Saurem und Desinfektionsmittel, unterlegt von Sandelholz. Aber so einzigartig der Gestank auch war, beim Anblick der Innenausstattung hatte man ihn sofort vergessen.
» Es ist wohl offensichtlich«, erklärte Eleanor Roosevelt, schloss die Tür hinter sich und verriegelte sie, » dass ich eine große Bewunderin der Anführer dieser Nation bin. Solch wichtige Männer. Man könnte beinahe behaupten, dass ich einen kleinen Tick habe.«
» In der Tat«, meinte Mal nickend und schaute sich neugierig um.
Er warf Deb einen raschen Blick zu und konnte ein Grinsen kaum unterdrücken.
» Mein Großvater war Cousin zweiten Grades von Theodore Roosevelt. Wir haben also präsidiales Blut in der Familie. Eine Tatsache, auf die ich besonders stolz bin. Obwohl es auch besondere … Herausforderungen mit sich bringt.«
Wie sein Haus in einen Trödelladen zu verwandeln , dachte Deb. Aber statt den Gedanken laut zu äußern, erklärte sie nur: » Mrs. Roosevelt, mein Auto steht an der Straße. Wir hatten eine Reifenpanne.«
Eleanor schnalzte mit der Zunge. » Sie würden gar nicht glauben, wie oft das hier in der Gegend passiert. Ich werde gleich morgen früh die Werkstatt anrufen.«
» Ich muss bereits …«
» Mein Sohn wird Sie fahren«, unterbrach Eleanor. » Er hat einen Truck, in dem auch Ihr Fahrrad Platz findet.«
» Das Fahrrad ist zwar schon in Monk Creek, aber die Mitfahrgelegenheit kommt wie gerufen.«
» Er wird sich in aller Frühe auf den Weg machen. Sie sollten sich also gut ausruhen. Es ist ratsam, bald zu Bett zu gehen.«
» Eine hervorragende Idee«, stimmte Mal ein und blickte Deb auffordernd an.
Sie ignorierte ihn. » Wäre es möglich, noch etwas zu essen zu bekommen?«, fragte Deb. » Wir haben es nicht mehr geschafft, zu Abend zu essen.«
» Die Küche ist am anderen Ende des Flurs. Der Kühlschrank ist voll. Sie dürfen sich ruhig bedienen. Ich habe heute extra Muffins gebacken, und es sind noch ein paar übrig. Aber zunächst zeige ich Ihnen Ihre Zimmer.«
Eleanor stieg die Treppe hinauf. Deb war seit ihrem Unfall kein großer Fan von Treppen, aber das Geländer machte einen soliden Eindruck. Sie folgte Mal und hielt nur kurz an, um seinen breiten Rücken zu bewundern. Deb fand es nett, dass er trotz ihrer Zurückweisungen weiter mit ihr flirtete. Für den Bruchteil einer Sekunde zog sie in Erwägung, mit Mal auszugehen, aber die Fantasie löste sich in Luft auf, als sie mit der Prothese an einer Stufe hängen blieb. Sie war heilfroh, es in den ersten Stock zu schaffen, ohne sich hinzusetzen.
» Deborah, das hier ist das
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