Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
Vom Netzwerk:
Dorfläden haben selten einen Namen, obgleich ich einmal einen gesehen habe, der «Nancys Speisekammer» hieß. Das junge Paar, das ihn übernahm, fand die Bezeichnung fehl am Platze und änderte «Speisekammer» in «Einkaufsparadies». Ob die Dorfbewohner das angemessener fanden, entzieht sich meiner Kenntnis.
    Zögernd ging ich hinein. Hinter dem Tresen standen zwei Damen, davor drei. Eine wartete darauf, bedient zu werden, eine andere stapelte Brot, Konserven und Kekse in einen Drahtkorb, und ein kleines Mädchen verwandelte den Süßigkeitsständer in ein Schlachtfeld. Die dritte Frau zahlte und wandte sich zum Gehen. Als sie mich sah, blieb sie stehen und fing an, die neuen Zeitschriften in einem Ständer durchzublättern. Sie spitzte die Ohren. Ich nahm einen Drahtkorb und zwängte mich zwischen den Regalen durch. Ich mußte daran denken, was für eine wichtige Rolle Draht in unserem Leben spielt — Zäune, Körbe und Stacheldraht. Alles ungemein praktisch, nützlich und kalt.
    Ich wußte, daß ich sie alle auf irgendeine seltsame Weise befangen machte. Ich war die unwillkommene Zuschauerin einer sehr privaten Szenerie. Ebensogut hätte ich in eine Orgie platzen können. Als das Mädchen bedient worden war und die Frau ihre Sachen eingepackt hatte, unterbrach ich die unbehagliche Stille und stellte mich vor. Die Dame bei den Zeitschriften, die mich wie eine neugierige Schildkröte beäugte, ging einen Schritt weiter zu den Geburtstagskarten.
    «Ich eröffne ein Hundehotel bei den », sagte ich, setzte das gute alte Lächeln Nr. 6 auf und schob den Korb mit meinen Einkäufen zur Kasse. «Wenn Sie zufällig hören, daß jemand eine Unterkunft sucht, wo er seinen Hund in den Ferien lassen kann, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Bescheid sagten. Ich lasse Ihnen meine Telefonnummer da. Und wenn meine Karten gedruckt sind, könnte ich Ihnen auch ein paar davon dalassen.» Die eine Miss Priddle betätigte den Wurstschneider sehr, sehr langsam, während sie mir zuhörte. Die andere fing an, meine Sachen einzutippen. Ich fuhr fort: «Übrigens, liefern Sie auch frei Haus?»
    Ich war sicher, daß sie es nicht taten, aber ich mußte fragen, um zu zeigen, daß beide Seiten einen Vorteil von dem Geschäft hätten. Ich dachte, wenn sie zugeben müßten, daß sie nicht lieferten, wäre ich diejenige, die zuletzt lacht, und ich würde meine Karten mit gutem Gewissen dalassen können, um anschließend zum Supermarkt zu fahren, der viel billiger war.
    Aber die größere, grauhaarige Miss Priddle hielt mitten beim Eintippen inne und sagte wie aus der Pistole geschossen: «Selbstverständlich liefern wir. Oben bei Ihnen dienstags», und fuhr fort, das Toilettenpapier und Reismehl in meinem Drahtkorb zu berechnen.
    Ich bekam einen Schreck. Ich sagte: «Ist ja toll» und «super», wie ein Viertkläßler, der einen neuen Fußball bekommen hat. Dann wurde mir plötzlich klar, daß ich die Wahrheit sagte, denn trotz der Dorfladenpreise wäre es billiger und bequemer, als in die Stadt zu fahren. Selbst wenn ich die Hunde allein lassen könnte, was nicht der Fall war, mußte ich mich vor städtischen Versuchungen hüten, was zweifellos leichter war, wenn ich zu Hause bliebe. Bei 50 Pence täglich für große Hunde und 30 Pence für kleine würde ich kaum den Kapitalistentraum vom Marktführer wahrmachen. Ich konnte höchstens mit zwei T-Shirts im Jahr und dicken Socken für den Winter rechnen, und alles, was auch nur ein bißchen gewagter war, würde warten müssen, bis alle ausstehenden Rechnungen bezahlt waren und jemand anders wieder seinen Pflichten als Brötchenverdiener nachkam. Außerdem hatte ich schon beschlossen, das Auto für den Rest des Sommers stillzulegen, um Geld zu sparen.
    Die kleinere Miss Priddle hatte eine goldene Waschtönung in ihren grauen Haaren, und mehrere Zähne paßten zu beidem. Sie sprachen astreines Englisch, nicht die Spur von Dialekt, und das machte mich nervös. Ich habe es gern, wenn Damen in Dorfläden «meine Beste» oder «Schatz» zu mir sagen und vor großen Gläsern mit bunten Bonbons hin und her huschen.
    «Fabelhaft», fügte ich hinzu. Und dann: «Phantastisch.» Man hätte denken können, sie wollten mir ihren gesamten Ladenbestand schenken. Sie sahen mich neugierig an, als ich faselte: «Ein süßer kleiner Laden.» (Er war verchromt, verglast und abscheulich.) «Sicher eine Goldgrube.» Die Worte rutschten aus mir heraus, rollten den Hang hinunter, wurden immer

Weitere Kostenlose Bücher