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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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Krallen regelmäßig mit einer Nagelbürste zu bearbeiten. Adam sagte: «Achten, nicht waschen», und langsam breitete sich ein Lächeln, das erste, seit er da war, über sein ganzes Gesicht aus. Danach waren wir nicht mehr so ernst und lachten viel.
    Mami schien oft fort zu sein. Daddy kam selten aus Frankreich zu Besuch. Adam machte all das nichts aus, weil er es zu Hause leichter hatte, wenn nur Großmutter und Mrs. Hollingbury da waren. Großmutter blieb die meiste Zeit auf ihrem Zimmer, und Mrs. Hollingbury duldete Lady weder in der Küche noch im Eßzimmer oder Wohnzimmer und oben schon gar nicht, aber Adam brachte es immer irgendwie fertig, sie im letzten Moment außer Sichtweite der Haushälterin in sein Zimmer zu bugsieren. Er sagte, er habe eine gewisse Meisterschaft darin entwickelt, in die leere Hundehütte zu sprechen, wo Lady eigentlich schlafen sollte, wenn sie in Wahrheit oben in seinem Zimmer war und wohlig in der Sonne döste. Sie liefen viel zusammen herum. Er berichtete, Lady verstehe so ungefähr alles, was er zu ihr sage. Ich zweifelte kein bißchen daran.
    Ich sagte, ich müsse ein paar Schweinsköpfe aus dem Auto laden und betrachte es nicht gerade als Vergnügen. Adam meinte, er würde mir gern helfen. Ich sagte, man könne sich einfach nicht vorstellen, daß sie etwas mit echten, molligen, alten Schweinen zu tun hätten, oder? Er fand, es sei wie bei toten Menschen—wie bei seinem Großvater. Als die Oma zu ihnen gezogen sei, hätten sie ihm gesagt, Großvater sei gestorben, doch der Großvater, den er kannte, konnte Monopoli spielen und die elektrische Autorennbahn reparieren und dann wieder kaputtmachen und allen zeigen, wie gut er damit umgehen konnte. Menschen seien lebende Dinge, oder? Wie Schweine.
    Wir beluden die Schubkarre mit dem Wochenvorrat. Ich zählte und stellte fest, daß es zehn Köpfe und unzählige Einzelteile waren. Ich fragte mich, was um alles in der Welt ich machen sollte, wenn ich nicht genug Gäste für all die Schweinediners bekäme, die ich von nun an kochen würde. Mein Gott, dachte ich, kochen! Wie bereitet man einen Schweinekopf zu, wenn nicht im Bratofen mit einer Orangenscheibe in der Schnauze und einer Krause um den Hals? Ich war plötzlich so ernüchtert, daß ich ganz still wurde. Ich dachte immer wieder: O Adam, wir haben beide ganz schöne Probleme. Doch Adam bedankte sich und sagte, mittags sei die beste Zeit, um mit Mami zu reden. Dann ging er.
    Ich machte mir einen Becher Kaffee zu den übriggebliebenen Marmeladetörtchen und ließ es mein Mittagessen sein. Dann fuhr ich zum Dorfladen hoch. Morgen würde die Anzeige erscheinen und das Telefon nicht aufhören zu klingeln, und die Ferienhunde würden Schlange stehen, um eine schöne Zeit bei mir zu verbringen — und den ganzen Sommer über das Haus mit Beschlag zu belegen. Heute mußte ich also alles organisieren und mir den Beistand der Einheimischen sichern.
    Das Dorf war sechs Kilometer entfernt. Es hatte weder Strohdachhäuser noch einen grünen Platz in der Mitte. Nur eine Reihe kleiner Häuser auf beiden Seiten der schmalen Straße. Einige waren alt, die anderen neu. Es begann mit einer Autowerkstatt samt Zapfsäulen und endete mit der Grundschule samt Pfadfinderhütte. Die Kirche stand auf halbem Weg vornehm abseits an einem leichten Hang und hatte hinten einen nackten Friedhof. Sechs Häuser, die die Gemeinde für sozial Schwache gebaut hatte, trugen den unvermeidlichen Stempel der Wohlfahrt, der den Armenhäusern früherer Zeiten soviel Charme verliehen hat. Man hatte ihnen Maschendrahtzäune bewilligt; eine grausame Erinnerung an Amtsgewalt und beschränkte Freiheit.
    Der Dorfladen befand sich neben der Schule und hatte ein schaukelndes Schild an einer Stange, auf dem «Walls» stand. Jemand, der - vielleicht nach der Polizeistunde — aus dem Pub gegenüber gekommen war, hatte mit roter Farbe ein großes «B» über das «W» gemalt. In die Mauer war ein Briefkasten eingelassen, und an der Bushaltestelle gab es eine Telefonzelle. Der Bus fuhr zweimal die Woche und im Sommer zusätzlich sonnabends und sonntags. Es war eigentlich ein ganz hübsches, durchschnittliches englisches Dorf, schlicht, zurückhaltend und ruhig.
    Über der Ladentür stand in sehr kleinen Buchstaben der Name der Besitzerinnen, «Misses Priddle». Das einzige Zeichen von Tradition waren die neu eingesetzten runden Erkerfenster, und die rosa Grundierung unter dem einen ließ sofort an züchtige Unterwäsche denken.

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