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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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einen Pflegefall ich im Auto erwartet hatte. Jedenfalls keinen Chihuahua in einem Nähkörbchen. Vielleicht einen kraftlosen Barsoi mit ängstlichen Augen oder einen traurigen Neufundländer. Aber nicht dieses spitzohrige, knopfäugige Mini-Monster, das mich von oben bis unten taxierte und schnell zu dem Schluß kam, ich entspreche nicht seinen Erwartungen.
    «Das kann nicht weiter schlimm sein», erklärte ich zuversichtlich. Ich streckte die Hand aus, um den seidigen Kopf zu streicheln und den boshaften Augenausdruck zu vertreiben. In der nächsten Sekunde lutschte ich winzige Blutstropfen von meinem Finger, in den sich nadelspitze Zähne geschlagen hatten.
    «Ich hätte dich warnen sollen», murmelte Hetty schadenfroh. «Das nämlich ist das Problem!» Der Chihuahua leckte sich die Lefzen, als habe er gerade einen Vorgeschmack vom Tagesmenu bekommen.
    «Er wird dein Testfall sein», sagte Hetty und gab sich Mühe, nicht loszuwiehern. «Und wenn du ihn erst davon abbringst, nach jedem zu schnappen, der in seine Nähe kommt, kannst du alles schaffen. »
    «Du meinst, dann kann ich auch wie Jesus auf dem Wasser gehen? Er ist kaum größer als ein Grashüpfer, scheint aber eine richtige kleine Giftnudel zu sein. »
    «Die Besitzer sind völlig verzweifelt. Ich habe ihnen alles über dich erzählt. Ich sagte, du hättest eine fabelhafte Antenne für Hunde, und sie werden sich vor Dankbarkeit nicht lassen können. Sie lieben das kleine Biest, und er ist einen Haufen Geld wert. Der schönste Chihuahua weit und breit. » Ich sah schon, wie er bei der nächsten Hundeausstellung auf einem silbernen Tablett thronte und den Preisrichtern nacheinander die Finger abbiß.
    «Meinetwegen», sagte ich geschäftig. «Und nun zum Krankenblatt. Name des Besitzers?» Hetty, die Handschuhe anhatte, hielt das Nähkörbchen auf Armeslänge von sich entfernt. Es war mit gestepptem rosa Satin ausgeschlagen. Ich hatte Notizblock und Kugelschreiber gezückt.
    «Keine Namen, tut mir leid. Sie wollen unbedingt anonym bleiben. Offenbar hat jemand gedroht, sie zu verklagen, weil er ihn im Vorbeigehen gebissen hat. Und sie haben Angst, daß sie verlieren, wenn bekannt wird, daß er in Behandlung ist. Du fungierst lediglich als Pensionswirtin, und wenn es dabei bleibt, kann nichts passieren.» Jawohl, Sie können sich auf unsere Diskretion verlassen, gnädige Frau.
    «Dann frage ich nur nach den Umständen. »
    «Junges Ehepaar, wohlhabend, viel außer Haus. Der Hund wird von Putzfrauen und Au-pair-Mädchen versorgt. Nur daß sie keine Putzfrauen und Au-pair-Mädchen mehr bekommen, seitdem er damit angefangen hat. »
    «Vernachlässigt», folgerte ich und legte den Kugelschreiber hin, als wäre das Problem gelöst.
    «Sicher», stimmte Hetty zu. «Wer ist das nicht? Die Frage ist nur, was man dagegen tut.» Sie stand auf und wollte gehen.
    Ich rief: «Warte mal! Wie heißt erdenn?»
    «Jumbo», sagte sie. «Kurzform Jet.» Sie sauste fort.
    Jumbo bleckte seine spitzen Zähne, als ich versuchte, sein Nähkörbchen an die Wand zu rücken. Er sah aus wie ein Drache, den man mir einer Bewegung des Zauberstabs auf Westentaschenformat verkleinert hatte. Ich wünschte, der Zauberstab wäre zweimal geschwungen worden.
    Ben kniete auf dem Boden und versuchte, der liebenswürdigen Pudding beizubringen, wie man Männchen macht. Sie plumpste jedesmal hin, versuchte es aber immer wieder. «Sie würde es schaffen, wenn ihre Hinterbeine etwas dicker wären», bemerkte Ben, und mir ging zum erstenmal auf, daß man nie genau weiß, wie es unter einem dicken Fell aussieht.
    «Das ist Jumbo», sagte ich. «Er beißt.»
    «Nicht hier. Nicht wenn er weiß, was gut für ihn ist», sagte Ben grimmig.
    Ich blickte mich um und sah, wie die wachsamen Augen die Lage peilten. Sie schienen Schwierigkeiten schneller vorauszusehen als ich. Ich stellte das Nähkörbchen wieder hin und schickte die anderen zum Leistungssport, wie Benn es nannte, nach draußen. Er sagte, es sei genau wie in der Schule - ob Regen oder Schnee, jeden Mittwoch nachmittag würden sie hinausgejagt, um einen Ball durch die Gegend zu treten oder zu werfen, während die Lehrer irgendwo, wo sie nicht zu sehen seien, ihre eigenen Spielchen trieben. Ich schubste Jumbo mit einem hölzernen Kochlöffel aus dem Korb. Er sah aus wie ein Plastikspielzeug. Winzig, fein geformt und zerbrechlich. Wenn sein Kopf noch etwas kleiner gewesen wäre, hätte er ein Spatzenhirn gehabt. Warum glaubte ich überhaupt, daß er

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