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Das Hungerjahr - Roman

Das Hungerjahr - Roman

Titel: Das Hungerjahr - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aki Ollikainen
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Kinder, die sind vor Zeiten gestorben, lange bevor die schlechten Jahre kamen. Aber wir können euch hier nicht ernähren. Und bald kommen wieder neue Bettler. Wer kein Brot mehr hat, der macht sich auf den Weg. Obwohl es auch sonst nirgendwo was gibt, in welche Richtung man auch geht. Ihr rennt Irrlichtern nach, und könnt doch nicht anders«, sagt der Mann.
    Mataleena nickt. Retrikki streicht ihr über die Haare. Viele davon gehen aus und bleiben an Retrikkis Fäustling hängen.
    Er steht auf und sagt, er gehe den Schlitten anspannen.
    »Mach dir nichts aus dem Gespenst, mein Kind, wir werden schon was für dich finden«, sagt Hilta.
    »Ich heiße Mataleena.«
    »Das ist ein schöner Name. Christlich. Das ist gut.«
    Hilta füllt die Holzschale von gestern. Jetzt ist die Milchsuppe dicker, schon ein Brei. Sie legt noch ein halbes Brot mit Rindenmehl und einen getrockneten Hecht auf den Tisch und mischt etwas davon unter den Brei.
    »Iss, mein Kind.«
    Und Mataleena isst. Sie schlingt den Brei schnell herunter, damit Retrikki nicht hereinkommt und ihr den Teller wegnimmt. Sie bekommt dünne Milch, mit deren Hilfe sie das Brot fast ohne zu kauen verschlingt. Hilta füllt noch einmal die Schale. Als Retrikki zurückkommt, schnappt Hilta die leere Schale. Mataleena lächelt Hilta an, der eine Träne in den Augenwinkel tritt.
    Juho und Marja wachen vom Geräusch der Tür auf. Hilta stellt ihnen dünne Milchsuppe hin. Sie bricht das Rindenmehlbrot in kleine Brocken, die sie allen drei Gästen reicht. Dann wirft sie einen Blick auf Retrikki und gibt noch einige kleine Stücke getrockneten Hecht dazu. Retrikki sagt nichts.
    Juho steckt sich ein Stück Hecht in den Mund, holt es mit dem Finger wieder heraus und betrachtet es eine Weile. Er legt es kurz auf die Zunge, nimmt es erneut in die Hand und umklammert es fest mit der Faust. Retrikki beobachtet den Jungen und schmunzelt.
    »Bald seid ihr wieder auf der Straße. Wo wollt ihr eigentlich hin?«
    »Nach Sankt Petersburg.«
    Sankt Petersburg. Marja kann sich einfach nicht vorstellen, dass man in der Stadt des Zaren jemanden Hunger leiden lässt. In Sankt Petersburg gibt es genug Brot für alle. Und es ist kein Rindenmehl untergemengt, auch kein Flechtenmehl, geschweige denn Stroh. Aber Sankt Petersburg ist weit weg. Es liegt nicht hinter dem nächsten Hügel, es kommt auch nicht nach dem nächsten Dorf. Es liegt weit weg in Russland.
    »Wie wollt ihr bis nach Sankt Petersburg durchkommen?«, seufzt Retrikki.
    Marja schaut aus dem Fenster mit den Eisblumen. Im stiebenden Schnee flimmert die Sonne. Dieselbe Sonne, die den Palast des Zaren in Sankt Petersburg vergoldet.
    »Zuerst müssen wir nach Helsinki kommen. Sankt Petersburg liegt hinter Helsinki«, stellt Marja fest.
    Mataleena starrt schweigend vor sich hin. Sie hat Bauchweh. Zuerst kommt der Schmerz mit einem Kneifen, aber bald kratzt darin eine zornige Katze, sie kratzt und kratzt, schlägt die Zähne in die Magenwand, die Krallen dringen von innen zu den Rippen vor, das Tier kratzt so sehr, dass Mataleena sich krümmt. Die Katze schiebt ihren räudigen Schwanz nach oben und kommt als blutiger Brei aus dem Mund. Im Kopf wirbelt ein wütender Wind, er stößt in die Augenhöhlen vor, die Augen drehen sich.
    Mataleena bricht auf dem Fußboden zusammen.
    Da entweicht Marjas Mund das Klagen eines Muttertiers, zuerst gedämpft, dann allmählich lauter. Retrikki findet als erster die Fassung wieder. Er hebt Mataleena auf, trägt sie in die Kammer und legt sie aufs Bett.
    Marja drückt Juho an sich, bis der Junge kaum noch atmen kann. Retrikki öffnet Mataleenas Augenlider einen Spaltbreit, dann hält er das Ohr dicht vor den Mund des Mädchens.
    »Sie lebt, sie lebt, aber ich kann nicht sagen, wie lange noch. Bringt um Gottes willen Wasser!«
    Hilta füllt eine Tasse mit Wasser und schleicht vorsichtig in die Kammer. Marja sitzt mit Juho im Arm auf der Bank neben der Tür und schlottert. Mit leeren Augen starrt sie von ihrem Platz aus in die Kammer und sieht Mataleenas weißes Gesicht. Juho schaut mit ängstlicher Neugier auf seine Schwester. Marja hört den Bauern und die Bäuerin leise reden.
    »Ist das eine Krankheit?«
    »Kaum. Die war so ausgehungert, dass der Darm nicht einmal die Milchsuppe vertragen hat.«
    »Soll ich sie zum Arzt bringen? Könnte der das Kind retten?«
    Retrikki kommt aus der Kammer und steht eine Zeitlang nachdenklich vor Marja. Sie schaut den Mann vor sich an wie eine Sünderin den heiligen

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