Das Imperium
als es die neuen Tarife verlangen.«
»Und wir werden Möglichkeiten finden, unsere Situation zu verbessern und trotz allem stärker zu werden«, erwiderte Cesca mit deutlichem Stolz. »Wie immer.«
Nach extremen Maßnahmen, dem Schutz von Ressourcen und vielen Risiken waren die Roamer nahezu autark, obwohl sie noch immer gewisse Dinge brauchten, die von der Hanse mit hohen Steuern belegt worden waren: Nahrungsmittel, Arzneien, spezielle Geräte und Instrumente sowie zahlreiche Waren des täglichen Bedarfs und Luxusartikel.
Jhy Okiah erwartete magere Zeiten und hielt sie für einen Ansporn, der die Roamer dazu bringen konnte, vollkommen autonom zu werden. Während der Clanversammlung hatte sie mit rauer, kratzender Stimme gesprochen, doch es kam eine große emotionale Kraft in ihr zum Ausdruck.
»Wenn die Hanse uns schaden kann, indem sie uns von Nachschub abschneidet, so hat sie zu große Macht über uns. Dann hängen wir zu sehr von jenen Lieferungen ab. Entweder müssen wir diese Abhängigkeit überwinden oder neue Quellen für den Nachschub finden. Wir sind Roamer. Sind wir nicht imstande, neue Möglichkeiten zu entdecken? Wir können unsere eigenen Geräte bauen, unsere eigenen Chips produzieren und lernen, auf Komfort zu verzichten. Sollen die Roamer zuletzt lachen, indem wir zeigen, dass wir nichts von den Händlern der Hanse kaufen müssen. Wenn die Gans keinen Umsatz mehr mit uns erzielt, wird sie schwächer.«
Mit diesen Worten war es ihr gelungen, weitere Roamer daran zu hindern, sich Rand Sorengaard anzuschließen. Eine offene Rebellion gegen die Hanse hätte zweifellos harte Repressalien nach sich gezogen, Jhy Okiah hielt Sorengaards Überfälle für ein Verbrechen. Schlimmer noch: Sie befürchtete, dass seine Aktivitäten zu viel Aufmerksamkeit auf die Roamer lenkten. Die Roamer waren daran gewöhnt, unter schwierigen Bedingungen zu leben, aber nicht als verfolgte Renegaten.
An Bord der Raumjacht sagte Jhy Okiah zu Cesca: »Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gans herumzuschnüffeln beginnt und dadurch vielleicht einige unserer Werften, Kolonien und Anlagen findet, die unsere Clans lieber geheim halten möchten.«
Vor über zwei Jahrhunderten hatte die Kanaka die kleine Kolonie im Asteroidengürtel des roten Zwergsterns Meyer verlassen und den Flug fortgesetzt, auf der Suche nach einem geeigneten Planeten. Sie passierte ausgedehnte Nebel und sammelte Gas, aus dem die Menschen an Bord Treibstoff und andere Ressourcen gewannen. Die Kolonisten lernten, sich anzupassen und alle Hindernisse zu überwinden, die sich ihnen in den Weg stellten.
Die Kanaka war das letzte Generationenschiff, das die ildiranischen Suchgruppen vor hundertachtzig Jahren fanden. Es hatte immer wieder angehalten und den Kurs geändert, war dadurch weit von der ursprünglich geplanten Route abgekommen.
Die hilfsbereiten Ildiraner brachten die Kanaka zu einer Welt namens Iawa – sie eignete sich für die Besiedlung und das Ildiranische Reich brauchte sie nicht. Für die Kolonisten war es etwas völlig Neues, sich auf einem Planeten niederzulassen. Iawas offener Himmel und die weiten Kontinente wirkten wie das Paradies. Plötzlich gab es geradezu unermesslich viel Land für Menschen, die über Generationen hinweg mit dem sehr begrenzten Platz an Bord eines alten Raumschiffs hatten zurechtkommen müssen.
Zuerst erschien es ganz einfach, eine freundliche Welt zu zähmen, aber einige Kolonisten befürchteten den Verlust ihres Einfallsreichtums und der erworbenen Überlebenskünste schon nach wenigen Jahren. Iawa stellte eine so drastische Veränderung dar, dass sie glaubten, es wäre besser gewesen, als autarke Gemeinschaft weiterhin durchs All zu ziehen.
Fünf Jahre später, als sich die Landwirtschaft immer besser entwickelte und erste Städte entstanden, wandte sich der Planet gegen sie. Innerhalb weniger Monate fielen alle von der Erde stammenden pflanzlichen Organismen einer schrecklichen Fäule zum Opfer. Getreide, Gemüse, angepflanzte Bäume – alles starb ab. Die Iawa-Geißel hatte es einzig und allein auf terranische Pflanzen abgesehen. Plötzlich standen den Kolonisten nur noch wenige Lebensmittelvorräte zur Verfügung und es gab kaum Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation, denn die Geißel gehörte zur einheimischen Biosphäre.
Eine Hungersnot drohte, aber die Siedler hatten sich an die strengen Sparmaßnahmen an Bord des Generationenschiffes erinnert und genügend Vorräte angelegt, um zu überleben.
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