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Das Inferno Roman

Titel: Das Inferno Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ein halbes Haus, beruhigte er sich.
    Zu schade, dass ich nicht mit Judy das Haus tauschen kann, dachte er. Es ist wohl kaum gerecht, dass ihr Haus mit ein paar zerbrochenen Spiegeln und Fenstern davonkam, während meins halb zerstört ist.
    Ich kann mit ihr das Haus tauschen, wurde ihm klar. Zumindest im Moment. Wer sollte mich daran hindern?
    Als er an der Ziegelsteinmauer am Ende seines Gartens angekommen war, drehte er sich seitlich, hob die Arme und begann, sich zwischen zwei Rosenbüschen durchzudrücken. Eine Nessel verfing sich in seinen Shorts. Er blieb stehen.
    Er schaute auf die Säge in seiner Hand.
    »Was du heute kannst besorgen …«
    Er befreite sich aus den Büschen und legte die Schere und den Wasserbehälter im Gras ab. Dann kniete er sich vor einen Rosenbusch. Mit dem linken Arm stützte er sich ab, wie er es in der Wanne getan hatte, als er Judy küsste und befummelte, mit der linken Hand presste er kaum fünf Zentimeter über dem Boden die Zähne der Säge in den Rosenstängel. Die Sägezähne fraßen einen tiefen Riss hinein.

    Kurz darauf kippte der Rosenbusch und stürzte gegen seinen Nachbarn.
    Diesen legte Stanley ebenfalls um.
    Und einen weiteren.
    Mit dem Sägeblatt schob er die drei Rosenbüsche aus dem Weg. Außer Atem setzte er sich ins Gras. Er schraubte den Deckel des Wasserkanisters auf und nahm einen Schluck.
    Das Gras kitzelte ihn am Hosenboden.
    Er stand auf und kratzte sich am Hintern. Mit einem feuchten Unterarm versuchte er sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Hätte er doch aus Judys Haus irgendeinen Lappen oder ein Tuch mitgenommen, um sich abzutrocknen. Die abgeschnittenen Beine seiner Schlafanzughose wären ideal gewesen, aber die hatte er in Judys Küche liegen gelassen.
    Also zog er seine gekürzten Schlafanzughosen aus. Er ballte sie zusammen und wischte sich Gesicht und Haare ab. Danach knüllte er die Shorts fester zusammen und wrang einen Teil der Flüssigkeit aus. Noch einmal wischte er sich das Gesicht ab.
    Er wünschte, er müsste die Shorts nicht wieder anziehen. Aber Sheila würde vielleicht anfangen zu schreien, wenn er nackt auftauchte. Dann müsste er ihr wehtun, und das wollte er erst, wenn er sie an einen Ort geschafft hatte, wo sie keiner stören konnte - vielleicht Judys Haus.
    Sie muss glauben, dass ich sie retten will, sagte er sich.
    Also zog er die Hosen wieder an. Sie klebten an ihm, aber der Gummibund schien sich ausgeleiert zu haben. Stanley öffnete die Hose und knotete den Gummi enger.

    Dann nahm er sich Kanister, Schere und Säge, trug sie über die frisch erzeugte Lichtung und stellte sie auf der Ziegelmauer ab. Er legte seine Hände auf den Mauerrand und sprang hoch. Mit durchgestreckten Armen drückte er sich gegen die Mauer, bis er sie an seinem Bauch spürte, und war kurz davor, ein Bein hinüberzuschwingen.
    Direkt vor ihm, hinter Rasen und Innenhof, stand ein Mann in den Überbleibseln von Sheilas Haus.
    Stanley fühlte sich, als würde ein Oktopus plötzlich die Fangarme um seine Innereien wickeln und zudrücken.
    Er stöhnte.
    Genau davor hatte ich Angst - dass jemand anderes sie entdeckt.
    »Ich hab’s gewusst«, murmelte er. »Ich hab’s genau gewusst.«
    Ich hätte nicht so lange bei Judy bleiben sollen, dachte er.
    Dann schwang er sich über die Mauer. Er kam auf der anderen Seite auf, stolperte, fiel auf die Knie, rappelte sich wieder hoch und ging zurück zur Mauer. Er griff sich Wasserkanister, Schere und Säge.
    Und bewegte sich Richtung Sheila.

16
    »Hey, super, eine Säge. Cool. Gut gemacht.« Der Fremde hüpfte von einem Geröllhaufen und landete auf einer freien Fläche des Innenhofs.
    Er sah nicht viel älter als zwanzig aus. Sein blondes Haar war fast weiß und hing ihm bis über die knochigen Schultern. Er trug kein Hemd. Seine Bräune war so intensiv, dass Stanley annahm, das helle Haar wäre gefärbt. Er war sehr dünn. Stanley konnte seine Rippen sehen. Er trug ausgewaschene Jeans. Er hatte keinen Gürtel, und die Hosen saßen tief auf seiner Hüfte. Er trug spitze Cowboystiefel.
    »Sie sind Stan«, sagte er nickend.
    »So heiße ich«, sagte Stan und lächelte.
    »Cool. Wir haben auf Sie gewartet, ich und Sheila.«
    »Wer sind Sie?« Er versuchte freundlich zu klingen. Es fiel ihm leicht. Sein ganzes Leben lang hatte er sich gezwungen, freundlich zu Leuten zu sein, ganz besonders zu denen, die er fürchtete oder verachtete.
    »Ich bin Ben.«
    »Schön, Sie kennenzulernen, Ben. Wie geht es ihr?«
    Der junge

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