Das Inferno
leise durch die Zähne.
»Wahrscheinlich ist er in einer schwarzen Limousine mit Diplomatenkennzeichen angekommen«, sagte sie. »Mit Pauken, Trompeten und einem ganzen Spielmannszug.«
»Sie werden es nicht glauben«, sagte Nield, »aber er hat sich wie ein Dieb in die Stadt geschlichen. Nahm ein normales Taxi vom Flughafen und muss den Fahrer schon während der Fahrt bezahlt haben, kaum hatte das Taxi nämlich angehalten, wischte er auch schon ins Hotel und war verschwunden.«
»Sind Sie sich sicher, dass es Thunder war?«, fragte Newman.
»Darauf verwette ich meine Pension. Durch mein Fernglas konnte ich sein Gesicht genau erkennen. Schließlich habe ich Thunder oft genug im Fernsehen erlebt, wie er einen Interviewer heruntergeputzt hat. Aber jetzt sollte ich wieder zurück zum Atlantic. Wer weiß, wer noch so alles dort eintrudelt.«
»Das war gute Arbeit, Pete«, sagte Tweed.
»Da tut sich was«, bemerkte Paula, nachdem Nield gegangen war.
»Die Falken sammeln sich«, murmelte Tweed, der hinaus auf den Balkon getreten war und ins Freie blickte.
Nicht einmal eine Minute später klopfte es wieder an der Tür, diesmal allerdings viel leiser. Newman öffnete, und Lisa kam herein. Sie hatte ein gefaltetes Blatt Papier in der Hand.
»Sie werden nie erraten, was man mir unter der Tür hindurchgeschoben hat. Kann sein, dass es schon eine Weile her ist, ich war nämlich eine halbe Ewigkeit unter der Dusche.«
Sie reichte Tweed das Blatt. Er faltete es auseinander und schaute es eine Weile an. Seinem Gesicht war nicht anzumerken, wie der Inhalt des Schreibens auf ihn wirkte. Es waren nur wenige, maschinengeschriebene Zeilen.
Fahren Sie morgen nach Flensburg. Dort warten wichtige Informationen auf Sie. Es ist sehr wichtig. Lisa.
Tweed gab das Blatt an Paula weiter. Während sie es las, lief Lisa, die nicht stillsitzen konnte, in der Suite auf und ab.
»Blöd ist nur, dass ich diese Nachricht nie geschrieben habe«, sagte sie. »Wieso sollte sie also jemand mit meinem Namen unterzeichnen, um sie dann auch noch ausgerechnet mir zukommen zu lassen?«
»Vielleicht mag der Absender Sie nicht besonders«, sagte Tweed. »Interessant ist, dass sie auf derselben Maschine geschrieben wurde wie die Nachricht, die uns zum Fernsehturm bestellt hat. Der Buchstabe ›i‹ ist auf beiden Mitteilungen etwas nach oben verrutscht.«
»Das ist eine Falle«, sagte Paula, während sie das Blatt an Newman weiterreichte.
»Natürlich ist das eine Falle«, stimmte Tweed ihr zu und holte eine Landkarte aus der Schreibtischschublade. »Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist der direkte Weg von Hamburg nach Flensburg die A7, die durch Schleswig-Holstein nach Norden führt. Stimmt, so ist es. Ich bin diese Autobahn vor einigen Jahren schon einmal gefahren und kann mich noch gut daran erinnern. Sie ist über weite Strecken nur sehr wenig befahren und führt meistens durch flaches Ackerland, wo man nur hier und da mal einen einsamen Bauernhof sieht.«
»Die ideale Gegend für einen Hinterhalt«, sagte Newman.
»Was Sie nicht sagen. Aber was der Gegner kann, können wir schon lange.«
»Sie glauben mir doch hoffentlich, dass diese Botschaft nicht das Geringste mit mir zu tun hat?«, fragte Lisa nervös.
»Aber natürlich«, antwortete Tweed mit einem Lächeln.
»Dann gehe ich jetzt zurück auf mein Zimmer und ziehe mich richtig an. Ich bin bloß in irgendwelche Sachen geschlüpft, um Ihnen die Nachricht so schnell wie möglich zu überbringen.« Sie zögerte. »Darf ich denn heute mit Ihnen zu Abend essen?«
»Sicher, wenn nicht noch etwas dazwischenkommt… Wir bleiben in Verbindung.«
Wieder geriet Paula, die noch immer auf der Couch saß, in Gewissenskonflikte.
Jetzt muss ich es ihm einfach sagen,
dachte sie, nachdem Lisa gegangen war.
»Tweed, ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen…«, begann sie.
Während die anderen ihr gespannt zuhörten, schilderte Paula ihren Besuch bei Lisa und den Anruf eines Mannes namens Oskar, den sie dort entgegengenommen hatte.
»Tut mir Leid, dass ich Ihnen das nicht schon früher erzählt habe. Jetzt hat Lisa erfahren, dass wir möglicherweise einen Hinterhalt planen.«
»Das lässt eine Reihe von Dingen in einem ganz anderen Licht erscheinen«, sagte Newman grimmig. »Jetzt wissen wir, dass wir einen Spion in den eigenen Reihen haben.«
In einem großen Kellerraum unter einem leer stehenden Lagerhaus hatten sich zwanzig Männer verschiedener Nationalitäten versammelt. Es war ein
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