Das Inferno
denn von Hamburg nach Flensburg?«
»Einhundertachtzig Kilometer«, sagte Tweed. »Wenn man mit normaler Geschwindigkeit fährt und nicht wie eine gesengte Sau, braucht man knapp zwei Stunden dafür.«
»Wie sieht es mit dem Verkehr auf dieser Autobahn aus?«
»Fast nicht vorhanden, selbst um diese Jahreszeit. Wenn wir erst mal die Vororte von Hamburg hinter uns haben, dann wird es ziemlich einsam.«
»Hoffen wir mal, dass unsere Gegner uns im Konvoi hinterherfahren«, sagte Marier, »und erst den blauen Mercedes von Harry überholen müssen, der uns dann warnen kann.
Möglicherweise legen Sie sich aber auch vor uns in einen Hinterhalt.«
»Ich werde fahren«, sagte Newman.
»Gut. Sollten Sie in so einen Hinterhalt kommen«, sagte Marier, »dann bleiben Sie stehen und fahren so schnell wie möglich rückwärts. Sollte ein Waldstück in der Nähe sein, versuchen Sie, den Wagen zwischen die Bäume zu bekommen.
Sobald er steht, steigen sofort alle aus.«
»Wie steht es mit Waffen?«, fragte Newman.
»Jeder bekommt von mir Handgranaten, Tränengas, ein Schnellfeuergewehr und eine Handfeuerwaffe. Außerdem hätte ich noch drei Uzis zu verteilen. Eine nehmen Sie, Newman, die andere Nield. Ich behalte die dritte.«
»Wäre es nicht besser, wenn ich eine hätte?«, meldete sich Butler zu Wort. »Wenn ich hinter Ihnen fahre, bekomme ich vielleicht die Chance, dem Feind unbemerkt in die Flanke zu fallen.«
»Stimmt auch wieder. Sie können meine haben, Harry. Und jetzt zu unserer Kampftaktik…«
Es war fast dunkel, als alle außer Paula und Tweed die Suite verließen. Butler und Nield wollten die restlichen Waffen holen, die sie im blauen Mercedes versteckt hatten. Paula sah auf die Uhr.
»Sieht nicht so aus, als ob Mrs. France noch kommen würde.
Sie hätte schon vor Stunden hier sein sollen.«
»Vielleicht wurde sie aufgehalten. Oder sie hat es sich anders überlegt. Wenn sie doch noch kommt, würde ich sie gern Keith Kent vorstellen. Natürlich nicht, bevor ich sie mir genau angesehen habe. Ich will sichergehen, dass sie uns nicht an der Nase herumführt.«
»Marier ist ein großartiger Stratege«, sagte Paula. »Als Sie ihm gesagt haben, dass das Land dort oben flach wie ein Tortenboden ist, schien er sich richtiggehend darüber zu freuen.«
»Weil er weiß, dass wir es mit einer Truppe zu tun haben werden, die auf dem Balkan beziehungsweise in der Hohen Tatra ausgebildet wurde – also in den Bergen. Solche Leute sind es gewohnt, von irgendwelc hen Felsspitzen herunterzuschießen.
Auf einem freien, offenen Feld ist ein solches Training möglicherweise wertlos für sie.« Er hielt inne und fragte Paula dann: »Was haben Sie für ein Gefühl?«
»Ich bin ziemlich aufgeregt. Aber machen Sie sich keine Sorgen um mich. Wenn es losgeht, bin ich die Ruhe selbst.
Allerdings fehlt mir Mark Wendover sehr«, fügte sie traurig hinzu. »Wir hätten ihn jetzt gut gebrauchen können.«
»Vorhin, als ich allein war, habe ich kurz Cord Dillon in den USA angerufen. Er war erschüttert, hat mir aber versprochen, die Rückholung der Leiche zu organisieren, sobald Kuhlmann sie freigibt. Er will sie sogar persönlich auf dem Dulles Airport abholen.«
Das Telefon klingelte. Paula ging ran und sagte zu Tweed:
»Es ist Mrs. France. Sie ist unten in der Lobby. Ich habe ihr gesagt, sie soll heraufkommen. Am besten hole ich sie vom Aufzug ab.«
Mrs. France wirkte etwas durcheinander, als sie mit einem Ordner unter dem Arm die Suite betrat. Sie trug dasselbe Kleid mit Blumenmuster, das Tweed schon im Park an der Alster an ihr gesehen hatte.
»Mr. Tweed, ich bin untröstlich. Es tut mir so Leid, dass ich mich verspätet habe. Was für ein schlechtes Benehmen. Aber ich hatte keine andere Wahl, Herr Rondel hat mich nämlich heute Nachmittag mit Arbeit überhäuft, die ich augenblicklich zu erledigen hatte. Ich habe ihm zwar gesagt, dass ich noch etwas einkaufen müsse, aber er hat darauf nur gemeint, dann solle ich eben später zum Hauptbahnhof gehen, da hätten die Geschäfte länger auf. Können Sie mir verzeihen?«
Tweed wartete, bis die aufgeregte Frau eine Atempause einlegte und führte sie dann zur Couch, wo er sie bat, Platz zu nehmen.
»Hätten Sie gern einen Brandy mit Soda?«, fragte er sie, nachdem sie den Ordner auf den Tisch gelegt hatte.
»Ja, bitte. Sehr freundlich von Ihnen. Ich wusste von Anfang an, dass Sie ein netter Mann sind. Ein sehr netter Mann.«
Als Paula den Drink zubereitete, goss sie aus
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