Das Inferno
Achseln und ließ sich von Monica den Hörer geben. Mit kühler Stimmer fragte sie, was sie für ihn tun könne. Das Gespräch dauerte nur ein paar Minuten, dann gab Paula den Hörer an Monica zurück, zuckte abermals mit den Achseln und ging wieder an ihren Schreibtisch zurück.
»Aubrey Barford hat mich aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen zum Mittagessen ins Martino’s eingeladen. Ich habe zugesagt. Auf diese Weise bekomme ich von ihm vielleicht ein paar Einzelheiten über seinen Vater heraus. Wenigstens ist er der nettere der beiden Brüder, diesen Lance, diesen verkappten Zuhälter, kann ich nämlich überhaupt nicht ausstehen.«
»Das haben Sie gut gemacht, Paula«, sagte Tweed. »Auch mich würde interessieren, was sein Vater zur Zeit so treibt.«
Das Telefon klingelte abermals. Diesmal verzog Monica das Gesicht und wandte sich an Tweed.
»Der Rüstungsminister Gavin Thunder. Anscheinend hat er gerade die Berichte über den Tod von Jeremy Mordaunt bekommen…«
Tweed hob den Hörer von seinem Telefon ab, und Monica verband ihn mit dem Rüstungsminister.
»Hallo, hier Tweed.«
»Haben Sie vielen Dank für die Berichte, Tweed. Sehr interessant, das muss ich sagen. Aber ich würde gern mit Ihnen von Angesicht zu Angesicht darüber sprechen. Wären Sie vielleicht so freundlich und würden mich für ein kurzes Gespräch in meinem Club treffen? Ich bin Mitglied bei Marlows, das ist ein nicht allzu vornehmer Club in der Fall Mall.«
»Kann ich denn meine Assistentin Paula Grey mitbringen?«
»Aber natürlich. Bei Marlows dürfen Gott sei Dank auch Frauen hinein.«
»Und wann sollen wir Sie dort treffen?«
»Würde es Ihnen in einer halben Stunde passen? Oder bereitet Ihnen das zu große Umstände?«
»Einen Augenblick bitte.« Tweed sah auf seine Uhr. Wenn die Unterredung nicht allzu lange dauerte, kam Paula noch bequem zu ihrer Verabredung im Martino’s. »In Ordnung. Wir fahren gleich los.«
»Wunderbar. Dann freue ich mich darauf, Sie beide bald zu treffen. Nochmals vielen Dank…«
Als Tweed auflegte, verdrehte Paula die Augen. »Ich wette, Thunder hat wegen der Berichte richtig getobt.«
»Im Gegenteil. Er war ausgesucht freundlich, um nicht zu sagen herzlich. Er möchte sich mit mir und Ihnen in seinem Club treffen. Monica, rufen Sie uns bitte ein Taxi?«
Monica suchte gerade eine Information im Internet, als auf einmal ein höllisches Kreischen das Büro erfüllte. Monica hielt sich die Ohren zu, starrte ungläubig auf den Bildschirm ihres Computers und winkte die anderen herbei.
Das schreckliche Geräusch war so laut, dass sich alle die Ohren zuhalten mussten. Ungläubig blickte Paula auf den Monitor. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Dicke Linien, die wie die Flugbahnen von Raketen aussahen, schossen ohne Unterlass von allen Rändern her quer über den Bildschirm.
Newman schnappte sich die Maus und begann zu klicken, aber der Computer reagierte überhaupt nicht darauf. Sofort ließ Newman die Maus los und legte sich die Hand wieder über sein rechtes Ohr.
Nach einer Weile brach der Höllenlärm abrupt ab, und die Linien auf dem Monitor verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. »Der ganze Spuk hat genau sechzig Sekunden gedauert«, sagte Paula, die beim Einsetzen des Geräuschs geistesgegenwärtig auf die Uhr geschaut hatte.
»Jetzt wissen Sie hoffentlich, warum ich diesen neumodischen Kram nicht mag«, sagte Tweed. »Steckt eben doch noch alles in den Kinderschuhen. Gehen wir, Paula, wir haben eine Verabredung mit Gavin Thunder.«
»Aber Moment mal«, sagte Monica aufgebracht. »Der Vorfall hier muss doch aufgeklärt werden. So etwas habe ich bisher noch nie erlebt…«
Aber die beiden hatten bereits das Büro verlassen.
4
Es war elf Uhr dreißig. Lisa, die sich nach einer ausgedehnten Dusche am ganzen Körper herrlich erfrischt fühlte, hatte gerade das Frühstück gegessen, das Herb ihr aufs Zimmer gebracht hatte, und wollte nun nach draußen gehen. Dazu zog sie sich passend zur Umgebung des Hangman’s Noose eine schäbige alte Jeans und eine Windjacke an, die auch schon einmal bessere Zeiten gesehen hatte. Ihr Haar verbarg sie unter einem verwaschenen Tuch, und über der Schulter trug sie eine abgeschabte Tasche. Auf dem Weg nach unten freute sie sich schon auf ihren Gang über den Markt, dessen Atmosphäre ihr sehr gefiel.
Als sie durch den Gastraum zur Tür ging, rief Herb ihr von der Bar aus hinterher. »He, warte einen Augenblick. Ich komme mit.« Er wandte
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