Das Inselcamp
führte sie weg. Da war das Abendprogramm zu Ende.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Unser tägliches Brot
Britt veränderte sich. Es war, als könne sie nicht mehr aufhören zu spielen. Am nächsten Morgen aß sie nichts. Sie griff sich ihr Gewand und nähte. Verbissen bohrte sie die Nadel in das Gewebe. Sie sprach kaum und wenn, dann aggressiv. Selbst Johanna rückte ab und suchte Simones und Judiths Gesellschaft.
Andi ertappte seinen Bruder dabei, dass er Britt verstohlen beobachtete. »Es ist gut, wenn jemand auf sie achtet«, sagte plötzlichJudith neben ihm. Andi wandte sich ihr zu und entdeckte, dass er seinerseits ertappt war. Und dann entdeckte er, dass es ihm nichts ausmachte.
»Und du und ich«, sagte er, »wir waren schon mal weiter.« Judith sah ihm eine Weile ins Gesicht. Dann auf ihren Stoff. »Meine Mutter war allein, als ich geboren wurde«, sagte sie unvermittelt. »Es ist gut, allein zu sein.«
In der anderen Hälfte des Kreises setzte sich Tom zu Jakob. »Lass mich mal«, bemerkte er, als Jakob sich mit dem Einfädeln schwertat. »Das schaffe ich allein«, sagte Jakob.
»Nur noch fünf Tage«, sagte Matti. Philip grinste und dachte ans Surfen. Der Wind war großartig. Nur wenige Schritte weiter rauschten die Wellen an den Strand.
Alles geschah, wie Diakon Jott es für sinnvoll hielt. Der Tag verging wie der vorige. Die Sonne schien, der Wind blies. Das Nähen machte kaum Fortschritte und zu Mittag gab es Suppe.
Ab dann wuchs kaum merklich die Spannung. Keiner der zwölf hatte mitbekommen, dass Jott jemanden für das Abendprogramm ausgewählt hätte. Und doch ahnte die Gruppe, dass nichts dem Zufall überlassen blieb.
»Wo ist eigentlich unser großer Meister?«, fragte Pitt irgendwann. Da gab es von Jott keine Spur. Und auch Lena war nicht da, um Auskunft zu geben. »Sammelt Seetang«, unkte Matti. »Für unser Abendessen.« Johanna schüttelte sich, und Simone grinste.
Sie hatten alle großen Hunger, als endlich aus dem Küchenzelt das Signal zum Essen ertönte. Wieder brannte das Lagerfeuer. Aber der große Suppentopf fehlte. Neben dem Feuer lag bloß der Deckel. Darauf einige Brocken Brot und zwei von den kleinen geräucherten Fischen, die am Hafen verkauft wurden. »Und?«, fragte Pitt gereizt. »Wo bleibt der Hauptgang?«
Lena tauchte aus der Jurtenöffnung auf und setzte sich zu Judith. »Jakobsen hat ein wenig Pech gehabt«, sagte sie beiläufig. »Er hat geangelt und hat nichts gefangen.« Simone hob die Schultern. »Wen wundert’s?«, bemerkte sie scharfzüngig.
»Du sollst nicht töten«, sagte Tamara. »2. Mose 20.« Als Pitt ihr einen bösen Blick zuwarf, fügte sie hinzu: »Vers 13.«
»Ich habe Hunger«, sagte Johanna. »Er sagte, er würde uns dienen«, erinnerte Judith ihre Mutter. »Wo ist er denn?« Lena hob die Schultern. »Ich glaube, er betet.«
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Die übrigen Brocken
Andi und Judith traten in den Kreis und begannen das Brot und die beiden kleinen Fische zu zerteilen. Andi nahm den Deckel wie ein Tablett. Wortlos machte er damit die Runde. Einer nach dem anderen griff zögernd zu. Nur Britt wandte sich ab. »Satt«, murmelte sie knapp. »Da ist sie aber die Einzige«, sagte Johanna zu Tamara.
Als alle ihren winzigen Happen geschluckt hatten, stand Jakob auf und verschwand in der Schlaf-Jurte. Philip stieß Matti an. »Heimlich essen macht dick«, bemerkte er. Matti kicherte. Die beiden wussten, wie gern Jakob naschte. Auf das, was dann geschah, war aber keiner gefasst.
Jakob kam wieder und hatte die Arme voller Tüten. Chips, Erdnussflips, Bonbons und Schokoriegel prasselten auf Andis leeres Tablett. Familienpackungen, richtig große Portionen.
Philip und Matti verging ihr Spott. Sie hatten einfach Hunger. »Dürfen wir?«, fragten sie ungeduldig. »Greift zu«, sagte Jakob und gab den Weg frei. Mehrere Tüten zugleich wurden aufgerissen. Die Stimmung stieg mit jedem Bissen.
»Woher hast du das?«, fragte Simone. Jakob aß nicht. Er deutete mit dem Kinn Richtung Campingplatz. »Kiosk«, sagte er. »Gleich am ersten Tag.« »Bloß gut, dass wir dich haben«, bemerkte Johanna kauend. Jakob wurde rot. »War nicht für euch«, gestand er. »Ich wollte das alles für mich.«
Judith sah auf. »Und? Was hat sich geändert?«, fragte sie ernst. Jakob sah sich um. Vielleicht suchte er Jott. »Mein Abendprogramm«, erklärte er schließlich. »Die Speisung der 5000?«, riet Tamara. Und Lena ergänzte: »Jesus teilte und alle wurden
Weitere Kostenlose Bücher