Das Inselcamp
Jünger«, murmelte Tamara, als ließe es sich nicht unterdrücken. »Jesus sagte, wir müssten alle so werden wie die Kinder. Markus 9.«
Das Kind war nicht überrascht. »Mein großer Bruder kann das auch!«, stellte es befriedigt fest. Es hielt Tamara ihre Hand hin. »Elli«, sagte sie. »Ich heiße Elli. Ich trage zwar kein Gewand. Aber den Jesus mag ich auch.«
»Gratuliere«, murmelte Johanna. »Und uns lass endlich weitergehen.« Sie knuffte Tamara und schob Andi. Weiter, nur immer weiter am Strand, bis sie es endlich geschafft hatten.
Einmal sah Johanna sich um. Stutzte und blieb stehen. »Das gibt’s doch nicht!« rief sie aus. In sicherer Entfernung lief Elli ihnen hinterher. Und gerade kam sie wieder näher. »Husch!«, rief Johanna überfordert. »Lauf nach Hause.« »Nur, wenn ihr mich in die Mitte stellt«, entgegnete lachend das Kind.
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Den schmalen Weg gehen
Erst bei den ersten Häusern des Ortes wurden Andi, Tamara und Johanna ihren kleinen Schatten los. »Kauf dir noch ein Eis«, sagte Andi zu ihr und wies auf eine weit entfernte Eisbude. Er hielt ihr eine Münze hin. Das Kind machte große Augen. »Solltet ihr nicht …?«, begann es. Unterbrach sich und korrigierte: »Ich dachte, die Freunde Jesu hatten kein Geld.«
Andi wischte sich den Schweiß von der Stirn. Tamara grinste. »Dann eben nicht«, sagte Johanna schnippisch und griff nach Andis Münze, als wollte sie sie einstecken.
Das wirkte. Blitzschnell hatte das Kind das Geld in der Hand. »Schon gut!«, rief es hastig. »Ich nehm’s ja!« Im Wegrennen rief es noch: »Wartet hier!« und: »Oder kommt langsam nach!«
»Worauf du dich verlassen kannst«, murmelte Johanna kopfschüttelnd. Dann sah sie Andi und Tamara an. »Was jetzt?« Andi sah sich um, und dann blieben seine Augen an dem Hügel hängen, der zu ihrer Rechten sacht anstieg. Der Weg, der hinaufführte, zweigte keine zehn Schritte weiter von der Hauptstraße ab.
»Dort hinauf«, sagte Andi. Tamara beschirmte ihre Augen mit der Hand und starrte in die angegebene Richtung. »Einsam«, sagte sie. »Da werden wir niemandem begegnen.« Es war nicht deutlich, ob das dagegen sprach oder eher dafür. Für Johanna klang es positiv. »Gut«, sagte sie entschlossen. »Gehen wir!«
Eine Zeitlang marschierten sie schweigend. Ab und zu sahen sie sich um. Das Kind folgte nicht. Sie waren es los. Der Weg wurde zum Trampelpfad. Unmerklich, aber beharrlich führte er aufwärts. Schatten gab es nicht. Nur Strandhafer und Ginster. Es wurde heiß.
Schließlich blieb Johanna stehen. »Das reicht«, sagte sie. Andi fuhr herum. »Aber nein!«, rief er ungeduldig. »Wir müssen ganz hinauf!« Er wies auf die runde Kuppe des Hügels. »Ich schätze, da oben sind die anderen!« Er meinte Judith.
»Na und?«, sagte Johanna. »Ich gehe zum Strand.« Sie sah hinab auf die Ausläufer des Campingplatzes. »Simone wollte auch dorthin.«
Tamara blies ihr verbliebenes Haar aus den Augen. »Du bist aber nicht in Simones Gruppe«, gab sie zu bedenken. »Und du«, sagte sie zu Andi, »nicht in Judiths. Wir sollten unseren eigenen Weg gehen.«
Andi trat auf der Stelle. Johanna auch. »Wie meinst du das?«, fragte er und verstand, warum Pitt Tamara immer schubste.
Tamara setzte sich, wo sie stand, auf den Boden. »Ich habe Lenas Bibel«, sagte sie und zog das zerlesene Buch unter ihrem Kittel hervor. »Wir könnten darin unseren Auftrag suchen.« Sie begann zu blättern. »Abseits ausgetretener Wege.«
»Ich gehe weiter«, sagte Andi. »Ich gehe zum Strand«, sagte Johanna. Sie waren beide nicht zu halten. »Um fünf«, sagte Andi. »Um fünf wieder hier. Damit wir zusammen zurückgehen.«
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Mädchen, steh auf!
Johanna lief den Weg, den sie gegangen waren, zurück. Sie lief schnell. Sie konnte noch gar nicht glauben, dass sie davongekommen war. Wenn sie sie nur nicht einholten! Im Laufen zog sie ihren Kittel über den Kopf.
Die Eile war ein Fehler. Sie verlor die Orientierung und fiel. Und weil es abwärts ging und mit dem Wind, fiel sie gründlich. Sie kam falsch auf. Knickte um. Benommen blieb sie sitzen.
Den Hügel hinauf war niemand mehr zu sehen. Als sie aber hügelabwärts schaute, entdeckte sie eine junge Frau und ein Mädchen mit Zöpfen. Sie näherten sich und gerade hatte das Mädchen Johanna entdeckt. »Guck mal, Mama, da hockt eine vom Umweltschutz!«
Die Frau hielt vor Johanna an. Sie sah gleich, was geschehen war. »Kannst du
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