Das Internat
Verwandlung fortzusetzen.
Zum zweiten Mal in ihrem Leben saß Mattie an einer verspielten Frisierkommode – umrahmt von Glühbirnen, die hell genug waren, ihr die Hornhaut zu verletzen. Währenddessen ertrug Mattie die Bemühungen einer von Make-up besessenen Zauberfee, die darauf bestand, dass Mattie wunderschön und verführerisch für das andere Geschlecht sein müsse.
Mattie wollte nicht schön sein. Nie hatte sie das gewollt. Aber die Götter schienen es von ihr zu verlangen, und ihr Schicksal schien davon abzuhängen. So viel zur Poesie. Es war schlechte Poesie.
Schließlich trat Breeze zurück und taxierte Matties Augenbrauen. Nachdem die Pinzette nicht mehr direkt vor ihren Augen schwang, atmete Mattie erleichtert durch. "Bin ich fertig?"
"Sei nicht dumm. Jetzt machen wir die Feinarbeit, die sehr zeitintensiv ist. Hier. Schau mich an. Mach einen Kussmund."
Breeze hielt es offenbar für nötig, es ihr vorzumachen. Mattie fühlte sich wie ein Idiot, der Grimassen schnitt, aber wenn es sie aus Breezes Fängen befreite …
"Der Lippenstift passt nicht." Eilig schritt Breeze zu ihrem gut ausgestatteten Schminkköfferchen und wühlte darin. "Er ist zu dunkel. Wir sollten rosafarbenen Lipgloss nehmen, mehr nicht. Lass den Mund so", befahl Breeze, als sie mit mehreren Wattepads in der Hand zurückkehrte, die nach Alkohol und Zitrone rochen.
Während der nächsten Minuten durchlitt Mattie das Entfernen des Lippenstifts, das Auftragen des neuen, gefolgt von einem erneuten Einstäuben mit Rouge. Nachdem Breeze ihr so zu Apfelbäckchen verholfen hatte, flogen ihre Finger professionell über die wilden Locken der neuen Frisur.
Breeze trat wieder einen Schritt zurück. "Schüttle vorsichtig den Kopf", sagte sie und machte es ihr vor.
Mit unbewegter Miene folgte Mattie der Aufforderung.
Breeze allerdings war begeistert. Sie strich Mattie über die frisch gezupften Augenbrauen, zog hier und da an ein paar widerspenstigen Haarsträhnen, dann trat die Künstlerin zurück, um ihr Werk zu betrachten. Ihr zufriedenes Lächeln veränderte sich. Aus der anfänglichen Überraschung wurde etwas, das Mattie nicht richtig beschreiben konnte. Ehrfurcht vielleicht.
"Nicht zu fassen", war alles, was Breeze sagte.
Bevor Mattie fragen konnte, was das bedeuten solle, trat Jane ins Schlafzimmer. Janes Energie und Antrieb schienen wiederhergestellt, jetzt da sie zusammen daran arbeiteten, die Dinge wieder zu richten. Den ganzen Morgen über war sie mit ihren Pflichten als First Lady beschäftigt gewesen. Aber wann immer sie ein paar Minuten erübrigen konnte, hatte sie eilig Vorkehrungen für ihren Plan getroffen. Breezes Aufgabe war es gewesen, Mattie vorzubereiten, Janes, David Grace vorzubereiten.
"Wie ist es gelaufen?", fragte Mattie.
Jane war damit beschäftigt, Notizen auf ihrem Palm-Pilot zu machen. Stirnrunzelnd sah sie auf den Bildschirm, tippte mit dem Stift eine Anweisung ein und wandte sich danach Mattie zu. "So weit, so gut", antwortete sie und richtete den Blick wieder auf den Bildschirm. "Der Flug ist gebucht, und ein Auto wird dich zum Flughafen bringen. Wenn du in Oakland landest, was Napa Valley näher ist als San Francisco, wirst du von einer Limousine abgeholt und zu Grace' Haus gebracht."
Den Bruchteil einer Sekunde später hörte der Stift sich auf zu bewegen. Janes Kopf flog hoch, ihr Blick haftete an Matties Gesicht.
"Oh, mein Gott", flüsterte sie.
Janes Gesichtsausdruck machte Mattie Angst. Breeze musterte sie die ganze Zeit schon genauso entgeistert. "Was stimmt nicht mit euch beiden?"
Das Gelächter, das aus Jane hervorbrach, hatte einen leicht hysterischen Unterton. "Mattie, das ist unglaublich. Ich hätte nicht gemerkt, dass du es bist. Nur an deiner heiseren Stimme habe ich dich erkannt.
Breeze, du hast deinen Job wirklich gut gemacht. Sie sieht fabelhaft aus."
Um in den Spiegel zu schauen, drehte Mattie sich um, und ihr stockte der Atem. Fabelhaft traf es nicht ganz. Sie konnte den Blick nicht von ihrem Spiegelbild wenden. Die Ähnlichkeit war unheimlich. Obwohl Mattie Vorher-Nachher-Shows im Fernsehen gesehen hatte, war ihr nicht klar gewesen, dass man das Äußere einer Person so stark verändern konnte. Oder in ihrem Fall: dass es möglich war, eine Person zu einer anderen zu machen.
Die Perücke, die Breeze gefärbt und frisiert hatte, glich einem Geniestreich. Die Frisur schien die Konturen in Matties Gesicht zu verändern. Am Abend zuvor, während ihnen Breeze die dunkle Seite von
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