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Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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wie sie den Feind schlagen wollten. Damals saßen sie alle im gleichen Boot. Jetzt ging Mattie allein. Im Geiste wären Jane und Breeze bei ihr, aber sie würde die Sirene sein, die ihn auf die Felsen lockte … wenn er Matties Fingernägel nicht bemerkte.
    Warum fühlte es sich so an, als würde sie garantiert scheitern?
    "Wir wissen noch nicht einmal, ob Grace unser Mann ist." Das war Matties letzter kläglicher Einwand, und sie brachte ihn kaum heraus, bevor Janes Gesicht im Spiegel neben ihr auftauchte.
    "Richtig", sagte Jane. "Genau deshalb machen wir es ja."
    Matties Seufzen musste zustimmend geklungen haben.
    "War das ein Ja?", fragte Breeze.
    "Sehr schön." Jane klatschte in die Hände. "Dann lasst uns weitermachen. Ich habe einen Wagen für dich bestellt, der dich zu David bringt, wann immer du dazu bereit bist, Mattie. Willst du noch mal in dich gehen? Weißt du genau, was du sagen wirst? Wir könnten es noch einmal durchspielen."
    Jane, ganz Ratgeber, ganz Mutter. "Nein, es ist alles in Ordnung", erwiderte Mattie. Sie wusste genau, wie ihre Mission lautete: so viel belastendes Material wie möglich über David Grace sammeln. Jane glaubte, dass Grace O'Neill wegen des Videos getötet hatte. Wenn sie recht hatte, besaß Grace das Band entweder, oder er wusste, wo es war. Mit viel Glück würde Mattie die Kassette mit Miss Rowes privaten Sozialstudien schließlich in die Finger bekommen.
    "Warte", sagte Breeze. "Mir ist gerade etwas eingefallen. Wir sollten erst den heiligen Eid schwören, den ersten aus der Hütte. Er wird uns den Schutz der Göttin sichern."
    Mit dem Verlust der Augenbinde war Mattie auch der Glaube an Rituale verloren gegangen. Doch sie hatte keine Einwände, wenn die anderen zwei es so wollten. Im Nachhinein bezweifelte Mattie, dass sie ihre verzweifelte Mission in Rowe hätten ausführen können, wenn sie es sich damals nicht geschworen hätten.
    Sicher, sie waren noch Kinder gewesen, voller Ideale und Illusionen. Sie hatten an geheime Schwüre und Blutsbrüderschaften geglaubt. Aber jetzt, als Mattie daran dachte, konnte sie sich immer noch an das Gefühl der Macht erinnern, das die Zeremonie heraufbeschworen hatte.
    Breeze nahm Jane und Mattie an den Händen und stellte sich mit ihnen im Kreis auf. Sie übernahm die Führung und sprach mit leiser Stimme: "Ich werde meine Schwestern bis zum Tode beschützen und die Worte, die in diesem Raum gesprochen wurden, mit in mein Grab nehmen."
    Dass Breeze die lateinischen Sätze noch perfekt auswendig wusste, überraschte Mattie. Nachdem Breeze die Worte ausgesprochen hatte, sagten Mattie und Jane die Übersetzung auf.
    "
Tria juncta in uno."
    "Drei sind eins."
    "
Amicus usque ad aras."
    "Freunde bis zum äußersten Ende."
    Als sie fertig waren, entschuldigte sich Jane und versprach, gleich zurück zu sein. Einen Augenblick später betrat sie wieder den Raum und hielt einen Behälter aus dem Badezimmer in der Hand. Mattie erkannte das Herzwein-Fläschchen sofort wieder, das sie in der Akademie benutzt hatten.
    Breeze bat um eine kurze Pause und ging zu ihrer Tasche. "Schaut mal, was ich noch habe", sagte sie und zog einen winzigen Satinbeutel hervor. Darin lag eine perfekte rote Korkenzieherlocke. Ivys.
    Wir alle haben etwas von der ersten Zeremonie aufbewahrt, stellte Mattie in Gedanken fest. Sie selbst besaß immer noch die Spitze des Tannenzapfens, den sie damals für den Blutschwur benutzt hatten. Mattie trug die Spitze als Talisman an ihrer Schlüsselkette.
    Jede von ihnen nippte an dem Fläschchen, dann sprach Jane in einem feierlichen Tonfall, der Mattie an die Zeit vor dreiundzwanzig Jahren erinnerte.
    "In der alten Tradition der griechischen Mythologie wird uns die Locke unserer hingerichteten Schwester unverletzbar gegen alle Angriffe machen. Wie wir uns bemühen, ihrem Tod eine Bedeutung zu geben, bieten wir uns unterwürfig Artemis an, der Jägerin, der Beschützerin junger Frauen, die über uns wachen wird und uns in unserm Kampf leiten soll."
    "Artemis", murmelten sie.
    Um sich in den Finger zu stechen, zog Mattie das Stück des Tannenzapfens hervor. Ein winziger Blutstropfen erschien. Jane tat es ihr nach, und Mattie wertete es als gutes Zeichen, dass Breeze diesmal nicht ohnmächtig wurde.
    Als sie die Finger aneinanderführten, um das Blut zu mischen, war die Zeremonie vollzogen. Abschließend nahmen sie sich in den Arm und hielten sich fest. Mattie spürte, wie die Gefühle sie übermannten. Dagegen konnte sie wenig tun.

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