Das Internat
Stücke rissen.
Wenn Artemis Nein sagte, meinte sie es auch so.
"Oh, das habe ich fast vergessen …" Jane kramte noch etwas anderes aus ihrem Rucksack. "Ivy wollte, dass ich dir das hier gebe. Es soll dir Gesellschaft leisten, bis du wieder bei uns bist."
Der knuddelige Bär musste aus Ivys Stofftiersammlung stammen, aber Mattie wollte ihn nicht. Sie war nicht der Typ für Teddybären. Um Himmels willen – sie seilte sich von hohen Gebäuden ab! Aber sie wollte auch Ivys Gefühle nicht verletzen.
Nach einigem Zögern griff sie nach dem Bär, woraufhin Jane in ein leises Gelächter ausbrach. "Er beißt schon nicht", sagte Jane und drückte ihr das Tier in die Arme.
Mattie seufzte und drückte den Bär, mit dem Gefühl, so ungeschickt zu sein, wie Jane ihr immer unterstellte. Sie brachte ein schmerzhaftes Grinsen zustande. Ihr Knie machte ein klickendes Geräusch, sobald sie es bewegte, und in dem bandagierten Arm spürte sie einen stechenden Schmerz, aber sie hatte noch eine Frage.
Wie bist du hier reingekommen, ohne dass dich jemand gesehen hat?
Jane wurde tatsächlich rot. "Kennst du Jimmy Broud? Diesen süßen Typen aus der Stadt, der Sachen ausliefert? Er hat die Schlüssel zur Hintertür dieses Gebäudes, wo die Vorräte aufbewahrt werden. Ich habe ihn rein zufällig beim Rausgehen beobachtet."
Janes Lächeln war viel zu geheimnisvoll. Mattie kam vor Neugierde fast um, aber sie war entschlossen, nicht den Anflug von Interesse zu zeigen.
Also, hat er dich reingelassen?,
schrieb sie.
"Ja, und er hat gefragt, ob ich mir die schlafende Schöne ansehen wolle. Ich glaube, er hat dich gemeint. Aber ich habe gelogen und gesagt, dass ich nur ein Aspirin gegen meine Kopfschmerzen bräuchte. Er ist ziemlich süß, findest du nicht?"
"Nein", stieß Mattie hervor und erntete dafür einen fiesen Schmerz im Mund. Wenn Jimmy Broud sie angesehen hatte, während sie schlief, dann hatte er die vielen Schrammen und Kratzer in ihrem Gesicht gesehen, den grotesk geschwollenen Mund. Er konnte nicht von ihr gesprochen haben – und wenn, dann hatte er es bestimmt ironisch gemeint.
"Ist etwas nicht in Ordnung, Matt?"
Mattie fiel zurück in ihr Kissen. "M…müde."
"Ja, tut mir leid, ich verschwinde besser. Ich muss sowieso los zur ersten Stunde. Kommst du hier klar?"
Mattie antwortete mit einem Seufzen.
Jane wurde plötzlich ernst. Sie legte eine Hand auf Matties, was sie zuvor noch nie getan hatte. "Miss Rowe war nicht immer so grausam", sagte sie. "Erinnere dich mal an unser erstes Jahr. Wie oft hat sie uns in ihre Wohnung eingeladen, nur uns vier. Sie hat uns geschminkt und uns gesagt, dass Frauen geheime Kräfte hätten, die sie nicht nutzten. Sie hat versprochen, uns Dinge beizubringen, die die vielen Nachteile in unserem Leben wettmachen würden. Und sie sagte, wir könnten alles werden, was wir wollten. Ich habe ihr geglaubt."
Auch Mattie hatte ihr geglaubt.
"Was ist mit ihr geschehen?", frage Jane. "Warum hat sie sich so verändert?"
Mattie wusste es nicht. Als sie zu ihrer Freundin hinüberblickte, sah sie Tränen in Janes Augen schimmern. Von plötzlichem Schmerz übermannt, fühlte Matti, wie sich ihr Herz zusammenschnürte. Sie hatte keine Ahnung, was sie dagegen tun oder wie sie Jane helfen konnte. Von allen vier Mädchen hatte Jane sich die Dinge am meisten gewünscht, von denen die Schulleiterin gesprochen hatte: die Anmut und Würde, die allein der privilegierten Schicht zuzustehen schien.
"Was wirst du tun?", fragte Jane. "Ich meine Rowes Treiben hier?"
Matties Lösung war simpel, aber sie schrieb sie nicht für Jane auf. Es würde vielleicht eine Weile dauern, um sich ein paar Vorräte anzulegen, aber sie würde abhauen. Ihre Freundinnen ließ Mattie ungern allein zurück, besonders Ivy, die so zerbrechlich war und mehr Schutz als die anderen brauchte. Aber eine unbekannte Macht, vielleicht Artemis, hatte ihr die Wahrheit ins Ohr geflüstert. Wenn sie an diesem Ort noch länger bliebe, würde etwas Furchtbares geschehen. Jemand würde noch schwerer verletzt werden. Und es würde
ihretwegen
geschehen.
7. KAPITEL
M attie stieß einen stummen Schmerzensschrei aus. Sie spürte etwas Kaltes, Scharfes im Rücken. Als sie sich umdrehte und die Augen öffnete, entdeckte sie voller Entsetzen, dass jemand neben ihrem Bett stand. Ein silbernes Objekt glitzerte in der Dunkelheit, und der Mensch, der sich über sie beugte, sah unheimlich aus.
Ein Albtraum? Sie blinzelte, um ihn zu vertreiben. Aber sie
Weitere Kostenlose Bücher