Das Internat
inneren Auge auf. Mattie konnte sich diesen Gedanken nicht überlassen. Sie würden sonst nie mehr verschwinden und sie einzwängen wie ein zu heiß gewaschener Pullover, aus dem Mattie sich nicht befreien konnte.
"Mattie?"
Als sie den Flur entlang auf die Treppe zurannte, rief jemand ihren Namen. Mattie hielt inne und sah sich um. Außer einer Putzfrau, die eine Lache auf dem Boden wegwischte, entdeckte sie niemanden. Es musste aus einem der Krankenzimmer gekommen sein. Mattie ging zurück und spähte in die Zimmer. In einem Raum war der Vorhang um ein Krankenbett zugezogen worden.
Mattie trat ein und zog den Stoff zurück – und wurde beinahe ohnmächtig. "Jameson?"
Blass und erschöpft, aber sehr lebendig, lag er im Bett. Ihr erster Gedanke war, dass er nicht ihren Namen gerufen haben konnte. Vielleicht hatte sie es sich eingebildet. Er schien verwirrt zu sein, misstrauisch, sogar distanziert, so als wäre er gerade aus einem Albtraum hochgeschreckt. Ihr zweiter Gedanke galt den weißen Kopfkissen. Sie bildeten den perfekten Kontrast zu Jamesons schönem dunklen zerzausten Haar.
"Man hat mir gesagt, dass jemand mich hierhergebracht hat." Er schien in Matties Gesicht nach Antworten zu suchen. "Eine Frau. Warst du es?"
Nachdem der Arzt während der Visite eine vollkommene Heilung für Jameson vorausgesagt hatte, saß Mattie nun still neben dem Krankenbett und versuchte, das Geschehene zu verarbeiten. Dass sie begonnen hatte, die Hoffnung zu verlieren, wurde Mattie klar. Weil sie ihn beinah aufgegeben hatte, fühlte es sich seltsam an, ihn zurückzuhaben.
"Tun deine Verletzungen sehr weh?"
"Nur wenn ich atme, sagen sie jedenfalls."
Vielleicht liegt es an den Schmerzen, versuchte Mattie, sich zu beruhigen. Jameson erschien ihr immer noch distanziert und wachsam, er war nicht er selbst. Aber was hatte sie auch erwartet? Wegen der schweren Verletzungen war er tagelang bewusstlos gewesen. Er war durch die Hölle gegangen.
Sie konnte nicht aufhören, über den Kontrast zu staunen, den das weiße Bettzeug zu den dunklen Schatten auf Jamesons Gesicht bildete. Die Arme auf der Matratze, lag Jameson auf dem Rücken. Wie gern hätte Mattie ihn berührt, vielleicht um sich zu vergewissern. War seine Haut warm? Die feinen Härchen auf den Armen immer noch so seidig? Mattie gab dem Drang, ihn anzufassen, nicht nach. Es schien seltsam, dass es nur Tage her war, dass sie miteinander geschlafen hatten. Wilden Sex erlebt hatten. Nackt zusammen gewesen waren. Ungehemmt hatten sie sich angesehen und berührt. Jetzt konnte Mattie ihm nicht einmal eine Hand auf den Arm legen.
"Du weißt, dass deine Lebenslinie dies vorhergesagt hat", sagte sie, um die Stimmung aufzuhellen. "Erinnerst du dich an die Unterbrechung, von der ich dir erzählt habe?"
"Ah, ja, der Unfall, der mich umbringen könnte."
"Nur dass er das nicht getan hat."
Ein schwaches Lächeln. "Heißt das, dass ich mich von jetzt an frei bewegen kann?"
"Absolut."
Von mehreren Kissen gestützt, hörte Jameson Mattie zu. Sie schilderte, was in Grace' Villa passiert war und dass Tansy Black möglicherweise einige Menschen außer ihrem eigenen Vater getötet hatte, seinen Bruder eingeschlossen.
"Sie wollte etwas beweisen", erklärte Mattie, "und offenbar war es ihr egal, wer dafür sterben musste. Du hast Glück gehabt."
Er beobachtete sie. "Es gab einen Moment, in dem ich dachte, dass du es sein könntest", gab er zu. "Tansy hatte mich so gefesselt, wie die Frau, die auf dem Zeitschriftencover in meiner Sammlung abgebildet ist."
Vielleicht hätte es Mattie nicht entsetzen sollen, dass er sie verdächtigt hatte. Aber sie war es. Deshalb hatte er auf sie so seltsam gewirkt. Wie Jameson zu diesem Schluss gekommen war, selbst angesichts der Beweise, verstand Mattie nicht. Andererseits war sie von ihrem Misstrauen ihm gegenüber verfolgt worden – sogar nachdem Jane überzeugend dargelegt hatte, warum sie David Grace für den Mörder von Broud und O'Neill hielt.
Mattie erwiderte seinen forschenden Blick. Ihr wurde klar, dass sie sich trotz der körperlichen Leidenschaft emotional nie nähergekommen waren. Vielleicht hatte sie es sich gewünscht, zugelassen hatte Mattie es nicht. Bevor der Täter gefasst worden war, hatten Jameson und Mattie sich nicht vertraut, möglich, dass sie es noch nicht einmal jetzt taten.
Weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, erzählte sie ihm noch mehr Details.
"Tansy muss uns beide ausspioniert haben", erklärte sie. "Sie
Weitere Kostenlose Bücher