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Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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Blick. Seine Iris lag irgendwo zwischen Lavendel und Grau, eine der schönsten, ungewöhnlichsten Farben, die Mattie jemals gesehen hatte.
    "Was könnten Sie denn über mich wissen wollen?" Das fragte sie aus vollem Herzen. "Ich lebe ein sehr durchschnittliches Leben. Richter sind nun einmal keine Stars."
    "Die meisten nicht."
    Sie legte ihre Tasche auf den Tisch. "Soll das heißen, ich schon? Ich habe einige kontroverse Artikel verfasst, aber das haben viele Richter des Neunten Gerichts. Und da reiche ich Reinhardt und Kozinski nicht das Wasser."
    "Sie haben offenbar nichts von dem Wettbewerb gehört."
    "Wettbewerb?"
    "Ja, im Internet. Sie sind die Hauptattraktion."
    Bloß keine Details, dachte Mattie.
    Natürlich erzählte er es ihr trotzdem. "Heute Morgen waren Sie die haushohe Favoritin beim Kampf um den Titel 'Schärfster Feger des Bundesgerichts'. Dabei haben Sie eine starke Konkurrenz. Sie treten gegen einundzwanzig Bundesrichter – Männer und Frauen – an, von denen behauptet wird, dass sie den 'Schönsten Stars' entsprechen, die das
People Magazine
immer auflistet."
    Mattie legte die Fingerspitzen aufeinander und riss sich zusammen, so wie jede besonnene Person es unter diesen Umständen tun würde. Sie könnte ihn rauswerfen lassen, aber er war ein Journalist. Nicht, dass sie das besonders interessieren würde. Es war etwas anderes, das ihr sagte, sie solle ruhig sein und zuhören – ein kribbelndes Gefühl im Nacken, das zu beachten sie gelernt hatte.
    "Ich gebe nur wieder, was ich gelesen habe", sagte er, ohne einen Gedanken an das sprichwörtliche Schicksal des Überbringers schlechter Nachrichten zu verschwenden. "Auf der Website gibt es außerdem einen großen Klatsch & Tratsch-Bereich. Die Namen werden ausgeblendet. Trotzdem erkennt man sehr leicht, wer gemeint ist, wenn es um die Süße des Neunten Gerichts geht, die bei ihren männlichen Kollegen gleichermaßen für philosophische Ergüsse wie Herzrasen sorgt."
    "Männliche Kollegen?" Mattie lächelte kühl. Miss Rowe wäre begeistert gewesen.
    "Ja, gibt es dazu vielleicht mehr zu erzählen?"
    "Offensichtlich nicht, sonst hätten Sie es dort ja lesen können." Sie beendete das Thema mit einem schroffen Tonfall, um ihn in seine Schranken zu verweisen. "Irgendwer hat da offensichtlich zu viel Freizeit. Wenn ich in dieser Woche die Attraktion bin, ist es nächste Woche Richterin O'Connor."
    Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er versuchte, den Faden wiederzufinden und dass er außerdem gern einen unauffälligen Blick auf ihren kakifarbenen Rock und ihre weiße Bluse werfen würde.
    Mattie war froh, dass sie ihre klassischen Pumps trug. Nur Ballerinas wären besser gewesen. Sie hätte gern gegrinst. So gern gegrinst!
    "Ich bin nur das Thema der Woche", sagte sie, als sei die Angelegenheit damit beendet.
    Aufmerksam sah er sie an. Gemächlich ging er zum einzigen Gästesessel des Raumes, setzte sich und beobachtete sie noch genauer.
    Mach weiter, frag schon, dachte sie. Sie würde vorgeben, nicht darüber reden zu wollen, und er wäre nicht mehr in der Lage, an etwas anderes zu denken.
    Da wollte sie ihn haben.
    Sie hatte alles unter Kontrolle und hätte sich in dieser Situation normalerweise wunderbar gefühlt. Beim Blick in seine Augen stellten sich ihr die Nackenhaare auf – als würde seine Anwesenheit den Raum elektrisch aufladen.
    "Ich könnte Ihnen zustimmen, was das Thema der Woche angeht", sagte er schließlich, "wenn Ihr Name nicht regelmäßig auch in der seriösen Presse auftauchen würde. Wegen Sunshine Toys zum Beispiel."
    Er sprach über einen Prozess im Neunten Gericht, in dem ein Verstoß gegen das Urheberrecht verhandelt worden war. Ein Künstler hatte die beliebteste Puppe des Spielzeuggiganten Sunshine Toys benutzt, um in einer Ausstellung darauf hinzuweisen, dass der Gewalt gegen Frauen immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt werde. Die Installation des Künstlers deutete Fesselspiele und erzwungene sexuelle Praktiken an. Weil sie die Arbeit für anzüglich hielten, hatten die Verantwortlichen der Firma geklagt, das positive und gesunde Image der Puppe sei beschmutzt worden.
    Das Gremium der drei Richter, dem Mattie angehörte, sah keine Grundlage für einen Verstoß gegen das Urheberrecht. In ihrem Gutachten hatte sie damit argumentiert, dass derartige Darstellungen eine verfassungsmäßig geschützte Form der freien Meinungsäußerung seien. In ihrem Fazit hatte Mattie der Spielzeugfirma noch einen Denkzettel verpasst, indem

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