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Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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der der Club der einsamen Mädchen gegründet wurde. Es war ihr erstes Jahr in der Rowe-Akademie gewesen. Die Direktorin hatte den festen Entschluss gefasst, die vier Stipendiatinnen unter ihre Fittiche zu nehmen. Sie hatte sie in ihr Apartment zu einer Orientierungsstunde eingeladen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich an ihr neues Zuhause zu gewöhnen, und um die Entwicklung ihrer sozialen Fähigkeiten zu fördern. Das dachten sie zumindest. Die vier Mädchen freuten sich über diese Sonderbehandlung, sogar Mattie. Sie waren gut gelaunt und voller Erwartungen. Die Zukunft strahlte. Alles war perfekt.

16. KAPITEL
    R owe-Akademie
    Herbst 1980, Einführungssemester
    "Seht in die Spiegel, Ladys. Schaut genau hin und sagt mir, was ihr seht. Ich hoffe sehr, es ist nicht unhöflich, ungeschliffen oder ungezogen. Das mag gewöhnlich und häufig anzutreffen sein, aber darum geht es hier auf der Rowe-Akademie nicht. Wir sind würdevoll und wohlerzogen. Wir sind Schwäne. Wir sind stolz."
    Mattie blickte in den Handspiegel, den ihr die Schulleiterin gegeben hatte, und suchte nach den Anzeichen eines Schwans. Sie wollte nicht das hässliche Entlein der Gruppe sein, aber es sah nicht gut aus. Im Spiegel sah sie zugekniffene Augen, zusammengezogene Brauen und vor Bestürzung aufeinandergepresste Lippen.
    "Kannst du etwas erkennen?", flüsterte sie Jane Dunbar zu, die neben ihr auf Miss Rowes Wohnzimmersofa saß. Aus irgendeinem mysteriösen Grund hatte die Direktorin Mattie, Jane und die anderen zwei Stipendiatinnen an diesem Abend zu einer Unterhaltung bei einer Tasse Tee in ihre Wohnung eingeladen. Mattie hatte angenommen, dass es sich dabei um eine Orientierungsstunde für neue Schülerinnen handle. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, warum Miss Rowe nur sie vier ausgewählt hatte. Und weil sie außer den Gerüchten, die auf dem Campus kursierten, praktisch nichts über die Direktorin wusste, hatte Mattie keine Ahnung, was sie erwarten würde.
    "Möchte mir vielleicht jemand sagen, was er gerade sieht?", fragte Miss Rowe.
    Breeze Wheeler hob die Hand, was Mattie nicht fair fand. Breeze hatte einen goldenen Heiligenschein von Haar, der sie wie ein Engel aussehen ließ. Sie war eine Naturschönheit – und so verrückt nach Jungs, dass Mattie den Engel-Vergleich sofort wieder infrage stellte. Matties eigene Mutter hatte genauso gern geflirtet wie Breeze, und die meisten ihrer Nachbarn hatten deshalb keine gute Meinung von Lela Smith gehabt.
    In Breezes Stimme schwang Atemlosigkeit mit. "Ich sehe ein Mädchen, das mehr als alles andere ein Schwan sein möchte", sagte sie.
    Die Worte zauberten ein Lächeln auf Miss Rowes Lippen, die pflaumenrot glänzten, passend zu ihrem eleganten langen Rock und dem Rollkragenpullover. Mattie hatte das Gerücht gehört, dass Miss Rowe noch keine dreißig sei. Einige Leute vom Verwaltungsrat der Schule vertraten die Ansicht, dass eine Direktorin älter sein sollte. Vielleicht war Miss Rowe deshalb manchmal so schroff.
    Andererseits
war
Miss Rowe die Akademie. Die Gebäude und Grundstücke gehörten ihrer Familie seit Generationen. In der kleinen Schule tuschelte man darüber, dass Miss Rowe seit ihrer Geburt dort lebe und sich gegen die Stiftung des Gebäudes für Lehrzwecke gewehrt habe. Ihre Großmutter hatte es angeblich trotzdem getan und die Enkeltocher damit vor die Wahl gestellt: Sie solle die Schule entweder leiten oder sich nach einem anderen Wohnort umsehen.
    Miss Rowe tippte mit den Fingern der einen Hand in die Innenfläche der anderen – die Andeutung eines Applauses. "Sehr schön, Miss Wheeler. Wer möchte als Nächste etwas sagen?"
    Keiner sprach ein Wort. Breeze strahlte vor Zufriedenheit, während Mattie und die anderen zwei Schülerinnen in schmerzhafter Anspannung warteten. Statt ihre schweigsamen Gäste anzustarren, ging Miss Rowe einige Schritte durch ihr rundes Wohnzimmer, strich die Spitzendecke auf ihrem Flügel glatt, zupfte an einem Löwenmäulchen in einem Strauß frischer Blumen und ließ die Hand liebevoll über einige Möbelstücke gleiten.
    An einem prunkvoll verzierten Vogelkäfig hielt sie inne und schob einen Finger durch die Stäbe, um den hellgrünen Sittich zu streicheln.
    Mattie hatte gehört, dass die Direktorin alles Englische so sehr liebe, dass sie altmodische Teestunden in ihrem Apartment abzuhalten pflege. Das Turmzimmer hatte sie wie einen viktorianischen Salon eingerichtet, mit einem Kamin, der von geschnitztem Mahagoni umrahmt war. Vor den

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