Das Isaac-Quartett
Seele. Jetzt ist er ein Sklave. Seiner Exfrau gehören die Zähne in seinem Mund. Leo läuft mit Eiern rum, die bis auf den Boden hängen. Er kommt mit den Alimenten nicht mehr nach.«
»Ich könnte fünfhundert Dollar zusammenkratzen, Isaac. Wie viel braucht er?«
»Bitte, Papa, sprich nicht über Geld. Glaubst du, ich würde diesem blöden Sack nicht helfen? Er nimmt keinen Cent. Er genießt sein Unglück.«
Isaac stieg die Treppe o-beinig hinunter. Der Wein hatte seinen Nacken gerötet. Er tastete sich an den Wänden entlang und kicherte wie ein dummer kleiner Junge, der seinem Vater davongelaufen ist. Während er schwankend über die feuchte blaue Erde im Hof seines Vaters ging, wurde er nachsichtig gegenüber Joel. Seine Mutter hatte schon längst gesponnen, als Joel sie verlassen hatte. Sie hatte in Mülltonnen gewühlt und aufgeweichte Pappdeckel und hässliche Kordeln gesammelt, als Joel noch seine Millionen besaß. Isaac liebte sie; er mochte den Plunder und die Araber, die sie mit nach Hause brachte, Bettler, gescheiterte Musikanten und Köche, die keine Anstellung mehr fanden, nachdem sie Straßenkehrer auf der Atlantic Avenue gewesen waren; doch warum hätte sein Vater freiwillig bei einer Frau bleiben sollen, die immer einen Schnurrbart und Rost an den Fingern hatte, der sich nicht abwaschen ließ?
Isaac mochte Mauricette. In seinen Augen war sie keine böse Stiefmutter und kein simples Anhängsel seines Vaters, keine künstliche Ehefrau. In diesem einen schäbigen Zimmer vermischte sie ihre Spucke und ihr Blut mit Joel.
Isaac machte sich auf den Rückweg zu seinem Hotel bei der Place Vendôme. Er versuchte zu schlafen; das metallische Klicken des Telefons drang durch seine Benommenheit. Die Hilfe der Überseevermittlung erübrigte sich. Er erkannte Coens nasales Hallo.
»Komm nach Hause, Isaac. Deiner Mutter ist etwas zugestoßen.«
4
Eine Invasion von Stoßtrupps fand sich im Präsidium ein. In den Gängen, den Umkleideräumen und den Klos stolperte man über sie. Sie versammelten sich bei den Marmorsäulen im Erdgeschoss, lutschten ständig bittere Halstabletten, Männer in schwarzen Ledermänteln mit schmutzigen Augen. Sie kläfften sich gegenseitig an und gingen ruppig mit den Inspektoren niederen Rangs und den Büroangestellten um, von denen sie wegen der Unmengen schwarzen Leders die »Krähen« oder die »Leichenbestatter« genannt wurden. Die »Krähen« arbeiteten für miteinander konkurrierende Abteilungen. Sie waren Rivalen, Elitetruppen, die dem Chief of Detectives, dem First Deputy und dem Police Commissioner selbst unterstellt waren. Der PC hatte sich ungewöhnlich grob ausgedrückt: Er wolle die Drecksäcke kriegen, die Sophie Sidel verwundet hatten.
Isaac ging den Lederknaben aus dem Weg. Wenn sie den Chef zu Gesicht bekamen, verteilten sie sich hinter den Säulen. Isaac hatte seinen eigenen Trupp, Jungen ohne Ledermäntel, blauäugige Detectives, gute Schützen, die kein Hohnlächeln kannten. Er trat in sein Büro, das dem von »Cowboy« Rosenblatt gegenüberlag, dem jüdischen Chief of Detectives. Isaac war nur drei Tage fort gewesen; dennoch war sein großer Schreibtisch mit Memoranden und persönlichen Notizen beladen, mit Beileidsschreiben aller irischen Bosse im Präsidium und von Newgate, dem FBI-Mann, der Gin Rommé mit dem First Dep spielte, von Barney Rosenblatt und dem PC, außerdem eine altmodische, blaue Karte mit dem feinen Gekritzel von First Deputy O’Roarke. Sein Telefon läutete schon seit einer Stunde ununterbrochen. Er hielt den Hörer an seine Wange und knurrte seinen Namen: Ihm war nicht nach Mordecai zumute.
»Ich habe gehört, was deiner Mutter passiert ist, Isaac. Die ganze Nachbarschaft hat sich bewaffnet. Wir bilden Patrouillen, Isaac. Auge um Auge zahlen wir es ihnen zurück. Wie geht es Sophie?«
»Sie liegt noch im Koma.«
»Sophie ist ein zähes Mädchen. Sie kommt bestimmt durch.« Isaac kannte die Gewohnheiten eines alten Freundes. Mordecai rief ihn nicht im Büro an, um über Sophie zu plaudern. Dieser Mordecai war heikel. Mit Sicherheit wollte er auf etwas anderes raus.
»Geht es um Honey?«, fragte der Chef. »Sie ist doch nicht etwa schon wieder nestflüchtig? Ich kann sie jetzt nicht aufgabeln. Aber ich kann dir Brodsky leihen. Oder Coen.«
Isaac vernahm ein Geräusch, von dem er nicht wusste, ob es Mordecais Seufzen oder ein elektronisches Zischen war. »Honey ist zu Hause – es geht um Philip. Kannst du ihn besuchen? Er ist in einer
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