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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Hexer. Ihre Babys könnten sich missbilden und mir geben sie die Schuld. Was hat er gegen die italienische Rasse? Hält er Sizilien für das Land des Teufels? Die Hälfte meiner Häuser haben kaputte Toiletten. Ich schwimme mit meinen Klempnerstiefeln in Scheiße und dieser Schmock redet von organisiertem Verbrechen.«
    »Beschwer dich bei Cowboy, nicht bei mir. Cowboy liebt das FBI.« Isaac sog mit seinen Zahnlücken am Tassenboden. »Amerigo, sieh zu, dass deine Schläger auf deiner Seite der Bowery bleiben. Wenn ich sie in der Nähe der Essex Street erwische, sind sie nicht mehr in der Verfassung, weiterzusuchen.«
    Als er aufstand, war sein Kopf frei von destruktiven Fantasien. Er wollte nicht mehr auf Dominosteine spucken, die Espressomaschine zertrümmern, die Garibaldis aufs Revier bringen. Er hegte keinen Groll gegen Amerigo Genussa. Er lief um die Tische herum und landete auf der Straße.
5
    Marilyn klagte nicht über ihre Mittellosigkeit. Während sie zwischen dem Bellevue, Coens Wohnung und dem Gefängnis in der Crosby Street pendelte, reduzierte sie ihre Probleme auf eine reine Frage der Logistik: Wie konnte sie auf dem Turf ihres Vaters ihrem Vater aus dem Weg gehen? Sie saß bei ihrer jüdischen Großmutter im Bellevue, von Flaschen und Schläuchen umgeben, die Sophies Organismus den Unrat entziehen und lebenswichtigen Zucker in ihren Körper tröpfeln konnten. Sophies blaue Flecken hatten eine gelbliche Färbung angenommen. Sie war nicht vollständig im Koma. Manchmal erwachte sie aus ihrem Schlaf, sah stirnrunzelnd auf die Schläuche in ihrer Nase und gab Marilyn mit ihrer trockenen Zunge Zeichen. Marilyn konnte nicht abschätzen, was Sophie mitbekam. Rief Sophie nach einer Krankenschwester oder formte der Mund »Kathleen«, den Namen von Marilyns Mutter?
    »Ich bin es, Oma Sophie. Kathleens Tochter. Deine Enkelin Marilyn.«
    Sie floh die Blicke der Assistenzärzte und Krankenpfleger auf ihren Rundgängen. Isaac konnte hinter der Tür stehen. Ihm stand eine ganze Liste von Spionen zur Verfügung, die sie in die Falle locken konnten; Männer in Arztkitteln, gepuderte Detectives mit falschen Schnurrbärten, die mit einem Finger auf Isaacs magere Tochter zeigen und nach dem Chef plärren würden. So ein Typ trieb sich auf der Crosby Street herum. Sie brachte Onkel Leo Plätzchen, die sie aus dem Mehl von Coens Vorrat gebacken hatte. Der Mann hatte Holzkohle um seine Lippen geschmiert. Er versuchte einen Penner nachzuahmen, blies die Knöchel an, zog an den Fäden seines Mantels und biss Wollfusseln aus seinem krumpligen Schal. Marilyn lachte über die Schnitzer in seiner Verkleidung. Die Füße des Bullen waren geschützt: Nur ein Polizeipenner lief in Florsheim-Schuhen rum.
    Eine Falte in der Augengegend verwirrte Marilyn. »Brian Connell«, sagte sie, ohne verlegen zu werden. Sie kannte ihn aus ihrer Schulzeit. Es hatte einige Herzallerliebste in ihrem Leben gegeben. Brian zählte dazu.
    »Mary?«, sagte er. Er verstand nicht, wie die Kleine ihn mit diesem Mantel und Schal und dem geschwärzten Gesicht problemlos identifizierte.
    »Ich bin Marilyn. Marilyn Sidel.«
    Der Bulle blies wieder auf seine Fingerknöchel. Er hatte ein prächtiges Gebiss. Erinnerungen an Marilyn taten seinem kohlegeschwärzten Teint Abbruch. Seine Wangen brannten, als er sich an ein knochiges Mädchen mit großen Titten erinnerte.
    »Das ist ja verrückt, Marilyn. Treff ich dich im dunkelsten Manhattan. Ich bin von den Anti-Crime-Boys. Die Bosse sitzen uns im Nacken. Die bringen uns um, wenn wir die dreckigen Hunde nicht finden, die deine Großmutter niedergeschlagen haben. Deshalb habe ich diese Bowery-Klamotten an.«
    Marilyn kam sich albern dabei vor, einem längst verflossenen Freund die Hand zu schütteln, jemandem, der vor elf Jahren ihr Fleisch geleckt hatte. Brian war im Umgang mit ihr nie zimperlich gewesen; jetzt wippte er auf seinen Florsheim-Schuhen und hatte die Knöchel im Mund. Er fürchtet sich vor meinem Vater, dachte Marilyn. Sie zeigte ihm die Plätzchen. »Die muss ich zu meinem Onkel bringen. Bis demnächst, Brian. Tschüss.«
    Brians Kiefer arbeiteten. Er ließ Marilyns Hand nicht los und musste ein Knie vorschieben, um seine Erektion vor ihr zu verbergen.
    »Sei nicht so kurz angebunden, Marilyn. Wir könnten Marble Hill und die nördliche Bronx zwischen uns aufteilen. Wir haben die gleiche ausgeflippte Vergangenheit. Trink ein Bier mit mir.«
    Brian erwog eine schnelle Romanze. Wenn er an Marilyn rankam,

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