Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
Vom Netzwerk:
Murrays Karriere als Obstverkäufer, indem er viertausend Dollar in den Stand gesteckt hatte. Murray hatte keine Zeit für das Obst. Frauen aus der Nachbarschaft prellten ihn um ganze Säcke von Mandarinen. Er war beauftragt Ferrara nachzuspionieren; Newgate war der Meinung, dass die Dons der Grand Street ihre Geschäfte über Ferraras Kaffeetassen und seinen Tabletts mit sizilianischem Gebäck abwickelten. In Little Italy wusste jedes kleine Kind, dass Murray Baidassare ein Spitzel war. Er blieb am Leben, weil er Newgate nichts Neues zu berichten hatte. Amerigo persönlich aß von Murrays Mandarinen.
    Beim Anblick Isaacs prallte Murray von dem winzigen Fenster seines Obststands zurück. Er bekam einen derartigen Schluckauf, dass Isaac sich gezwungen sah, ihm einen Fausthieb in die Schulter zu versetzen, damit der Obstverkäufer seine Sprache wiederfand. Die Mandarinen zeigten einen Hauch von Scharlachrot; ihre Schalen bluteten für Isaac. Er schnappte sich eine, die Schale riss unter der Kraft von Isaacs gelbem Nagel auf. Der Nektar war bis auf die Häutchen, die die Schnitze trennten, gefroren.
    »Chef«, sagte Murray, »warum kommst du her? Willst du meine Leiche sehen?«
    Isaac leckte sich die Finger ab. »Ganz ruhig, Murray. Amerigo weiß, dass du mit mir verheiratet warst. Er tut dir nichts.«
    »Es geht nicht um Amerigo. Es geht um das FBI. Newgate wird mich zum Krüppel schlagen. Für wie blöd hältst du ihn? Er kann es sich selbst ausrechnen. Die Berichte, die er von mir kriegt, sind ein Haufen Mist. Er wird sagen, ich, du und Amerigo tanzen ihm auf dem Kopf herum.«
    »Weißt du nicht mehr, dass ich dich ins Geschäft gebracht habe, Murray? Beschwer dich nicht. Inzwischen bist du eine Berühmtheit. Außer dir hat noch niemand einen Obststand aus dem FBI rausgeleiert.«
    »Isaac, ich flehe dich an, hol mich da raus.«
    Isaac legte die angeschlagene Mandarine wieder in Murrays Auslage.
    »Erzähl mir was, Murray. Du siehst, was auf der Straße vorgeht. Hat Amerigo kürzlich Schläger engagiert?«
    Murrays Blicke wanderten von der Decke zu Isaacs Schuhen.
    »Ich glaube schon.«
    »Wie viele, Murray?«
    »Drei oder vier.«
    »Sind es Kinder, die noch an Lutschern nuckeln? Eins davon ein Mädchen? Hat er sie ausgeschickt, auf meiner Mutter rumzutrampeln?«
    Über Murrays Wangen liefen Schauer, die jede Möglichkeit eines Bluffs ausschlossen. »Deine Mutter, Isaac? … Davon hat mir Newgate nichts gesagt. Wer könnte so was Furchtbares tun?«
    Isaac bog um die Ecke. Murray war hinter der Glasscheibe gefangen, mit Mandarinen bis zu den Lenden, sein Hals verrenkt und steif und sein Gesicht erstarrt: trübe, schielende Augen in Höhlennestern. Er stand auf dem Abstellgleis, ein Spion, den Isaac künstlich hergestellt, gehegt und gepflegt und ausrangiert hatte, und dann hatte er ihn dem FBI angedreht.
    Der Chef machte sich Gewissensbisse wegen Murray. Aber Newgate hatte keine Ruhe gegeben; er wollte einen von Isaacs berühmten Spionen haben, und Murray war derjenige gewesen, auf den Isaac verzichten konnte. Er ging an den Spielclubs der Mulberry Street vorbei. Breite Streifen grüner Farbe schützten die Fenster vor jedem Einblick, das unvermeidliche »NUR FÜR MITGLIEDER« war in das Grün gekratzt.
    Isaac trat in die Räume des Garibaldi-Clubs. Die Mitglieder funkelten ihn böse an, aber niemand warf ihn raus. Die Garibaldis duldeten seinen Polizistengeruch, seine geschmacklose Krawatte, seine Kalbslederschuhe, seine orangen Socken und die Entweihung ihrer Räumlichkeiten durch eine Pistole. Es waren hauptsächlich Männer über sechzig, die in Angoraunterwäsche steckten, wie man an den Knöcheln und den Handgelenken sah. Sie tranken schwarzen Kaffee und Anisschnaps oder Cappuccino aus Garibaldis großer Maschine.
    Knurrlaute stiegen aus Isaacs Magen auf. Er war süchtig nach Kaffee mit schäumender, heißer Milch. Bleeckers und MacDougals Espressobuden mied er, auch das Cafè Borgia, in dem man einen Kaffee vorgesetzt bekam, der von geschlagener Sahne ertränkt wurde, das Verdi mit seinen Schokoladenraspeln im Schaum und das Reggio, das einen brauchbaren Mokka ausschenkte, aber sonst so gut wie nichts. Isaac ging zu Vinnies Kantine in der Sullivan, um seinen Cappuccino in einem einfachen Glas zu genießen, oder zu Manganaro an der Ninth Avenue, wenn er dazu aufgelegt war, sich mit dem Mann hinter der Theke zu kabbeln, der nur missmutig den Hebel der Espressomaschine betätigte.
    Das Kaffeearoma im Innern des

Weitere Kostenlose Bücher