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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Garibaldi-Clubs, durch die Heizungsluft verdichtet, konnte einen Bullen zum Wahnsinn treiben. Bei den Garibaldis gab es den besten Cappuccino New Yorks. Das konnte man nicht mehr den Wundern einer Maschine zuschreiben, die sensationellen Schaum produzierte und kochendes Wasser durch eine dichte Lage gemahlenen Kaffee presste. Es war die Hingabe der Garibaldis selbst, die Cappuccino nie als etwas angesehen hätten, was man für Geld kaufen kann.
    Amerigo Genussa saß in einem überwältigend roten Hemd mit weiten Ärmeln zwischen den Garibaldis. Er war nicht älter als Isaac. Um seine Augen zogen sich Narben von Kämpfen, die er in den Küchen Little Italys ausgefochten hatte. Er konzentrierte sich ganz auf sein Dominospiel.
    Isaac beschloss, das Schweigen des Garibaldi-Clubs nicht zu brechen. Er wollte die Dominosteine, die Cappuccinotassen, den Hass, den Amerigo gegen ihn hegte, aussitzen. Doch die pfeifende, heiße Heizungsluft heftete sich an Isaac an, schlug sich auf der Haut hinter seinen Ohren nieder. Isaac spürte, wie die Röte von Amerigos Hemd in seinem Mund zur Bitterkeit wurde, und er konnte die trockene Oberfläche der Dominosteine schmecken. »Willst du Kaffee, Isaac?«
    »Nein.« Amerigo nahm zwei Tassen aus dem Regal. Heimlich und ohne jedes Beben der Nasenflügel beobachtete Isaac das Zubereiten des Kaffees. Die Maschine erbebte unter einem saugenden Geräusch, als Amerigo die Milch heiß machte. Er bog den Hebel um, und aus zwei Metallzapfen ergoss sich Kaffee.
    »Es verletzt meine Gefühle, einen mürrischen Mann in meinem Club zu sehen. Bleib draußen, wenn du nicht lächeln kannst.«
    Er schob Isaac eine Tasse hin. Der Chef starrte die Schaumblasen auf der Milch an. »Beiß dir an mir die Zähne aus, Wirt, aber wehe, du kommst meiner Mutter noch einmal zu nahe. Ich werde dich so langsam töten, dass dir das Hirn aus den Ohren sickert, ehe du Gelegenheit findest, zu sterben.«
    »Isaac, ich glaub, du hast ’n Arsch offen. Wenn ich an deine Mutter gewollt hätte, hätte ich die Sache nicht verpatzt.«
    Die Garibaldis ließen ihre Dominosteine durch die Finger gleiten, während Isaac und Amerigo über den Cappuccinotassen Gesichter schnitten.
    »Erzähl mir bloß nicht, du hättest keine Schläger angeheuert.«
    »Klar tu ich das. Glaubst du, außer deiner Mutter gibt es keine Verluste? Die kleinen Ärsche sind in mein Revier gekommen, haben Mrs. Pasquino eins auf den Kopf gegeben, ihre Bäckerei demoliert und sind heimgerannt ins Judenviertel, damit sie ihren koscheren Quatsch essen können. Ich brech ihnen die Füße!«
    »Willst du damit sagen, dass es eine Bande von Talmud-Schülern ist, Amerigo? Ein jüdischer Karate-Club? Den Bären kannst du jemand anderem aufbinden.«
    »Zwei davon sind jiddisch. Definitiv. Ein Junge und ein Mädchen. Der letzte ist so ’ne Art Nigger. Wenn er kein Bimbo ist, dann ist er Türke oder Japs. Ganz bestimmt, Isaac.«
    Isaac grub seinen Kiefer in die Cappuccinotasse. Er lutschte den Kaffee und der Geschmack der gebräunten Milch entlockte ihm ein Schnurren. »Amerigo, die Kinder übernehme ich. Ruf deine Killer zurück.«
    »Ausgeschlossen, Isaac. Was gibt es da zu streiten? Wir sind beide Soldaten. Du hast dein Revier, ich meins. Wie geht es deiner Tochter? Läuft die Ehe diesmal glatt?«
    »Ihr geht es gut«, sagte Isaac mit Kaffee zwischen den Zähnen. »Sie hat einen Architekten.« Hätte er dem Wirt etwa erzählen sollen, dass Marilyn nicht zu bändigen war? Dass sie auf freier Wildbahn herumlief, während die Lollipops in den Straßen auf der Lauer lagen.
    »Und was ist mit deinem Bruder Leo? Hat er den Ärger hinter sich?«
    »Leo geht es gut.« Der Kaffee sickerte durch Isaacs Organismus, schwappte in seine Tränensäcke, und die Haut auf seinen Knien straffte sich. Für einen zweiten Cappuccino hätte Isaac seine Tochter verkauft. Die Garibaldis hatten ihn in der Hand.
    »Isaac, ich habe gehört, dass dein kleiner Freund jetzt selbst ein Kissen im Präsidium hat. Jetzt braucht er nicht mehr auf dem Schoß des Commissioners zu schlafen.«
    »Ich habe mehr kleine Freunde, als ich zählen kann, Wirt. Von welchem redest du?«
    »Von Newgate.«
    »Himmel«, sagte Isaac und erwachte aus seinem Kaffeedämmer. »Was kann dir Newgate anhaben? Der ertrinkt in einer Pfütze, wenn der Polizeichef ihn nicht an der Hand hält.«
    »Er schadet meinem Ruf, Isaac. Mit seinen hässlichen Augen erschreckt er junge italienische Mütter. Die Mütter sagen, Newgate ist ein

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