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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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kleinere Junge, der zwischen Ida und Esther Rose eingekeilt war, brachte Ida aus Esthers Reichweite. »Nimm Vernunft an«, sagte er. »Dieser Mann ist zu schweinisch für dich. Dem kommt die Scheiße zu den Ohren raus. Einen Namen hat er sich gemacht, weil ganz New York vor ihm gekrochen ist. Jetzt rächt sich die Stadt an ihm.«
    »Ficken wir sie«, krächzte Esther. »Ficken wir sie unter ihren fettigen Kleidern … das muss einem so vorkommen, wie wenn man Harpunen in einen Wal sticht. Ich wette, sie ist voll mit Hafergrütze.«
    Sie versetzte Ida einen Handkantenschlag. Der größere Junge verzog sich noch weiter und riss mit einer Schulter Metallstückchen von den Briefkästen ab. Esther versetzte dem anderen einen Rippenstoß. »Bist du dabei, Rupe?«
    Er fing Esthers Hiebe mit dem Ellbogen ab. »Wir gehen jetzt … komm schon.«
    Sie schoben Ida tiefer ins Treppenhaus und stopften sie in den Ritz hinter einer Tür. Dann rannten sie mit wehenden Masken gemeinsam auf die Straße. Ida wimmerte nicht. Etwas hielt sie hinter der Tür. Es war nicht wirklich Angst. Sie wusste nicht, wer unter den Masken steckte. Was wollten sie von Isaac und ihr? Sie wünschte, sie könnte sich in der verräucherten Luft des Restaurants ertränken. Ida liebte den Geruch von Lachs und gebackenem Hüttenkäse. Sie bewegte ihre Füße in den Schuhen und versuchte, den Wind von ihren Knöcheln zu vertreiben. Es war kalt im Treppenhaus.
     
    Isaac zerbrach sich den Kopf nach logischen Feinden. Er machte sich auf den Weg zu Bummys Speiselokal am East Broadway, um Milton Gulavitch zu interviewen, einen ehemaligen Mörder und Dieb mit Blutklumpen in beiden Beinen und einem Groll gegen Isaac. Vor zwanzig Jahren hatte Gulavitch Brownsville und den New Yorker Osten unter Kontrolle gehabt. Keine chemische Reinigung in diesem langen, schwülen Korridor zwischen Brooklyn und Queens war ohne eine Lizenz von Milton, der in mittleren Jahren noch mächtig war, überlebensfähig, weil er rechtmäßige Mittel besaß, sein Imperium zu beschützen. Zwei seiner Brüder waren in Manhattan bei der Mordkommission. Diese jüngeren Gulavitchs betrieben selbst ihre dürftigen Geschäfte hinter Little Italy; sie schröpften die puerto-ricanischen, die chinesischen und die jüdischen Krämer und schlugen für die Vermieter und Wirte der Baxter Street Nasen blutig. Isaac war als junger Kriminalbeamter über Myron und Jay gestolpert und hatte dazu beigetragen, sie in den Ruhestand und in Ungnade zu versetzen. Milton grämte sich um seine Brüder. Er schwor, Isaac die Augen auszureißen; blinde Polizisten konnten sich nicht in anderer Leute Angelegenheiten mischen. Er überquerte die Williams Bridge und erwartete Isaac bei Mendel in der Clinton Street, einer Bar, in der jüdische Bullen und Gangster verkehrten.
    Isaac konnte nicht zulassen, dass Gulavitch ihn aus Mendels Bar vertrieb. Damals war er rundlicher, ein Junge, von dessen Fäusten Fettröllchen hingen. Er erschien in einem Tweedanzug. Die Kraft in Miltons Daumen, seine Fähigkeit, ihm Augäpfel auszurupfen, war ihm bewusst. Isaac hatte seinen Totschläger und seine Waffe auf Mendels Tresen gelegt. Er wollte den Kunden nicht den Eindruck vermitteln, er sei geschäftlich dort. Gulavitch hatte gelacht. Er hatte nur seine Daumen in den Taschen. Mit täuschend trägen Bewegungen holte er aus einer Hüfte aus und schlang seinen Arm um Isaacs Kopf. Isaac begrub seine Augen an der Brust des »Kontrolleurs«, damit Gulavitch nicht zudrücken konnte. Auf solche taktischen Manöver war der Alte bei einem Knaben nicht gefasst; er versuchte gar nicht, sein Gesicht zu schützen. Isaac langte mit einer speckigen Hand zu. Knochen splitterten. Gulavitch griff sich ins Gesicht. Die Kunden, die ihn umstanden, sperrten voller Erstaunen und Abscheu die Münder auf. Aus Gulavitch wurde Gula der Einäugige. Er war dann aus dem Umlauf verschwunden, sein Imperium ging in andere Hände über, und als fünfzehn Jahre verstrichen waren, tauchte er als Bummy Gilmans Tellerwäscher wieder auf.
    Isaac verachtete Bummy, der vor Barney Rosenblatt und den jüdischen Revierwachtmeistern kroch. Aber er war nicht gekommen, um Bummys Lokal hochgehen zu lassen. »Wo ist Gula?«, fragte er.
    Bummy konnte Isaacs Besuche nicht ausstehen. Den Chef konnte er nicht einwickeln, ihn mit Lammkoteletts oder Pornofilmen bestechen. »Rühr ihn nicht an, Isaac. Er ist senil.«
    »Schon gut. Aber vielleicht hat er Enkel, die Botengänge für ihn besorgen. Das

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