Das Isaac-Quartett
streitsüchtiger Junge mit drahtigem Haar, forderte die Alkis zu einem Spiel heraus, falls sie fünfzig Cents aufbringen konnten. Die Alkis waren zu arm und daher verlockte der Lokalmatador Coen mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Schnalzen seiner Lippen. »He, Bruder, hast du ’n bisschen Kleingeld?« Coen erklärte sich einverstanden.
Die Alkis pfiffen ihn aus. Sie witterten ein weiteres Opfer der welligen Tischtennisplatte. Coen reagierte mit einem Grinsen auf die Geräuschkulisse. Das waren gescheite Rowdys. Er setzte auf ihren Übermut, hoffte, die Lollipops durch sie zu finden. Der Champion hatte einen Schaumgummischläger mit frisch aufgeklebtem Noppenbelag. Er drückte Coen einen bis aufs Holz durchgescheuerten Schläger mit rauem Belag in die Hand. Coen machte das nichts aus. Tischtennis war sein Spiel. Nach der Scheidung von seiner Frau hatte er seine Schläge in einem Vorortverein zur Perfektion gebracht.
Der Champion begann mit einer regelwidrigen Angabe. Er warf den Ball nicht hoch, sondern hielt ihn in den Fingern und schlug darauf; dabei drehte er sein Handgelenk. Der Ball schoss mit einer teuflischen Drehung über die Platte. Der Star hatte sich die spezielle Oberfläche dieser Platte eingeprägt; er kannte jeden Huppel, jede Delle, jede Neigung des Netzes. Doch Coen kam nicht vom Land. Er reduzierte die Vorteile des Jungen auf ein Minimum, indem er die Bälle mit seinem seichten Schläger abblockte. Die leicht angeschnittenen Bälle flogen mit exakt der gleichen Drehung über das Netz zurück. Der Champion starrte den Ball an. Niemand hatte ihn je dazu gebracht, seine eigenen Schmetterbälle zu parieren. Nach drei kurzen Ballwechseln mit Coen war er demoralisiert. Er begann, den Noppenbelag von seinem Schläger abzunagen.
Die jugendlichen Alkis hielten ihr Hohngelächter zurück. Sie verrollten die Augen so bedrohlich, dass Coen es nicht übersehen konnte. Nie hatte er Vierzehnjährige mit so leidenschaftslosen Gesichtern gesehen: Sie erinnerten an verhärmte alte Männer. Sie gruppierten sich um Coen und beschimpften ihn in einem Mischmasch aus Spanisch und Englisch.
»Wo ist der Borinqueña?«
»Yo no sé, Mann, aber ich glaube, der ist hergekommen, um Stunk zu machen. Hol Stanley.«
»Stanley macht für lausige fünfzig Cents Picadillo aus ihm.«
Stanley war ein Chinese mit sehenswertem Bizeps. Er erschien mit einem Bruce-Lee-Sweatshirt mit durchgewetzten Ärmeln. Coen erwies den Muskeldarbietungen des Jungen keine Ehre. Ein Bizeps konnte ihn nicht erschrecken. Stanley hatte ein schönes Gesicht. Das brachte Coen aus der Fassung. Muskeln schienen sich nicht mit sanften Augen zu decken. Dem Jungen fehlten der affenartige Blick und die verbitterten Wangen der Alkoholiker.
Seine Stimme klang ausgesprochen duldsam. »Mister, was wollen Sie von uns?«
»Einige Informationen«, sagte Coen.
Die versoffenen Kinder zogen die Augenbrauen zusammen. Sie musterten Coen abschätzend. Ein Knirps wie der konnte sie nicht überraschend angreifen. Sie besaßen die Gabe, Bullen zu wittern. Bullen spielen kein Tischtennis, entschieden sie untereinander.
»He, Schwester, kommst du von der Schulbehörde? Weißt du, wie wir Leute behandeln, die Schulschwänzer suchen? Wir suckeln ihnen die Nase aus und kitzeln sie zu Tode.«
»Ich glaube, du liegst falsch, Typ. Die Muchacha ist von der Steuerfahndung. Er hat gesehen, wie du an einer Flasche genuckelt hast, und jetzt will er seine Whiskeysteuer kassieren.«
»So ein Scheiß. Ich glaub, der spielt die gute Fee. Er will hier renovieren.«
Coen knöpfte seine Jacke auf. Er wollte sich kratzen. Doch die Feder in seinem Halfter hatte sich während des Tischtennisspiels gelockert und die Waffe rutschte heraus. Die Jungen sammelten sich um die Pistole. »Mira, mira, schaut mal, was Onkel mitgebracht hat. Zeig her, Mann.« Coen war bekümmert; er hatte den Alkis nicht mit einer Waffe drohen wollen. Sie rannten davon. Nur der Chinese blieb zurück.
»Dann frag ich ihn eben über die Lollipops aus«, sagte Coen zu sich selbst. Er vertraute auf Stanleys Intelligenz. Als das Zentrum sich geleert hatte, verstellte nichts mehr Coens Blick auf die verschmierten Wände und die heraushängenden Stromkabel. Stanley rührte sich nicht. Coen wollte gerade auf die Lollipops zu sprechen kommen, als er zwei enorme Pratzen auf seinem Brustkasten spürte und auf die Tischplatte fiel. Er hätte schwören können, dass Stanleys Fußknöchel keine Sekunde lang den Boden
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