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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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»Mörder mit neun oder zehn. Sollen wir vielleicht vertrauliche Akten über Kinder anlegen?«
    Der freie Mitarbeiter der Newsweek hatte eine Schwäche für Intelligenztests. Er riss Isaac von den abstrakten Aspekten los und forderte ihn auf, die Akten in Brodskys Händen durchzugehen. »Chef, um die Detectives, die die Nachforschungen für Sie durchführen, muss es erbärmlich bestellt sein. Wo sind Ihre Unterlagen über Rupert Weil?«
    Brodsky fühlte sich immer elender, während er in den verschiedenen Akten herumwühlte. Der Mann von Newsweek hüllte sich in Selbstgefälligkeit. »Welchen IQ hat der Kerl?«
    »Zweihundertsieben«, sagte Isaac, woraufhin Brodsky alle Ordner zusammenklappte.
    Der Daily News -Reporter fing an zu kichern. »Der Kerl muss ein Genie sein. Soweit ich weiß, hat es Mozart nur auf hundertneunundneunzig gebracht.«
    »Zweihundertsieben«, sagte Isaac.
    Der Freie Mitarbeiter war halsstarrig. »Und was ist mit Esther?«
    »Sie ist in eine Konfessionsschule gegangen«, sagte Isaac. »Ihre Lehrer sind Spaniolen, argwöhnische Leute. Sie haben sich geweigert uns Informationen zu liefern. Ich setze allerdings nur geringes Vertrauen in Intelligenzquotienten. Sie sagen sehr wenig aus. Rupert war früher Schachspieler. Vielleicht hätte er es zur Meisterschaft bringen können, wer weiß? Mit zwölf hat er es an den Nagel gehängt. War es ›Intelligenz‹, die ihm gesagt hat, wohin er einen Springer stellen soll? Nehmen Sie Bobby Fischer. Sein Intelligenzquotient liegt bei hundertacht oder -neun. Und jetzt liefern Sie mir eine Theorie über Genies. Ich missgönne Rupert seine irrwitzige Punktzahl nicht. Doch sein Genie rührt von seinem Eigensinn, von einer wahnwitzigen Hartnäckigkeit, die nichts mit dem Talent zu tun hat, das richtige Feld zu errechnen. Ich gebe Ihnen mein Wort. Ihre Genies sind heutzutage rar. Sie haben die Fähigkeit, einen Gegenstand anzustarren, ein Stück Obst, das Herz eines Menschen, und alles andere in dieser beschissenen Welt abzublocken.«
    Auf die philosophischen Ansichten eines Polizeiinspektors waren die Reporter nicht gefasst. Die beiden reizenden Damen vom Brooklyn Squire, die für Cowboy Rosenblatt eingenommen waren, sahen es als seltsame Wendung der Geschehnisse an, dass Stanley Chin und Sophie Sidel ausgerechnet im selben Krankenhaus gelandet waren. Streute Isaac Cowboy Sand in die Augen? War die Kapriole in St. Bartholomew um der Tageszeitungen und Zeitschriften willen inszeniert worden? Arbeitete Rupert Weil für die Abteilung des First Deputy? Hatte er Chin auf eine Aufforderung Isaacs hin gestohlen?
    »Reiner Zufall«, murmelte Isaac. »Stanley hat nichts mehr mit meiner Mutter zu tun. Und die Vorstellung, dass Rupert für mich arbeitet, ist geradezu verrückt.«
    »So verrückt nicht«, sagte Tony Brill.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nichts weiter …« Tony Brill sah sich unter Isaacs wilden Blicken zum Rückzug gezwungen. Der Toad konnte ihn nicht gegen die Schlaglöcher und lose Treppengeländer im Präsidium versichern. »Waren Sie nicht mit Ruperts Vater befreundet, Chef? Vielleicht hat der Junge versucht, auf subtile Weise mit Ihnen zu kooperieren.«
    »Blödsinn«, sagte Brodsky. Ein paar Jungen von Isaacs Gummiknüppeltrupp tauchten in der Tür auf. Da sie keine Pistolen an den Hüften trugen, hielten die Reporter sie irrtümlich für Zivilisten und glaubten, mit gewöhnlichen Bürohengsten grob umspringen zu können. Die Jungen gestikulierten rasend; aus ihren Gesichtern war der letzte Rest Farbe gewichen. Brodsky ging zu ihnen rüber. Langsam rutschte ihm die Hose unter den Bauch. Er musste zu seiner Rettung die Hände in die Hosentaschen krallen. »Konferenz abgebrochen«, krächzte er mit gepressten Lippen.
    Die Reporter drängten aus Isaacs Büro; die geheimen Schachzüge der Abteilung des First Deputy waren unbefriedigend. Isaac blieb mit Brodsky und dem Gummiknüppeltrupp zurück. »Was ist passiert?«
    »Du hast ein Päckchen bekommen, Isaac – von Rupert Weil. Wir haben das Sprengstoffkommando angerufen. Sie kommen mit ihrem speziellen Hund rüber, der Bomben schnüffeln kann. Es könnte ein Anschlag sein.«
    »Idioten«, sagte Isaac. »Ich brauche keinen blöden Köter.«
    Das Paket war in Wurstpapier eingepackt und mit einer dicken Schnur umwickelt, mit der Sorte Schnur, die die Hersteller von Zwiebelbroten manchmal benutzten, um einen Sack Brötchen zu verschnüren. Es war ein gewaltiges Paket, mehr als einen halben Meter hoch. Isaac

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