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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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nieste.
    »Draußen friert es Hexentitten, ein ganz verhurter Tag.«
    »Chauvinist«, sagte Marilyn lachend. »Kannst du dir nicht ein paar männliche Attribute ausdenken? … Wie Spermaschnee. Oder Hexereier. Wie bist du Isaac entkommen?«
    »Das war nicht nötig.« Der Schneemann blinzelte. »Isaac hat mich hergeschickt.«
    Marilyns Kinn hob sich von den Knien des Schneemanns. »Dann war das gar nicht deine Idee? Du bist wegen Isaac gekommen?«
    »Dieser Rupert führt was im Schilde, Marilyn. Isaac sagt, er will dir an die Gurgel. Du brauchst einen Leibwächter und Isaac hat sich gedacht …«
    »Mach, dass du rauskommst.«
    Marilyn warf dem Schneemann die Haarbürste nach. Sie riss ihm den Turban von den Ohren. Coen hüpfte über Isaacs Linoleum.
    »Verdammter Blue Eyes, erzähl mir nicht, was Isaac sich dabei gedacht hat. Isaac denkt sich nur Scheiße. Tust du denn niemals, wonach dir ist? Du Laufbursche. Verdammter Kerl, erst bringt er uns auseinander und jetzt spielt er den Zuhälter. Was wird er sich wohl als Nächstes einfallen lassen? Will er, dass ich das gesamte Präsidium ranlasse? Sag ihm, dass Mädchen manchmal entsetzlich wählerisch sind, mit wem sie was haben wollen. Wenn er sich nicht vorsieht, probiere ich einen neuen Zuhälter aus.«
    »Marilyn, vielleicht war es gar nicht so böse gemeint. Isaac weiß, wie sehr du es hasst, einen Bullen um dich zu haben. – Er hat gedacht, es wäre weniger unerträglich, wenn ich dieser Bulle bin.«
    »Hol deine Hose von der Heizung und zieh sie an. Ich verbrüdere mich nicht mit Leibwächtern, Coen.«
    Coen holte seine Hose. Mit einem Bein war er schon reingeschlüpft, als Marilyn sich auf ihn stürzte und ihn auf Isaacs Sofa warf. Er fühlte das Beben in ihren Fäusten, das Quetschen ihres Schenkels, das Gewicht dieses Körpers in rasendem Angriff. Sie hatte sich ganz auf ihn geworfen, Ellbogen, Brüste und Knie. Coen verteidigte sich nicht. Marilyn setzte ihre gesamte Energie ein, um einen Schneemann zusammenzuschlagen. Die alte Hysterie war wiedergekehrt. Sie saß wieder in Riverdale fest, Schneestürme im Kopf, unerbittliche Schneemauern zwischen Manfred und ihr. Sie erkannte den Bullen nicht; reine blaue Augen konnten ihr nichts anhaben. Marilyn war immun gegen hypnotische Farbsprenkel. Sie ertastete eine Aushöhlung in der Brust des Schneemanns; sie kroch hinein.
    Marilyn erwachte mit einem Blinzeln, das sich bis in ihre Nasenwurzel vorarbeitete. Sie konnte das Fleisch eines Mannes riechen. Sie war nicht nackt, nein, aber ihren Rock hatte sie nicht an. Sie war eingesponnen wie eine Larve. Blue Eyes hatte sie in eine Wolldecke gewickelt und ins Bad gepackt. Sie konnte kaum die Arme bewegen. »Wie lange habe ich geschlafen?«, sagte sie.
    »Vielleicht eine Stunde«, antwortete Coen von der Heizung aus. Er hatte eine dicke Lippe und Kratzer auf beiden Gesichtshälften. »War ich grässlich zu dir?«
    »Nicht allzu sehr.« Als Coen lächelte, dehnten sich die Kratzspuren aus. »Allerdings musste ich dich festbinden. Du hast ganz schön um dich geschlagen.«
    Er lockerte die Decke, in die er sie gefesselt hatte. »Es tut mir leid«, sagte sie und kämpfte gegen den Drang an, Coens Lippe zu berühren. »Vor großen Schneefällen drehe ich immer durch. Setz dich zu mir, Manfred.«
    Angesichts der Unwetter, die von ihren Ellbogen und ihren Nägeln ausgehen konnten, setzte sich Coen ihr gegenüber. »Ich wäre auch ohne einen Schubs von Isaac gekommen, Marilyn. Ich habe versucht, mich heimlich wegzuschleichen. Aber er hat mich weit ab vom Schuss eingesetzt, mich auf Trab gehalten, mich quer durch die ganze Stadt gehetzt. Ich konnte keine Mahlzeit mehr im Sitzen einnehmen. Isaac hat mich fertiggemacht. Er hat mich rumgehetzt wie doof. Und dann sperrt er mich mit Stanley Chin ein. Ich habe mit Tennisbällen geschlafen.«
    »Psst«, sagte sie. »Du brauchst mir nichts zu erklären.« Sie krabbelte auf Coens Knie. Im Bett ihres Vaters musste sie zur Hexe geworden sein. Die Kratzer auf Coens Gesicht erregten sie. Sie wollte die Wunden auslecken, die sie ihm beigebracht hatte. Nicht aus Grausamkeit. Marilyns Instinkte waren nicht die eines Folterknechts. Sie war grob zu Coen. Wenn es Blue Eyes hätte retten können, hätte sie ihren Vater ermordet. Es war verrückt, aber sie hätte ihm ihre Gefühle nicht zeigen können, ohne seine Wangen zu zeichnen. Coen plapperte immer noch.
    »Ich hätte mich in der Rivington Street auf die Lauer legen sollen, Marilyn, dich

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