Das Isaac-Quartett
Toad kleinzukriegen, weckte seine Lebensgeister nicht auf. Was Journalisten anging, war Isaac abergläubisch. Ihre Geschichten konnte man nicht morden. Wenn man ihnen die Druckerschwärze abnahm, schrieben sie auf Baumrinde. Hack ihnen die Finger ab, und sie buchstabieren mit der Nase.
»Willst du nicht deine Limousine nehmen, Isaac?«
»Nicht nötig. Ich gehe zu Fuß.«
»Fünfzig Zentimeter, Isaac, so viel sagt der Wetterbericht voraus. Das Auto hat Schneeschuhe. Warum willst du dir unbedingt die Füße naßmachen?«
Auf der Treppe stieß Isaac auf ein paar »Krähen«. Sie lehnten sich ans Geländer, um dem Chef Platz zu machen. Es war niemand darunter, der in seiner Gegenwart »Tony Brill« geflüstert hätte. Selbst eine »Krähe« hätte eine von Isaacs bärenhaften Umarmungen nicht unbedingt überlebt. Jede Sorge war grundlos. Der Chef war in sich versunken. Er trat einer Krähe auf den Fuß, ohne sich zu entschuldigen. Das Problem hieß Marilyn. Solange Rupert mit der Post Schachspiel-Läufer schickte, fand Isaac keine billige Lösung. Sollte er sie auf den Rücken packen und sie überall hin mitnehmen? Oder sollte er ihr ein Kämmerchen im Frauengefängnis suchen? Er musste sich auf Coen verlassen. Jedem anderen Bullen und jeder Anstandsdame, die Isaac hätte stellen können, hätte Marilyn die Augen ausgekratzt. Jetzt würde er zu Ida ziehen müssen. Seine eigenen Beamten würden ihn auslachen; sie würden sagen, Coen hätte ihn enteignet, ihn auf die Straße gesetzt.
Brodsky hatte sich mit dem Schnee geirrt. Fünfzig Zentimeter? Isaac spürte ein dünnes Pulver unter seinen Schuhen. Durch den Schleier des fallenden Schnees bemerkte er einen Mann auf dem Bürgersteig. Isaac glaubte, die massiven Schultern Jorge Guzmanns zu erkennen. Zu einer schwergewichtigen Umarmung war er nicht aufgelegt. Isaac sah noch einmal hin. Es war Gula der Einäugige, sein alter Racheengel.
»Du könntest dich erkälten, Gula. Ein Hurrikan ist vorhergesagt worden.«
Gulavitch konnte nicht sprechen, ohne dabei Schnee zu essen. »Du hättest mich zweifach blind machen sollen, Isaac. So war es nicht klug von dir. Ich bin dein Feind. Warum hast du ein gutes Auge in meinem Kopf gelassen?«
Isaac musste Gulavitchs Taschen nicht abklopfen: Der alte Mann trug nie andere Waffen als seine außergewöhnlichen Daumen bei sich. Trotzdem musste Isaac ihn von hier fortbringen. Wenn ihn die »Krähen« hier entdeckten, würden sie quäkend zu Cowboy Rosenblatt laufen, und Cowboy würde Gulavitch wegen Behinderung des Fußgängerverkehrs verhaften lassen. Sie würden ihn in den Keller bringen, ihn ohne Augenklappe in Positur stellen und ihn als Isaacs Idioten bezeichnen.
»Gula, musst du nicht für Bummy Kartoffeln schälen? Geh zum East Broadway. Bummy braucht dich.«
Der alte Mann leckte Schnee von seinen Lippen. »Isaac, ich habe eine Menge zu schälen. Deine Nase, deine Augen, deinen Mund.«
Isaac hielt einen Streifenwagen an, der aus der Mulberry Street kam. Der Fahrer sah scheel durchs Fenster. Ihm war unbegreiflich, warum sich ein hoher jüdischer Chef mit einem Minderbemittelten rumtrieb, der Schnee aß. Doch er stellte Isaac keine Fragen.
»Das ist Milton Gulavitch. Er ist ein Freund von mir. Bringen Sie ihn zu Bummy Gilman am East Broadway. Aber sachte. Milton mag keine holprigen Fahrten.«
Isaac begab sich zum Garibaldi-Spielclub. Er sparte sich die Mühe, über den grünen Streifen in der Fensterscheibe zu schauen. Er trat ein.
Es war eine ungünstige Tageszeit, um Amerigo Genussa zu belästigen. Der Besitzer bereitete Pasta für die Garibaldis. Dazu gehörte Hexerei. Amerigo konnte mit Hilfe weniger Schalen voller Zutaten den Club in eine Trattoria verwandeln; Wurstbröckchen, Anchovis, grüne und weiße Spaghetti, Walnüsse, Parmesankäse und eine Pfeffermühle türmten sich um die Espressomaschine des Vereins. Hinter der Theke war mit Platz geknausert worden. Genussa war gezwungen, mit einem Schneebesen an der Brust von Schüssel zu Schüssel zu hopsen.
Isaac wartete keine Begrüßungsansprache von Genussa ab. »Ich habe es dir schon einmal gesagt. In der Nähe von Essex Street haben deine miesen Killer nichts zu suchen.«
Amerigo hüpfte weiter. Eine kleine Drehung seines Handgelenks und der Schneebesen landete in einer Schüssel. Er kümmerte sich erst um Isaac, als sich Schaum bildete. »Habe ich dich zum Abendessen eingeladen? Du bist schon zu lange Bulle. Ich meine es ernst. Deine Manieren sind im Arsch. Ich
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