Das Isaac-Quartett
die an seinen Ohren nagen, ihm das Herzblut aussaugen, ihn aus der Stadt schmuggeln und in einer Holzkiste nach Ward’s Island bringen würden, ehe der Schnee geschmolzen war. Die Smith und Wesson würde man von ihm zurückfordern. Vor Brians Augen standen bereits ein feuchtes Grab und die Anonymität eines Polizisten, der ohne seine Waffe begraben wird.
»Sind Sie bekloppt?«, sagte der Kaninchendieb und rüttelte Brian aus seinen trübseligen Visionen auf. »Sie schießen auf einen Mann, weil er Haustiere von der Straße aufsammelt? Karnickel sind doof. In Manhattan wären sie gestorben. Ich wollte sie nach Islip mitnehmen, für meine Kinder.«
Brian zuckte die Schultern. »Gefährlich«, sagte er. »Lollipops … Ich suche Rupert Weil.«
Alles fiel auf Isaac zurück. Isaac war der gefrorene Fluss, der Felsen, der Schnee. Isaac war der Abwasserkanal unter der Grand Street, der Rotz in Philips Taschentuch, der Staub auf den Nasenflügeln Mordecais. Isaac war der heilige Krieger, der Philip und Mordecai mit seinen guten Taten zerbröselte und Esther Rose gerupft und ausgenommen hatte, der in der Gebärmutter seiner Tochter schläft und sich vom Schamhaar einer fetten Blintzenkönigin ernährt …
Zwei Männer folgten Rupert, während er im Schnee grübelte. Es waren nicht die Killer aus der Mulberry Street. Sie trugen keine langen Mäntel. Rupert kamen sie von ihren weicheren Kleidungsstücken her wie Ausländer vor; Pullover, Ohrenschützer und Wollmützen. Im Sturm ließ sich ihr Äußeres schwer taxieren, aber Rupert hätte geschworen, dass es sich um Brüder handelte. In ihren Gesichtern stand eine Arglist, die nicht zu den eingeschneiten Geschäften der Grand Street passte. In geschäftlichen Dingen, Geografie und Kopfrechnen mochten die Brüder schwerfällig sein; sie gingen, als bewegten sie sich auf fremdem Boden vorwärts. Mit Isaac konnten sie nichts zu tun haben; für Polizisten waren sie viel zu unbeholfen.
Rupert machte sich nicht die Mühe, sie abzuschütteln; wenn es sein musste, würde er unter ihren Fäusten durchtauchen. Er würde ihnen die Ohrenschützer um die Augen wickeln, sich in der Wolle auf ihren Köpfen festbeißen. Im Schnee konnten sie sich Rupert nicht schnappen. Er bog in die Allen Street ein, doch der Wind trieb ihn zurück. Mit den Knien musste er sich einen Weg um die Ecke bahnen. Ein anstrengender Spaziergang. Er drehte sich um und winkte. Wollköpfe waren einem Rupert Weil nicht gewachsen. Er hatte einen Löffel in der Tasche, einen Löffel, der ihm einen Weg zu Lady Marilyn in den Schnee meißeln oder die Backen eines Feindes zersplittern konnte. Er blühte auf, während er zusah, wie sich die Ohrenschützer abmühten. Die Brüder steckten fest. Sie schafften es nicht in die Allen Street. Rupert tat sie als Flüchtlinge aus Brooklyn ab. Jetzt konnte er ungehindert einen Weg einschlagen, der ihm behagte. Seine Zehen waren vereist und seine Brustwarzen hatten sich blau gefärbt. Auf allen Vieren legte er hundert Meter zwischen sich und die Flüchtlinge. Er fiel über eine Hand. »Ach du Scheiße, was soll denn das?« Eine Fußspitze bohrte sich aus dem Schnee. Rupert zog. Ein alter Mann, der Schneebrocken an seinen Körper drückte, kam zum Vorschein. Ohne Schal und Stiefel war er lebendig begraben gewesen. Rupert rieb den alten Mann an seinem Mantel. »Wer sind Sie? Wo wohnen Sie?«
Der alte Mann zeigte auf ein Haus. »Ich wollte ein Knisch kaufen«, sagte er. »Ein Kaschaknisch. Es ist neblig draußen. Ich sehe nichts.«
»Haben Sie eine Frau?«, fragte Rupert.
»Ich lebe mit meiner Tochter zusammen. Das Knisch war für sie.«
»Wenn Sie mich fragen, ist das kein Knischwetter. Alle Delikatessgeschäfte sind geschlossen. Kommen Sie.«
Der Sturm hatte an dem Gebäude herumgeschneidert, in dem der alte Mann wohnte, ihm mit einem Schneehaufen, der so bucklig war wie ein Elefantenrücken, das Erdgeschoss abgeschnitten. Rupert wühlte sich in den Buckel und suchte einen Eingang. Mit seinen Händen und Füßen grub er einen gewundenen Pfad und brachte den alten Mann ins Haus. Das Gebäude war kälter als der Schneehaufen. »Ihre Tochter ist aber ein gefräßiges Mädchen«, sagte Rupert und blies sich warmen Atem in die Finger. »Ich würde ihr ein Kascha aus ihrer eigenen Nase machen, wenn ich es nicht so eilig hätte.«
Als er aus der Rinne trat, die er sich gebahnt hatte, griffen ihn vier lange Mäntel auf. Seine Feinde, die Gorillas der Mulberry Street, hatten ihn schon
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