Das Isaac-Quartett
Riese. Du erkennst ihn an seinem weißen Haar und seinen stinkigen Füßen. Warte, bis er spazieren geht. Drinnen hockt eine Familie von Idioten. Du kannst ihnen die Nasen verkohlen, aber ich will keinen Scheiterhaufen. Keine Kremationen, hörst du? Sieh nur zu, dass sie ihre Ärsche auf die Straße bewegen.«
Der Portier in der Palisade Avenue salutierte vor dem First Dep. Isaac war die Berühmtheit des Hauses geworden. Die Portiers hatten Artikel über ihn in der New York Post gelesen, Artikel, die erklärten, Isaac sei der aufgeweckteste First Dep, den die Stadt je gehabt hatte: Er hält Vorlesungen am John Jay College, er treibt Verbrecher in die Enge, er spielt Schach.
Er fand einen Büstenhalter und ein aufgeschlagenes Taschenbuch auf Kathleens Parkettfußboden vor. War ein Einbrecher im Haus, ein Verrückter, der an Büstenhaltern schnupperte, während er die Habe sortierte? Isaac hatte eine Pistole bei sich, aber mit der würde er nicht einem armseligen Jungen in einer Maisonette-Wohnung vor der Nase rumfuchteln. Auch nicht die Schränke in zwei Stockwerken durchsuchen. Er schaltete die Lichter ein. Über Kathleens Lieblingssofa war eine karierte Hose drapiert. Der Junge hatte ein eigentümliches Markenzeichen: Er arbeitete in seiner Unterhose.
»Komm raus, du Sau, egal, wo du bist. Ich bin Bulle. Sonst muss ich dich an den Ohren rausziehen.«
Der Einbrecher sprang aus Kathleens Schlafzimmer; er drückte sein Hemd, seine Krawatte, die Socken und die Schuhe an sich. Es war ein Mann von sechzig oder fünfundsechzig Jahren mit dunkelgrauen Koteletten und einem kleinen Bauch. Isaac erkannte ihn. Es war Miles Falloon, einer von Kathleens zahlreichen Partnern. Er schnappte sich die Hose vom Sofa, ehe Isaac Hallo sagen konnte.
»Schon gut, Miles. Ich wollte nur baden und mich umziehen. Geh wieder rein.«
Doch Falloon war verschwunden. Isaac zuckte die Achseln und fing an, sein leichtes Sommerjackett aufzuknöpfen. Kathleen beobachtete ihn von der Schlafzimmertür aus. Die Immobiliengöttin war fast zweiundfünfzig. Die Sümpfe von Florida hatten ihrer irischen Schönheit nichts anhaben können. In ihrem purpurnen Bademantel wirkte sie wollüstig. Keine Frau, die Isaac kannte, Mädchen, die zwanzig Jahre jünger als Kathleen waren, hatte eine solche Furche zwischen den Brüsten wie Kathleen. Sie war wie eine Wunde unter ihrer Kehle, eine verletzbare Hautstelle zwischen ihren Brüsten, die Isaac nach siebenundzwanzigjähriger Ehe noch wahnsinnig machen konnte.
Isaac war mit neunzehn Bräutigam, mit zwanzig Vater gewesen. Er hatte die irische Schönheit in einem Maklerbüro am Echo Park kennengelernt, als er noch ins College ging und eine billige Wohnung in Washington Heights suchte. Kathleen hatte mit ihrem kleinen College-Knaben eine Immobilientour unternommen und in einer leeren Wohnung nach der anderen mit ihm geschlafen. Isaac hatte angenommen, er sei für Kathleen ein Amüsement, ein Zeitvertreib mit einem Stiernacken, ein anonymer Junge, den sie sich während ihrer Arbeitszeit hielt. Aber sie gab ihm keine Wohnung. Der kleine Junge musste bei ihr einziehen. Er heiratete Kathleen in der Kirche von Marble Hill, Isaac, der skeptische Jude, 1948 Stalinist, ein Junge, der an die Macht der Geschichte und an die erotischen Wahrheiten seiner vierundzwanzigjährigen Frau glaubte.
»Wo ist dein Schätzchen?«, fragte sie; sie blieb in der Tür stehen.
Musste er ihr erzählen, wie Ida Stutz ihn wegen eines Buchhalters mit Plastikärmeln versetzt hatte? Kathleen konnte in den Sümpfen nichts von Ida gehört haben. Bei seiner Frau rückte der Chef nicht mit der Sprache raus. »Ich habe viele Schätzchen«, sagte er. »Von welchem sprichst du?«
»Von Manfred Coen.«
»Blue Eyes? Er ist tot.«
»Warum trägst du dann keine Trauerkleidung?«
Isaacs Bewegungen wurden fahrig. »Ich habe ihn nicht umgebracht. Es war eine Scheißfamilie … die Guzmanns. Sie hatten einen Killer, Chino Reyes. Manfred hat ihm mal eine geschmiert. Der Killer hat sich revanchiert. Er hat Manfred mit einer gestohlenen Knarre umgelegt.«
»Wo warst du, als es passiert ist, Prinz Isaac? Du bist der heiligste Bulle weit und breit. Hättest du Manfred Coen nicht retten können?«
»Es war ein Unfall, Kathleen. Ich war ganz in der Nähe.«
Kathleen trat aus der Türöffnung und musterte Isaac prüfend. »Dreckskerl«, sagte sie. »Ich kenne dein fieses Vokabular. Du bist immer ganz in der Nähe, wenn du eine gute Ausrede brauchst. Was
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