Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
Vom Netzwerk:
Vorwahlen wirkte er längst nicht mehr so senil. »Isaac, in Chicago lachen sie uns aus. Wir verdienen einen besseren Police Commissioner. Ich ernenne dich zum neuen PC.«
     
    Ein Jahr zuvor hätte man Tiger John und Sam nicht auseinanderbringen können. »Hizzoner« wollte einen PC, den er um den Finger wickeln konnte. Aber John war ein Klotz an seinem Bein geworden. John war ein unbeliebter Commish. Seinetwegen verlor Bürgermeister Sam vielleicht das Rathaus.
    »Euer Ehren, ich werde nicht wie ein loyaler Maulwurf im Polizeipräsidium herumlungern. Ich bleibe lieber, wo ich bin.«
    »Isaac, du bist kein Baby mehr. Du kannst nicht ständig in alten Anzügen rumschleichen.«
    Isaac würde sich bis zum Wintereinbruch vom Gracie Mansion fernhalten. »Hizzoner« war vergesslich geworden. Nach ein, zwei Tagen dachte er bestimmt nicht mehr an den First Dep. Sollten sich doch die Rebellen, die zu Becky übergelaufen waren, um einen neuen Commissioner für Bürgermeister Sam kümmern.
    Isaac schüttelte langsam seine Dubliner Trägheit ab. Er ging ins Roosevelt Hospital, um Annie Powell zu besuchen. Die stand nicht auf den Patientenlisten. »Was zum Teufel soll das heißen?«, knurrte Isaac. »Sie war vor zwei Wochen mit eingeschlagenem Gesicht hier.« Die Assistenzärzte, Schwestern und Pfleger konnten Isaac nicht davon abhalten, das Krankenhaus zu durchkämmen. Annie lag auf keiner der Stationen. Sie lag nicht in einem Privatbett. »Himmel, verschwinden denn kranke Mädchen einfach so aus diesen verfluchten Zimmern?«
    Ein Arzt stöberte ihren Entlassungsschein auf. »Annie Powell ist hier rausspaziert.«
    »Wann?«
    »Letzte Woche … Sie hat ihre Sachen aus dem Schrank geholt und ist verschwunden.«
    »Und ich nehme an, so was passiert ständig«, knurrte Isaac. »Einfach so eine Patientin verlieren. Hatten Sie denn niemanden, der sie hätte aufhalten können?«
    »Das ist hier kein Gefängnis, Commissioner … Wir können die Leute ja wohl schlecht an ihre Betten ketten.«
    Annie stand blaugeschlagen und mit irrem Blick auf ihrem Stammplatz an der Dreiundvierzigsten Straße; Dermotts Narbe war kaum noch zu erkennen, das D war mit sich überschneidenden Striemen und blauen Linien überzogen. »Was glotzt du mich so blöd an, Mister? Wenn dir die Ware nicht gefällt, kriech doch ein paar Blocks weiter die Straße rauf oder runter.«
    »Annie«, sagte er, »ich bin’s, Father Isaac.«
    Die irren Augen rollten ihr im Schädel. »Komm mir ja nicht zu nah … Ich kenne keinen Father Isaac.«
    Ihre Schultern begannen schrecklich zu beben. Isaac hatte etwas in ihr ausgelöst. Sie starrte ihn mit Schaum vorm Mund an. »Der Champagnerknilch … willste dir ’ne Muschi kaufen?« Sie zog ihren Rock bis zum Bauchnabel hoch. Annie hatte ihren Schlüpfer vergessen. Touristen und Freier blinzelten sie an. Aus einer irischen Bar kam ein Zivilbulle angerannt. Isaac hielt ihn von Annie fern. »Geh zurück in deinen Whiskeyschuppen … Ich bin Isaac Sidel. Ich kümmere mich um das Mädchen.«
    Annie ließ den Rock sinken, als Isaac fortging. Sie murmelte vor sich hin. Alle konnten ihre Zähne klappern hören. Gott allein wusste, wo sie einen Freier finden wollte. Isaac rief von einer Telefonzelle an der Ninth Avenue aus sein Büro an. »Annie Powell«, sagte er. »Sie geht an der Dreiundvierzigsten anschaffen. Ich will, dass zwei Jungs sie Tag und Nacht im Auge behalten … Die sollen ihr das Händchen halten, wenn’s sein muss … Sie könnte sich was antun.«
     
    Er konnte sich die stinkige Hose nicht anziehen. Er war nicht in der Stimmung, um Isaac der Penner mit dem dreckigen Gesicht zu sein. Würde Annie jedes Mal, sobald er sich ihrer Ecke näherte, aller Welt ihr Geschlechtsteil zeigen? Isaac machte sich auf die Suche nach Jamey O’Toole, dem Schläger des Königs.
    O’Toole war auf Annie herumgetrampelt und dafür musste jemand bezahlen. Hier war nicht Dublin, wo Isaac mit einer Haarbürste als Einziger Waffe herumschleichen musste. Er fuhr mit sechs Beamten zu Jameys Haus. O’Toole wohnte in Chelsea; seine Tür war mit einer dicken Eisenplatte beschlagen, um Einbrecher, Diebe und Cops wie Isaac abzuschrecken. Es war zwei Uhr früh. Isaac war nicht unvorbereitet gekommen. Seine Männer hatten Schrotflinten, Brechstangen und einen Vorschlaghammer dabei.
    Isaac klopfte nicht an. Die Brechstangen krallten sich unter die Metallplatte. Der Vorschlaghammer zerschmetterte die Beschläge. Die Tür gab mit einem Kreischen nach,

Weitere Kostenlose Bücher