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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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der König ein Freund von dir?«
    Arthur schüttelte voller Abscheu den Kopf. »Kein Wunder, dass Sie in dem Schweinehotel wohnen. Sie verlieren langsam den Faden. Dermott und ich waren zusammen in derselben Gang.«
     
    Vor langer, langer Zeit, da kannte sich Isaac mit jeder Jugendbande in der Bronx aus. Er war der Cop, der für Frieden sorgte. Er musste nicht mit der Jugendpolizei zusammenarbeiten. Isaac trat einfach in einen Keller und schlichtete den Streit. Die Devils von der Clay Avenue herrschten über weite Teile der Bronx. Ihr Territorium reichte von Castle Hill bis zum Claremont Park. Sie waren so erfolgreich, weil sie sich nicht um Rassenschranken scherten. Der liebe Arthur nahm Neger, Italiener, Iren und Juden in seine Gang auf.
    »Scheiße«, sagte Isaac. »Du willst damit sagen, Dermott war einer von deinen Leuten?«
    »Der Beste, den ich je hatte. Mein Kriegsminister.«
    »Und warum kann ich mich nicht an ihn erinnern?«
    »Dermott hat sich immer zurückgehalten. Er war smart, Mann. Ich hab meistens den Ruhm eingeheimst und die Narben auf meinem Gesicht abgekriegt. Dermott hat sich von uns entfernt. Er ist ohne eine einzige Narbe aufs College gegangen.«
    »Und wer hat Dermott zum König gemacht?«
    »Ich.«
    »Aber du hast doch gesagt, er hätte nie gekämpft. Dermott hat keine Narben …«
    »Aber reden kann er wie ein König. Haben Sie ihm jemals zugehört? Er könnte Ihnen mit fünf Wörtern Ihren Bart klauen.«
    »Ich habe keinen Bart«, meinte Isaac.
    »Na und? Er würde es Ihnen erst einreden und ihn dann stibitzen. Deshalb war er ja unser Kriegsminister. Wir haben es mit den anderen Gangs am Tisch ausgefochten. Sie hatten keine Klugscheißer auf ihrer Seite. Wir hatten Dermott. Der König hat sie lang gemacht. Vielleicht habe ich ihm mit dem Messer Rückendeckung gegeben … vielleicht auch nicht. Hing ganz davon ab, wie viel Dermott mit seiner Zunge stehlen konnte.«
    »Komisch«, sagte Isaac. »Ich hab den König in Dublin gesehen. Er hat nicht einmal den Mund aufgemacht. Arthur, was macht er im Shelbourne?«
    »Er lebt dort bei seinen Vorfahren. Der König hat irisches Blut.«
    »Und was war mit ihm und Annie?«
    »Sie hatten einen Streit unter Liebenden«, sagte Arthur. Er konnte nicht aufhören Isaac anzulächeln. Der First Dep war einsam. Irgendwo hatte er seine Kraft verloren, hatte sie an dem Tag, als er Annie Powell traf, auf der Straße gelassen. Er würde sich nie von ihr losmachen können. Er wollte einen Mann töten ihretwegen. Womöglich auch Arthur Greer.
    »Dieses Mal auf ihrem Gesicht stammt doch von einem Messer, richtig?« Isaac murmelte nur noch. »Er hat ihr ein D eingeritzt. Dermott war ein Schmuser. Ein Redner. Wie kommt es dann, dass er so gut mit dem Messer umgehen kann?«
    »Fragen Sie den König. Vielleicht hat er am College geübt.« Das Lächeln auf Arthurs Gesicht war schon brüchig geworden. »Isaac, ich hab zu tun. Sie müssen jetzt gehen.«
    Ein weißes Hausmädchen war hereingekommen und staubte die Sofakissen ab. Ein Junge mit einem Einkaufskorb verschwand. Isaac sah einen Klempner, der in einem der Bäder auf Knien herumrutschte. Arthur hatte eine ganze Armee, die ihm diente, aber er bot Isaac nicht mal ein winziges Stück Kuchen an.
    Isaac litt unter einem Anfall von Gedächtnisschwund. Er konnte sich nicht erinnern, was seine nächste Verabredung war. Dann setzte sein Verstand wieder ein: An dem Tag hatte er keinen Termin mehr.
    Er war unsichtbar geworden, während er sich in diesem namenlosen Hotel verkroch, und es war schwer, seine Konturen zurückzugewinnen. Er hatte sich in zu viele aberwitzige Unternehmungen gestürzt. Jetzt konnte er noch nicht mal das Rätsel seiner eigenen Existenz lösen. War Annie zu seiner Sphinx geworden? Wer war sie?
    Warum hatte Annies Mal ihn so zum Krüppel gemacht?
    Er fuhr nach Morningside Heights und besuchte seine alte Schule, das Columbia College. Isaac hatte eigentlich keine Alma Mater. Gerade mal vier Monate unter Marshall Berkowitz. Der Beginn des neuen Schuljahres stand unmittelbar bevor. Koffer wurden mühsam in die Studentenwohnheime geschleppt. Isaac war regelrecht erschrocken, erinnerte es ihn doch an seine eigene dürftige Bildung. Er hätte nicht aufhören dürfen Ulysses zu lesen.
    Er stellte sich nicht mit den anderen Neuankömmlingen auf den Fluren von Hamilton Hall in einer Schlange an. Isaac platzte in Marshalls Büro. Der Dekan war verärgert.
    »Isaac, da draußen wartet ein ganzer Schwung Kids auf

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