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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Zuneigung zu ihr hervorrief, ihn mit Odile verband. Jetzt würde es ihm schwerfallen, sie auszufragen. Und Odile, die als die behende Odette Akrobatik auf einer Couch gewohnt war, die seit ihrem zweiten Jahr im Gymnasium die Nymphe für die Filmgesellschaft ihres Onkels Vander spielte, sich vor Childs Kameramännern und Kulissenschiebern mit Gelee beschmierte, war in Coens Anwesenheit nervös. Er sah sie nicht lüstern an, zwinkerte nicht und versuchte auch nicht, ihr den Duft seines Eau de Cologne aufzuzwingen. Er sagte nicht Baby zu ihr und leckte nicht mit seiner Zunge rum wie die anderen Bullen, die sie kannte. Hinter einen derart seriösen Mann kam sie nicht. Er war ihr unergründlich. Sie setzte ihm einen zweiten Pfannkuchen vor. Ihr Arm war schon lahm vom Schütteln der Pfanne. Sie wollte ihn abwimmeln, ihm raten, es woanders zu probieren. Unter einem Auge hatte er eine Ader von der Dicke einer Narbe. Die Ader verzweigte sich auf seiner Wange, breitete widerborstige blaue Linien um sich aus. Sie wünschte, sie hätte ihn zudecken, ihn in den Schlaf lullen und die Furchen auf dieser Gesichtshälfte massieren können. Einen Coen, der nicht schlief, hätte sie nicht anzurühren gewagt. Mit offenem Mund war er noch hübscher.
    »Arbeitest du für Vander oder für César Guzmann, Odile?«
    »Für beide.«
    Die Ader auf seiner Wange zuckte wie ein Finger unter der Haut. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Doch sie hätte ihn gerne noch länger gequält, wenn dadurch mehr solche Adern entstanden wären. »Ich bin eine Weile mit César gegangen.«
    »Wie hast du ihn kennengelernt?«
    »Durch Onkel Vander.«
    »Schurken«, sagte Coen und sein Gesicht wurde von innen heraus blau. »In was haben sie dich alles reingezogen, Odile?«
    »In Pornostreifen«, sagte sie. »Onkel ist der Produzent. César der Verteiler, und ich bin einer der Stars.« Durch ihre eigenen Bekenntnisse erschöpft, wurde sie zum Kätzchen. »Sie haben Onkels Studio gesehen, Mr. Coen.«
    »Wo?«
    »Sein Tischtennisraum. Der Tisch ist nur zum Spaß da. Die Beleuchtung steht in den Abstellkammern.«
    »Das geht auf«, sagte Coen. »Was ist mit Césars Heiratsvermittlung?«
    »Ach so, das.« Odile stieß Missbilligung durch die Nase aus. »Den Brautscheiß meinen Sie. Die kleinen Novizinnen.«
    »Wie werden die Bräute nach Mexiko gebracht? César sieht zu haarig aus, um sie selbst rüberzubringen. Und sein Killer, Chino Reyes, ist nicht direkt eine Anstandsdame.«
    »Vander ist mitgeflogen. Sechzehn pro Flugzeug. Er hat sie in eine Schultracht eingekleidet und vorgegeben, sie seien auf einer archäologischen Exkursion. Er würde junge Damen zu den Pyramiden bringen. Am Flughafen hat sie ein Jude mit den Ringen abgeholt. César hat das halbseidene Ehezeremoniell arrangiert.«
    »Mordeckay«, murmelte Coen. »Der Kuppler heißt Mordeckay.«
    »César hat keinen Namen genannt. Vander hat die Bräutigams abkassiert und ist zurückgeflogen. Aber die Geschichte ist ihm zu heiß geworden, und er wollte aussteigen.«
    »Und dann hat César ihm Caroline geraubt, damit Child nicht aus der Reihe tanzt.«
    »Nein. Das war meine Idee. César hat mir einen Gefallen getan. Sein Chinese hat sie ins Flugzeug gesetzt.«
    »Du hast Carrie an die Mexikaner verkauft? Wieso?«
    »Das war nur vorübergehend. Ich musste schnell etwas unternehmen, Mr. Coen. Sie brannte darauf, in den Filmen ihres Vaters mitzuspielen. Und Vander hätte ihr den Gefallen getan.«
    »So eine Sau von einem Vater«, sagte Coen.
    »Vander ist gar nicht übel. Er hat Carrie und mich verwöhnt. Ich bin die, die ihn verführt hat, ihm eine Ahnung von Inzest vermittelt hat.«
    Coen saß auf seiner Faust, in Gedanken versunken. Seine Eltern mochten es mit den Öfen gehabt haben, sein Onkel mochte unter einem dreckigen Arbeitsmantel Geheimnisse aufbewahrt haben, und dennoch waren die Coens simpler als die Childs. »Odile, wenn dein Onkel bis zu den Ohren in Césars Ehevermittlung steckt, warum biedert er sich dann bei Polizeiinspektoren an?«
    »Weil er seine eigene Haut retten will, wenn César dran ist.«
    »Arbeitet Vander für Inspektor Pimloe?«
    »Nicht für Pimloe. Da gibt es noch einen anderen.«
    »Isaac?«, fragte Coen. »Chef Isaac Sidel? Ein kleiner Mann mit Koteletten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Coen streckte sich auf Odiles Stuhl aus; seine Nasenflügel blähten sich vor Frust, und Odile riskierte es, sein Gesicht zu berühren, ehe er sich erholen konnte. Als sie ihre Finger auf seine

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