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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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mein Baby (ein Mädchen, wie wir gerade erfahren hatten) lebte.
    Eine der vielen Hundert Injektionen. Ja, die Freuden der Mutterschaft.
    Als ich im siebten Monat war, beschlossen meine Kollegen, eine Babyparty für mich zu schmeißen. Ich hatte mich heftigst dagegen gewehrt, weil eine solche Party mit meinen kleinen Geheimritualen kollidieren würde, aber sie beharrten darauf und entschieden sich für eine Überraschungsparty. Eine, die zufällig auf dem Stockwerk mit der Unglückszahl stattfand. Ich stieg also in den Aufzug, um an einer angeblichen Budgetbesprechung teilzunehmen, konnte mich aber nicht überwinden, auf den Knopf mit der Unglückszahl zu drücken, und tat deshalb dasselbe wie immer, nämlich im Aufzug zu fahren, bis jemand anders einstieg und den Knopf für mich drückte. Nur dass niemand einstieg, der in den unnennbaren Stock wollte. Weil alle schon im Besprechungszimmer warteten, um mich zu überraschen. Zwanzig Minuten später kam mich jemand suchen und sah mich hilflos in einer Ecke des Aufzugs sitzen. Ich sagte, mir wäre nur schwindlig geworden und ich würde mich kurz ausruhen, aber sie dürften alle gemerkt haben, dass ich ziemlich neben der Kappe war.
    Im achten Monat war mein Bauch riesig und straff gespannt und ich hatte keine zusätzlichen Speckfalten zum Zusammendrücken für die Spritzen mehr. Meine Ärztin versicherte mir zwar, dass die Nadeln trotz ihrer Länge nicht lang genug wären, um das Baby zu stechen, aber ich hatte wahnsinnige Angst, ich könnte ihm Blutverdünner in den Kopf spritzen, und brüllte deshalb immer: »ZUR SEITE MIT DIR, BABY. GEH NACH LINKS, SONST WIRST DU ERSTOCHEN.« Victor wandte ein, dass die meisten Föten kein Englisch sprächen, aber ich hatte schon so viel mit meiner Tochter geredet, dass sie bestimmt einige elementare Brocken aufgeschnappt hatte.Sorgen machte mir nur, dass sie vielleicht nicht wusste, in welcher Richtung »links« war, ich brüllte deshalb noch: »Von mir aus links, nicht von dir aus. Es sei denn, dein Gesicht zeigt zu meinem Baunabel, dann ist es auch von dir aus links. Wenn du meine Leber siehst, hast du dich zu weit gedreht.« Victor musterte mich besorgt. Ich schimpfte: »Du könntest mir übrigens helfen.« Und er: »Wie denn? Jetzt bist du offenbar völlig durchgeknallt.« Ich starrte ihn nur böse an, bis er resigniert aufseufzte, um mich herumging, sich hinunterbeugte und an der linken Seite meines Bauchs rief: »Auf diese Seite, Baby, dreh dich in Richtung meiner Stimme!« Ich lächelte ihn dankbar an, aber wenn ich mit Spritzen fertig war, brummte er: »Wenn es diesmal nicht klappt, schaffen wir uns ein Katzenbaby an«, was ziemlich verrückt war, denn Katzen hatten wir ja schon genügend. Ganz klar verlor Victor den Verstand und es war an mir, die Familie zusammenzuhalten. Das heißt, an mir und den Katzen, den Garanten meines Glücks, allerdings nur auf ausdrückliche Bitte meinerseits. Also, ja … es war keine leichte Zeit.
    Die Zeit kroch dahin, bis es schließlich Zeit war, die Geburt einzuleiten. Wir fuhren zur Entbindungsstation und Victor stellte rasch den Fernseher lauter, damit er die Frau auf der anderen Seite des Gangs übertönte, die hingebungsvoll schrie: »GOTTLASSMICHSTERBEN.«
    »Sie betet«, meinte Victor wenig überzeugend. Als eine Art perverser Zufallstreffer war im Fernsehen gerade die Szene mit dem blutigen Bauch aus
Alien
zu sehen, die vielleicht doch aus Kreißsälen verbannt werden sollte. Victor wollte den Fernseher ausschalten, aber ich widersprach, weil die Szene auch irgendwie passte.
    Eine Schwester kam herein, um mir die Infusionen zu legen. Sie entschuldigte sich für das Geschrei der Frau im Nachbarzimmer, sie hätte ihr bereits gesagt, sie müsse ein wenig leisersein. Ich fragte mich, was sie tun wollte, wenn die Frau sich weigerte. Die Schwester, eine Schwarze, war zierlich, machte aber den Eindruck, als könnte sie notfalls mühelos eine schreiende Schwangere vor die Tür setzen. Ich beschloss, sie nicht zu provozieren. »Sie tut das, weil sie eine Schwarze ist«, erklärte die Schwester sachlich.
    »Äh … wie bitte?«, fragte ich, überzeugt, dass ich mich verhört hatte.
    »Die Frau, die im anderen Zimmer schreit«, wiederholte die Schwester. »Sie ist eine Schwarze. Schwarze Frauen schreien immer am lautesten, wenn sie ein Kind bekommen. Meist schreien sie Jesus an. Weiße Frauen sind viel leiser, bis dann das Baby schreit. Dann kann man sie nicht mehr von schwarzen Frauen

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