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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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meinen Eltern zurück und brannten zur Feier des vierten Juli ein Feuerwerk ab, und als wir mit den römischen Lichtern fertig waren, meinte Dad: »Ach, ich habe den Enkeln ja versprochen, wir würden heute Abend die Kanone abschießen«, und Hailey schrie gleich: »Ja, hurra!«
    »Du hast meinem Vorschulkind versprochen, dass sie eine Kanone abfeuern darf?«, fragte ich ungläubig.
    »Nein, natürlich nicht«, erwiderte er, »ich habe Tex gesagt, er könnte das tun.« Was natürlich etwas ganz anderes ist, denn Tex war verdammt noch mal sechs. Ich sah meine Schwester an, ob sie erlaubte, dass ihr Sohn eine Kanone aus dem Bürgerkrieg abfeuerte, aber sie zuckte nur mit den Schultern, so sehr ist sie solche abstrusen Unternehmungen schon gewöhnt. Es muss schon etwas Schlimmes passieren, dass sie sich aufregt.
    »Kann auch wirklich nichts passieren?«, fragte sie Daddy und er versicherte uns, er würde Tex die Kanone nur vorbereiten und schussfertig machen lassen. Dabei stand Tex die ganze Zeit direkt vor dem geladenen Monster, aber meine Schwester wirkte trotzdem ziemlich unbesorgt, weil sie wusste, dass Daddy dasrostige Ding wahrscheinlich sowieso nicht zum Schießen bringen würde. Und sie behielt recht. Aber dann meinte Daddy, dass er lediglich stärkeres Feuer bräuchte, er holte also den Schweißbrenner. Ich rannte sofort los, meine Kamera holen, denn ich wusste, das würde mir niemand glauben. Es würde bestimmt einen mordsmäßig lauten Krach geben, eine Zumutung für die Nachbarn um diese Zeit am Abend, aber dann fiel mir ein, dass die Nachbarn ja schon die ganze Woche immer um Mitternacht Feuerwerk abgebrannt hatten, es war also nur die gerechte Vergeltung, wenn die Kanone tatsächlich losging. Was sie auch tat. Und es war der Wahnsinn und niemand kam dabei ums Leben oder wurde verletzt, was den Abend für uns zum Höhepunkt der Woche machte.

    Es war unser letzter Abend bei meinen Eltern. Auf dem Weg ins Haus zeigte Victor auf einen Tisch, der an Ketten unter der Decke des Carports hing, und meinte, darauf liege offenbar ein toter Bär. Ich nahm an, dass er betrunken war, aber als wir am nächsten Vormittag nach draußen gingen, um das Auto zu packen, sah ich, dass er recht gehabt hatte. Mein erster Gedanke war, dass ich wahrscheinlich eine Brille brauchte, weil es schon merkwürdig ist, wenn man einen Bären übersieht, der die ganze Woche lang auf einem Tisch im Garten schwebt. Aber dann fiel mir ein, dass ich auch die Kanone am Anfang gar nicht bemerkt hatte, bestimmt lag das daran, dass andere Dinge mich abgelenkt haben. Denn meine Eltern haben so einen Garten, in dem Kanonen und schwebende Bären nicht weiter auffallen.
    Ich starrte den Bären an und überlegte, ob Daddy ihn von den Toten auferwecken wollte wie Frankenstein, der sein Monster zum Dach hinaufgeschafft hatte, damit es einen Blitz anzog. Dann fiel mir ein, dass er den Bären wahrscheinlich nur für dieZeit unseres Besuchs aus dem Weg schaffen wollte, eine Methode, die ich wiederum geradezu genial fand. Wie eine Jalousie, nur mit toten Bären.

    Das leuchtete auch Victor ein, aber dann wurde er auf einmal ganz hektisch und bestand darauf, dass wir sofort nach Hause fahren. Denn wenn uns bei meinen Eltern alles ein leuchtet, ist das gewöhnlich ein Zeichen, dass wir gehen sollten.

VON EINEM HÜHNCHEN DURCHBOHRT
    Vor zwei Jahren schwoll einer meiner Finger an wie ein riesiges Wiener Würstchen, eins von der Sorte, die man im Baseballstadion kriegt, diese Dinger, die beim Heißmachen ganz prall werden. Nicht von der anderen Sorte, das wäre merkwürdig. Ich weiß gar nicht, warum ich das klarstelle. Wisst ihr was?
Wir fangen noch mal an
.
    Vor zwei Jahren schwoll einer meiner Finger an wie eine riesige Vagina.
Scherz.
Er schwoll in Wirklichkeit nur an wie ein dicker geschwollener Finger. Es sah aus, als würde ich einen dieser ausgestreckten »We’re number one!«-Finger aus Schaumstoff tragen, nur dass ich eben keinen trug. Irgendwannim Verlauf der Nacht war bei mir ein tödlicher Fingerkrebs ausgebrochen. Victor verdrehte die Augen und brummte etwas von chronischem Hypochonder und ich sah ihn wütend an, strich ihm mit meinem überdimensionalen Nicht-Schaumstoff-Finger über die Wange und flüsterte: »Auf mir lastet ein Fluch.« Daraufhin schickte er mich zum Arzt. Allein. Weil er offenbar glaubte, ich wäre so stark, dass ich mit einer Fingerkrebsdiagnose ohne jede Unterstützung fertig werde. Oder weil er emotional dicht gemacht hatte

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