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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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und nicht an meinen Tod denken wollte. Oder weil er glaubte, ich hätte mir nur wieder den Finger verletzt wie damals, als unser Hund mich mit einem Hühnchen in den Finger gestochen hat. Wahrscheinlich Letzteres.
    An dieser Stelle wollte ich eigentlich ausführlich über meinen Fingerkrebs berichten, aber als meine Lektorin das las, sagte sie, wenn man schreiben würde, man wäre von seinem Hund mit einem Hühnchen in den Finger gestochen worden, müsste man das auch vernünftig erklären. Ich erwiderte, mit Vernunft hätte das nichts zu tun, und sie nickte, aber wahrscheinlich aus anderen Gründen. Also gut, hier die Vorgeschichte zu meinem explodierten Krebsfinger. Ich übernehme sie mehr oder weniger aus meinem Blog, weil sie schon vor Jahren passiert ist und ich mich an die Details nicht mehr genau erinnere. Weil ich sie verdrängt habe. Weil mein Hund mich umbringen wollte. Mit einem Hühnchen.
    Blogeintrag:
Ich kann kaum tippen, so geschwollen ist meine Hand. Ich wollte gerade meinen Mops (Barnaby Jones Pickles) zum Bett tragen, da machte er plötzlich so eine ruckartige Bewegung, die mir fast den Mittelfinger brach, und dann rannte er mir zwischen die Beine und ich stürzte so schwer, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Und wie um dem Ganzen die Kroneaufzusetzen, sprang er mir dann auch noch auf den Kopf (wahrscheinlich damit es so aussah, als kämpften wir nur zum Spaß und als wollte er mich gar nicht umbringen, nur für den Fall, dass wir Zuschauer hatten), aber ich fiel darauf nicht herein und schrie nach Victor, der mich auf dem Bauch liegend vor dem Kühlschrank vorfand. Victor gleich:
»Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?«
Und ich: »Der Hund wollte mich umbringen.« Victor beugte sich über mich, zog ganz unnötig die Augenbrauen hoch und fragte ungläubig:
»Unser Hund?
Unser
liebes kleines Hundilein?«
Und ich: »ER IST EIN NINJA!« Darauf Victor: »Er ist ein Mops, verdammt noch mal. Er kommt nicht mal aufs Sofa.« Und ich: »ER HAT MICH VERLETZT, DU ARSCH.« Victor wollte mir aufhelfen, aber ich schrie, denn ich bin ziemlich sicher, dass man Unfallopfer nicht bewegen soll, weil sie vielleicht gelähmt sind.
    Victor erklärte sich bereit, mich auf dem Boden liegen zu lassen, allerdings nur, wenn ich für ihn mit den Füßen wackelte, aber ich hatte inzwischen schon viel zu sehr Angst, meine Wirbelsäule könnte bei der kleinsten Bewegung meiner Beine brechen. Also ging Victor zum Telefon. »NICHT DEN KRANKENWAGEN RUFEN«, brüllte ich und er seufzte und sagte: »Wenn du die Beine nicht bewegst, rufe ich ihn. Nur dass ich dann wahrscheinlich wegen häuslicher Gewalt verhaftet werde, denn was ist eigentlich passiert?!« Darauf ich: »Oh mein Gott, unter dem Kühlschrank sind so viele Murmeln, hatten wir in diesem Haus je Murmeln?« Da machte Victor das Geräusch, das er immer macht, wenn er die Hände an das Gesicht legt und den Kopf schüttelt, als könnte er nicht fassen, was er gerade erlebt, aber nach einigen Sekunden Pause sagte er: »Moment mal,
woher kommt das ganze Blut?«
Undda merkte ich erst, dass ich an der Hand eine lange, oberflächliche Schnittwunde hatte. Ich stützte mich auf die Ellbogen, betrachtete sie und sagte: »Wie ist denn das passiert?« Und so fanden wir heraus, dass ich nicht gelähmt war.
    Ich hatte schon halb geargwöhnt, Victor könnte mich mit Kunstblut übergossen haben, um mich zu einer Bewegung zu verleiten, aber er hat fast nie Kunstblut dabei. Er ist nicht der Typ dazu. Er trägt vielleicht ein Maßband oder eine abgelaufene Kreditkarte mit sich herum, aber wenn man einen künstlichen Arm oder eine Bärenklaue braucht, ist man bei ihm an der falschen Adresse. Es war allerdings schön zu sehen, dass ich blutete, denn dann nahm Victor mich wenigstens ernster. Ich merkte allerdings rasch, dass er vor allem deshalb so unglücklich über das Blut war, weil wir die Fugen des Küchenbodens noch nicht versiegelt hatten und das Blut bestimmt Flecken hinterließ. Das war vielleicht nicht besonders einfühlsam von ihm, aber ich verstand seinen Ärger, denn wenn ich je entführt wurde, würde der Verdacht aufgrund der Flecken sofort auf ihn fallen, aber das sagte ich nicht, denn ich wollte ihn gar nicht erst auf Gedanken bringen. Vielleicht war er ja auch nur wegen der vielen Murmeln unter dem Kühlschrank sauer. Aber ich vergaß sein ganzes Theater wegen der Flecken, als mir plötzlich klar wurde, dass ich blutete, WEIL EIN HÜHNCHEN MICH DURCHBOHRT

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