Das italienische Maedchen
Jahren war Scheidung tatsächlich noch keine Option, aber jetzt …« Sie zuckte mit den Achseln. »Viele unserer Freunde haben diesen Weg gewählt. Das ist heutzutage keine große Sache mehr.«
»Für mich schon.« Allmählich wurde Giovanni klar, dass es ihr ernst war. »Aber warum, Donatella? Warum willst du uns beiden das antun? Du weißt, wie sehr die Medien es lieben, schmutzige Wäsche zu waschen. Wir sind bekannt hier in Mailand. Wir könnten doch einfach weitermachen wie bisher. Ich lasse dir alle Freiheiten.«
»Sogar die, öffentlich mit einem anderen Mann zusammenzuleben?« Sie betrachtete ihre langen roten Fingernägel.
Giovanni sank seufzend auf seinen Stuhl zurück. »Verstehe. Du hast dich in den Neuen verliebt.«
»Ja.«
»Wer ist er?«
»Das tut nichts zur Sache.«
Giovanni erhob sich wütend und wischte sich den Mund mit der Stoffserviette ab. »Ich warne dich, Donatella. Ich lasse mich von dir nicht vor ganz Mailand demütigen. Für mich ist die Sache erledigt. Du bleibst bei mir und schlägst dir diese alberne Idee aus dem Kopf.«
»Nein, ich denke, du wirst mir meinen Wunsch erfüllen.« Donatella wusste, dass sie ein Ass im Ärmel hatte, und jetzt war der Moment, es zu spielen. »Du willst doch nicht, dass die italienischen Behörden von der Zeichnung erfahren, die im New Yorker Penthouse eines reichen Texaners hängt, und von den mehreren Millionen Dollar auf deinem Schweizer Bankkonto, die er dir dafür gezahlt hat.«
Giovannis Augen verengten sich. »Weißt du noch, wer mir die Zeichnung gebracht hat? Wer dem naiven Priester erzählt hat, dass sie praktisch wertlos ist? Und wer aufgrund des geglückten Verkaufs eine Zahlung von einer Million Dollar erhalten hat?« Giovanni lachte verbittert und schüttelte den Kopf. »Nein, Donatella, du wirst mich nicht hinhängen, weil du dich damit selbst in die Bredouille bringst.«
»Ja, caro , aber vergiss bitte nicht, dass ich nicht nur eine ausgezeichnete Schauspielerin bin, sondern auch viel besser aussehe als du. Ich glaube, ich würde in den Zeitungen sehr gut rüberkommen als bedauernswerte Ehefrau eines Verbrechers und Verräters an der Nation.« Sie legte, ganz unschuldiges Opfer, den Handrücken an die Stirn und hob die Augen zum Himmel.
Giovanni verschlug es die Sprache.
Donatella stand auf. » Caro , es hat keine Eile. Du bist ab morgen einen Monat weg. Lass dir meinen Vorschlag durch den Kopf gehen, und wenn du wieder da bist, reden wir weiter. Ich werde keine unzumutbaren Forderungen an dich stellen. Natürlich will ich dieses Haus und angemessene finanzielle Unterstützung, aber ich habe nichts dagegen, mich offiziell aufgrund deiner Fehltritte von dir scheiden zu lassen. Schließlich ist das eine Frage männlichen Stolzes. Gute Nacht, caro . Ich wünsche dir einen erfolgreichen Aufenthalt in New York.«
Donatella schwebte aus dem Raum, zurück blieb nur ein Hauch von dem Joy-Parfüm, das sie immer trug und das Giovanni nicht leiden konnte, obwohl es ein Vermögen kostete. Nun verursachte der Geruch ihm Übelkeit.
Sie hatte ihn in der Hand, das wusste er. Wenn sie die Behörden informierte, waren sein Ruf, sein Geschäft und sein Leben ruiniert.
Donatella vermutete richtig, dass er dieses Risiko nicht eingehen würde. Wenn sie bereit war, eine schmutzige öffentliche Scheidung durchzuziehen, die ihrer beider Ruf schädigen würde, hatte sie entweder den Verstand verloren oder sich tatsächlich verliebt.
Giovanni ging in sein Arbeitszimmer, suchte im Stehen eine Telefonnummer aus seinem Rolodex auf dem riesigen Mahagonischreibtisch heraus und nahm den Hörer in die Hand. Als Erstes musste er herausfinden, wer ihr Geliebter war. Donatella hielt sich für clever, doch er würde ihr beweisen, dass sie ihn unterschätzt hatte. Er hatte mächtige Freunde und würde seine Beziehungen spielen lassen.
Rosanna gewöhnte sich überraschend problemlos an ihr neues Leben als Ensemblemitglied der Mailänder Scala. Sie genoss die Aufführungen und freute sich über die Möglichkeit, von den Solisten zu lernen. Wenn sie nicht auftrat oder probte, besuchte sie Gesangsstunden oder beschäftigte sich allein mit einer neuen Rolle. Ihre allwöchentlichen Sitzungen mit Riccardo Beroli erwiesen sich als unendlich wertvoll. Der zierliche, grauhaarige Dirigent war launisch und konnte jähzornig werden, ihr jedoch auch kleine Tricks verraten, zum Beispiel bei der Gestaltung besonders schwieriger Koloraturen.
Jeden Donnerstagnachmittag besuchte
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