Das italienische Maedchen
Engagements an der Scala. Und jedes Mal würde sie ohne Roberto singen.
Natürlich musste sie nicht nach Italien zurückkehren. Es gab andere Opernhäuser, die sie mit offenen Armen empfangen würden; Chris hatte ihr von den zahlreichen Angeboten berichtet, die seit London eingegangen waren. Bisher hatte sie sie alle ausgeschlagen.
Aber Paolo im Stich lassen, nach allem, was er für sie getan hatte?
Wenn sie Chris anwies, ihre Engagements umzustrukturieren, konnte sie mit Roberto in den Opernhäusern der Welt auftreten. Alle wollten sie zusammen, und nach der Nachricht über ihre Heirat würde das Interesse an ihnen als Paar noch zunehmen, das war Rosanna klar.
Tief in ihrem Innern wusste sie, dass sie Angst hatte, sich von ihm zu trennen. Sie glaubte, dass Roberto sie liebte, doch wäre er auch in der Lage, der Versuchung zu widerstehen, wenn sie Hunderte von Kilometern weg war?
Die einzige Garantie für eine funktionierende Ehe mit ihm bestand darin, an seiner Seite zu bleiben. Das würde ein riesiges Opfer bedeuten und die Verletzung Paolos, aber was war ihr wichtiger?
Die Antwort kannte sie.
Sie drückte das Kissen fester aufs Gesicht.
Etliche Zeit später ging Rosanna ein wenig fahl unter der Bräune, jedoch gefasst, wieder auf die Terrasse hinaus.
Roberto sprang auf. »Wie fühlst du dich? Willst du dich jetzt von mir scheiden lassen?«
»Roberto, ich bin zu einer Entscheidung gelangt. Doch bevor ich sie dir mitteile, möchte ich dich etwas fragen. Gibt es noch etwas anderes, das ich über dich wissen muss? Andere Dinge, die du mir verschweigst?«
Roberto überlegte kurz, bevor er den Kopf schüttelte. »Nein, cara . Ich habe dir alles gesagt.«
»Dann erkläre ich dir meinen Entschluss. Ich kann nicht ohne dich nach Mailand. Wenn du Chris Hughes sagst, dass du nicht an die Scala zurückkehrst, sprichst du für uns beide. Es gibt andere Opernhäuser und Orte, an denen wir die Bohème singen können.« Sie rang sich ein mattes Lächeln ab.
Roberto war verblüfft. »Ist das dein Ernst?«
»Ja. Ich bin deine Frau und muss an deiner Seite sein. Mir bleibt keine andere Wahl, weil … ich dich liebe.«
» Cara, mia cara , dass du bereit bist, dieses Opfer für mich zu bringen …« Roberto breitete die Arme aus. »Du wirst es nicht bereuen, das verspreche ich dir. Du bist ein Engel. Und du hast recht: Wir müssen immer zusammenbleiben. Du hast die richtige Entscheidung getroffen.«
Als Rosanna sich von ihm in die Arme schließen ließ, fielen ihr einige Leute ein, die da bestimmt anderer Meinung waren.
»Er ist was ?« Die Stimme am anderen Ende der Leitung wurde sehr laut.
Chris Hughes wiederholte seinen letzten Satz.
Schweigen.
»Tut mir leid, Paolo, Roberto ist untröstlich, aber er hat das Gefühl, dass seine Stimme nicht mitmacht.«
»Wir reden von einer ganzen Saison, Chris, nicht nur von einer Vorstellung! Hat er seine anderen Verpflichtungen ebenfalls abgesagt?«
»Äh … nein.«
»Dann hat er sich diese lächerliche Ausrede mit der Stimme also ausgedacht. Chris, Sie schulden mir die Wahrheit. Warum will er nicht an der Scala singen? Seine Ehefrau wird ziemlich oft hier sein.«
»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Rosanna sagt auch ab.«
Wieder Schweigen, dann zischte Paolo: »Das ist nicht Ihr Ernst, Chris.«
»Ich fürchte doch. Soweit ich weiß, hat sie Ihnen einen Brief geschrieben, in dem sie Ihnen alles erklärt. Es tut ihr schrecklich leid, und sie hofft, dass Sie Verständnis haben, aber sie hat das Gefühl, bei ihrem Mann bleiben zu müssen.«
»Nein!«, stöhnte Paolo. » La Bohème an der Scala zu singen war immer ihr Traum. Ich weiß, dass Rosanna um nichts in der Welt darauf verzichten würde.«
»Genau das tut sie hiermit, Paolo. Was soll ich sagen?«
» Mamma mia! Ist das zu fassen? Ich muss mit ihr sprechen, Chris. Wo ist sie?«
»Rosanna will im Moment nicht mit Ihnen reden. Sie und Roberto …«
»Rosanna will nicht mit mir reden? Sie und ihr Scheißmann haben mir gerade die gesamte Saison ruiniert, die, daran darf ich Sie vielleicht erinnern, in weniger als zwei Monaten beginnt. Ganz abgesehen davon, dass ich sie in den letzten fünf Jahren behutsam aufgebaut habe!«
Chris war sehr froh, sich nicht im selben Raum wie Paolo aufzuhalten. Manchmal hasste er seinen Beruf.
»Ich kann Ihre Reaktion gut verstehen. Mir geht’s auch nicht viel besser. Ich habe für Rosanna ein Jahr Auftritte organisiert, und heute Morgen erklärt sie mir, dass ich ihren
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