Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
schloss die Augen. Was hatte sie nur gegessen, dass ihr dermaßen übel war? Da war doch nur dieses kleine Steak gewesen und der Salat aus Elkes Garten, den sie gestern vorbeigebracht hatte. Sie war stolz darauf, dass in ihrem Garten nahezu alles wuchs, was sie den Sommer über so gern aßen: verschiedene Sorten Salat von Rucola über Romanasalat bis hin zu Chicorée, Tomaten, Kohlrabi, Möhren, Radieschen, unterschiedliche Beerenfrüchte und neben den Aprikosen ein paar alte Apfelsorten. Jan und Laura waren in den letzten Wochen öfter in den Genuss von Elkes Ernte gekommen. Sie mussten zugeben, dass alles nicht nur deutlich besser schmeckte als die Dinge aus dem Supermarkt, sondern auch besser als das, was sie auf dem Templiner Wochenmarkt erwerben konnten. Sie musste Jan anrufen. Er hatte doch das Gleiche gegessen. Ob ihm auch schlecht war? Wo war das Handy? Als sie sich erinnerte, dass sie es im Wohnzimmer gelassen hatte, wollte sie aufstehen und nach unten gehen. Aber kaum hatte sie sich aufgesetzt, fing der Raum an, sich um sie zu drehen.
    Später. Ich ruf Jan später an. Jetzt muss ich einfach schlafen.
    Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da fielen ihr auch schon die Augen zu, und sie sank in einen tiefen Schlaf.
    Sie hatten Jan Plathe verdächtigt, ein Mörder zu sein. Michael Persius starrte ungläubig auf den Bildschirm seines Notebooks. Es hatte ihm keine Ruhe gelassen. Er hatte nicht aufhören können, an Irina Plathe zu denken. Alles, was er vergessen glaubte oder verdrängt hatte, war wieder in ihm hochgekommen. Seine Verliebtheit, seine Hoffnung, der Schock, als er von Irinas Tod erfuhr. Und der Verdacht, dass sie sich umgebracht haben könnte. Er war nicht in der Lage gewesen, die Gedanken zurückzudrängen, sondern sah sich ihnen jede Minute ausgesetzt. Und schließlich hatte er angefangen nachzuforschen. Er hatte sich in die Zeitungsarchive der regionalen und überregionalen Zeitungen geloggt, aber war dadurch auch nicht klüger geworden. Zwar hatte er irgendwo gelesen, dass es auffällig war, dass man am Unfallort keinerlei Bremsspuren hatte finden können, aber– vermutlich, weil beide Insassen des Autos sofort tot gewesen waren– man hatte das einfach auf sich beruhen lassen. Persius hatte sich fest vorgenommen, das Gleiche zu tun und nicht mehr darüber nachzudenken, was mit Irina geschehen war, hatte nur noch lustlos im Archiv der Zeitung herumgescrollt. Und da war plötzlich dieser Bericht gewesen über Julia Landau, die mit Jan Plathe verlobt gewesen und kurz vor ihrer Hochzeit verschwunden war. Da sie einen Zettel hinterlassen hatte, auf dem sie ihrem Verlobten mitteilte, dass sie ihn verlasse, war die Polizei anfangs davon ausgegangen, dass Frau Landau sich einfach entschlossen hatte, aus Plathes Elternhaus auszuziehen. Schließlich hatte sie in einem kleinen Koffer ein paar Sachen mitgenommen– Beweis genug für die Polizei, dass sie freiwillig gegangen war. Doch dann war der Koffer mit ihren Sachen von einem Fischer in einem der Sölle gefunden worden. Das hatte die Sachlage schlagartig verändert. Man hatte Suchaktionen nach Julia Landau gestartet, hatte die Wälder durchkämmt und auch den See vor dem Jägerhaus abgesucht. Und dann hatte man Jan unter dem Verdacht verhaftet, seine Verlobte getötet zu haben.
    Ob Laura das wusste? Sicher, Jan Plathe war nach drei Monaten Untersuchungshaft wieder freigelassen worden. Anscheinend hatte seine Verlobte ein Lebenszeichen von sich gegeben. Und da die Polizei keine Leiche gefunden hatte, sah sie keinen Grund mehr, Jan noch länger festzuhalten. Aber merkwürdig war das schon. Es sah doch ganz so aus, als wäre dieser Familie kein Glück beschieden.
    Sollte er Laura erzählen, was er herausgefunden hatte? Er hatte das dringende Gefühl, dass er sie warnen musste. Aber was würde sie ihm antworten? Doch sicher, dass das mit ihr nichts zu tun habe. Hatte es ja auch nicht. Aber wenn die Polizei damals einfach schlampig gearbeitet und Jan Plathe diese Julia doch getötet hatte? Wenn er einfach nur Glück gehabt hatte? Konnte es nicht sein, dass Laura sich in Gefahr befand wie alle Frauen im Jägerhaus?
    Persius fragte sich, was er sich da für krude Kriminalgeschichten zusammenspann. Er hatte Jan Plathe doch erlebt: einen kultivierten, gebildeten Mann, der seine Frau liebte. So sah doch kein Serienmörder aus! Aber hatte er eine Ahnung, wie Serienmörder überhaupt auszusehen hatten? Vermutlich nicht anders als er selbst. Oder Jan

Weitere Kostenlose Bücher