Das Jahr der Maus
verkochte, unsere kleine Welt schon längst ausgedorrt. Vielleicht bleiben uns noch Jahre – Jahrhunderte gar. Ich glaube nicht, daß die Schöpfer sich dafür interessieren, womit wir uns die Zeit vertreiben.«
Ich zog die Nase hoch; ohne die Glut des Kometen schien es kühler geworden zu sein. »Ich finde, als erstes sollten wir das Haus instandsetzen.«
»Feuer wäre sehr hilfreich, weißt du«, sinnierte George. »Wir könnten zum Beispiel Holz darin härten. Bessere Werkzeuge fabrizieren. Vielleicht sollten wir nach unten auf den Boden gehen und durch den Humus bis zum Grundgestein vorstoßen. Möglicherweise finden wir Erze, die zur Metallgewinnung taugen.«
»Klar … Und wir müssen einen Ersatz für Papier herstellen. Baumrinde oder gekautes Holz kämen in Frage. Wir schreiben alles auf, was wir wissen, ehe es mit uns stirbt.« Ich deutete auf die Scheiben am Himmel. »Eines Tages werden unsere Kinder dorthin reisen und die anderen Opfer der Erbauer kennenlernen. Vielleicht begegnen sie sogar den Schöpfern selbst. Dann müssen sie imstande sein, unsere Geschichte zu erzählen.«
George kratzte sich am Ohr. »Welche Kinder?«
»Ich finde, wir sollten uns … äh … mal unterhalten, George.«
Es war gar nicht so einfach. Die vielen Segel waren im Weg. Und beim ersten Mal kam es einem vor, als würde man sich nur an einer juckenden Stelle kratzen.
Und peinlich war es, Herrgott noch mal!
Aber mit der Zeit klappte es immer besser; und ich staunte, wie schnell unsere Kinder heranwuchsen.
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Originaltitel: ›GEORGE AND THE COMET‹ • Copyright © 1990 by Stephen Baxter • Erstmals erschienen in ›Interzone‹, November 1991 • Mit freundlicher Genehmigung des Autors • Copyright © 2000 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München • Übersetzt von Ingrid Herrmann
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Greg Egan • Australien
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DER PLANCK-SPRUNG
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Gisela dachte gerade darüber nach, welche Vorteile es bot, zermalmt zu werden – mit ziemlicher Sicherheit, wenn auch mit größter Langsamkeit, zu Tode zermalmt zu werden –, als der Bote in ihrer Homescape auftauchte. Sie nahm ihn zur Kenntnis, wies ihn jedoch an zu warten – ein ranker goldener Kurier mit Flügeln an den Sandalen und einer ungeduldig ausgestreckten Hand, einen Delta entfernt mitten in der Bewegung erstarrt.
Die Scape bestand momentan aus gelben Dünen, die sich, so weit das Auge reichte, unter einem hellen, blauen Himmel erstreckten und Gisela weder zu kahl, noch zu ablenkend erschienen. Gisela lag auf dem kühlen Sand und konzentrierte sich auf ein riesiges, wirres Dreieck, das über einem Dünenhang schwebte. Jedes Eck wirkte wie ein zerzaustes Strohbündel. Das Dreieck war eine Sammlung von Feynman-Diagrammen, das einige wenige Möglichkeiten darstellte, wie sich ein Partikel zwischen drei Ereignissen in der Raumzeit bewegen konnte. Ein Quantenteilchen ließ sich nicht auf eine bestimmte Bahn festlegen, doch es konnte als die Summe lokalisierter Komponenten behandelt werden, von denen jedes einer spezifischen Flugbahn folgte und entlang dieser Bahn an spezifischen Interaktionen teilhatte.
Bei ›leerer‹ Raumzeit begannen die Phasen der einzelnen Komponenten im Falle einer Interaktion mit virtuellen Partikeln wie die Zeiger einer Uhr zu rotieren. Doch jede Art von Uhr, die sich zwischen zwei Ereignissen in flacher Raumzeit bewegte, maß dann die meiste Zeit, wenn die dabei zurücklegte Bahn eine gerade Linie bildete. Jeder Umweg führte zu einer Zeitdilatation, verkürzte also die Reise. Daher erreichte ein Diagramm über Phasenveränderungen versus Größe des Umwegs den Höchstwert ebenfalls bei einer geraden Linie. Da diese Kurve sehr flach war, bildeten eine große Gruppe annähernd gerader Linien mit einer ähnlichen Phasenveränderung einen Cluster um den Höchstwert, und diese Linien ermöglichten es einer weitaus größeren Anzahl Teilchen, phasengleich anzukommen und einander zu verstärken, als in den entsprechenden Gruppen an den Seiten. Drei gerade Linien – ›Strohbündel‹ –, die in der Mitte rot glühten, stellten das Ergebnis dar: die klassischen Bahnen, die Bahnen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit, bestanden aus einer geraden Linie.
Sobald Materie ins Spiel kam, liefen diese Prozesse etwas anders ab. Gisela fügte dem Modell ein paar Nanogramm Blei hinzu – ein paar Billionen Atome –, deren Weltlinien vertikal durch das Zentrum des Dreiecks liefen und dabei ihr eigenes Dickicht an
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