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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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würden. Siehst du? Hier und hier.« Der freundliche Mann zeigte mir zwei winzige Unregelmäßigkeiten. »Im Supermarkt oder in einem dämmrigen Restaurant würde es wohl nicht auffallen. Aber in Deutschland bezahlt man gewöhnlich mit D-Mark, und in der Bank könntest du schon Probleme bekommen. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du natürlich zur Bank gehen. Dort wird man die Blüten allerdings ersatzlos einbehalten.«
    »Kennst du dich mit Falschgeld aus?«
    Ein geheimnisvolles Lächeln huschte über sein Gesicht. »Bekannte von mir handeln manchmal nebenbei mit Blüten, vorwiegend mit amerikanischen und kanadischen Dollars. In letzter Zeit ist einiges an Hundert-Dollar-Noten im Umlauf, vor allem im Frankfurter Raum. Diese hier …«, er wedelte mit meinen Scheinen, »… scheinen aus derselben Quelle zu stammen. Man sagt, sie würden in Osteuropa hergestellt, in Bulgarien oder Polen, vielleicht sogar im Auftrag der dortigen Regierung. Beweisen kann man’s nicht. Wäre auch übel, wenn sich herausstellen würde, dass die Regierung dahintersteckt.« Er lachte grimmig. »Wäre jedoch keineswegs verwunderlich. Im Kalten Krieg greifen ja bekanntlich beide Seiten zu unerlaubten Mitteln.«
    Atze hatte Geli also nicht besucht. Funkensprühend zischte die Erkenntnis durch mein Bewusstsein. Und hinter dem Funkenregen formierte sich flimmernd die Frage ›Was wird hier eigentlich gespielt‹? Verdammte Scheiße, dachte ich ernüchtert, alles wieder so unklar wie zuvor.
    Der Perser sah die Sache kaufmännisch: »Gib mir für die Ware zwei der falschen Hunderter. So hat jeder etwas von den Blüten.«
    »Zwei Hunderter für Ware im Wert von 21 Mark 80? Ich gebe dir einen.«
    »Dann gib mir lieber einen echten Fünfziger.«
    Ich sah ihn verwundert an. »Fünfzig Mark für Ware im Wert von 21 Mark 80? Was soll das denn?«
    »Nun, dafür behältst du immerhin die zwei Hunderter.«
    Wir lachten beide laut, ich trennte mich von den beiden Blüten, bekam noch einen Plastikbeutel geschenkt, in dem ich die Ware verstaute, wir reichten uns die Hand, dann trat ich auf die Straße. Eiswind grub sich in mein Gesicht.

D ER T ÜRKE UND DIE K ATZE
    Die Katze war wieder da. Ein schwarzweißer Kater mit dicken Eiern und einem breiten Kopf. Augenscheinlich ein robustes Tier, ein Kämpfer-Typ, doch abgemagert, die Schwanzspitze fehlte, ein Ohr war eingerissen, und nun humpelte er auch noch. Schweres Handicap für eine Katze. Er miaute mich kläglich an, hatte garantiert Kohldampf. Ich beugte mich zu ihm hinunter, schob langsam meine Hand vor, ließ ihn daran schnuppern und streichelte ihn vorsichtig, wusste ja nicht, wie der verzweifelte Straßenkater, der vermutlich eine Menge unangenehmer Erfahrungen gespeichert hatte, reagieren würde.
    Aber der struppige Einzelkämpfer schnurrte sofort wie eine Nähmaschine. Ich sah die Wunde am Hinterbein, auf der sich bereits eine Kruste gebildet hatte, was mich vermuten ließ, dass sie nicht entzündet war.
    »Na, komm mit hoch.« Einladend öffnete ich die Tür. Er strich vertrauensselig an mir vorbei ins Haus, schnupperte, ließ wachsam den Blick über schmutzige Kacheln, zerbeulte Briefkästen und geparkte Kinderwagen streifen, schien die Lage okay zu finden, sah mich erwartungsvoll an, dann stieg er neben mir die Treppe hoch. Bülent kam uns entgegen. Auch er sah irgendwie beschissen aus. Nicht etwa ramponiert und abgerissen wie der Kater, nein, natürlich nicht. Es war das Gesicht, in dem sich ein Ausdruck von Kummer oder, was weiß ich, von Schmerz, Verzweiflung eingenistet hatte. Bei meinem Anblick hellte ein Lächeln seine Miene etwas auf. »Du warst bei meinem Vater. Er spricht kaum Deutsch, hat aber immerhin kapiert, dass du was von mir wolltest.«
    Wir standen uns auf einer Treppenstufe gegenüber, ich ans Geländer, er an die Wand gelehnt, beide ein wenig steif, gehemmt. Der Kater verharrte mit typischer Katzengeduld auf dem oberen Treppenabsatz und nutzte die Zeit, um mit der Zunge seinen Anus picobello zu säubern.
    »Ich wollte dir einfach nur danken, du weißt schon, wegen letztens. Ich bin nüchtern übrigens völlig anders – also nicht, dass du denkst, der Typ hat ’ne Vollklatsche. Dein Vater hat mich sofort zum Tee eingeladen. Fand ich sehr nett, sehr gastfreundlich. Du, äh, arbeitest heute nicht?« Oh Gott, da ist es wieder, dachte ich entsetzt, das Vorurteil, löst sich schon wieder aus dem Schatten, kommt diesmal mit der Faule-Südländer-Variante, einem der beliebtesten

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