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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Hasen zu fangen. Es klappte nicht, das Tier war schneller.
    »Der ist flink, aber ich muß ihn trotzdem kriegen.« Der Hase lief auf der anderen Seite zum Altar zurück,
    der Pastor verfolgte ihn, schon etwas außer Atem. Als er sich näherte, sauste der Hase die Treppe zur Empore hinauf. Der Pastor zögerte, ihm zu folgen. Er sammelte die verstreuten Papiere auf, legte sie geordnet auf den Rand des Altars und entdeckte dabei die Hasenkötel.
    Verärgert sammelte er sie auf und warf sie einen nach dem anderen in die Kanzel und traf bei jedem Wurf. Nachdem er sich einen Moment ausgeruht hatte, er­ klomm der Kirchenmann die Treppe zur Empore. Die dicken Balken knackten unter seinen Schritten und dröhnten, als er sich in Trab setzte. Er hatte den Hasen gesichtet. Das Tier flüchtete, der Pastor rief: »Hab keine Angst; wie wild du bist, ich krieg dich doch, kss, kss!«
    Der Hase umrundete entsetzt die Empore, dann stürz­ te er nach unten und versteckte sich zwischen Sakristei­ tür und Altar. Der alte Pastor absolvierte dieselbe Runde und rannte polternd die Treppe hinunter. Er war so außer Atem, daß er den in der Ecke hockenden Hasen nicht sah.
    Er schaute auf die Uhr, ging zur Tür und drehte den Schlüssel um. Als er auf leisen Sohlen wie ein Jäger durch den Mittelgang zurückschlich, entdeckte er den Hasen.
    »Jetzt erwische ich dich, du Satansbraten«, murmelte er, während er an Vatanen vorbeiging. Vorsichtig trat er vor den Altar. Jetzt stand er etwa zwei Meter vom Hasen entfernt, der sich unentdeckt glaubte.
    Plötzlich machte der alte Pastor einen furchtbaren Satz zur Sakristeitür, breitete die Arme weit aus, fing den Hasen und begrub ihn unter sich. Der Hase schrie wie ein kleines Kind, mit mitleiderregender, schriller Stimme. Dann gelang es ihm, sich aus der Umarmung des alten Mannes zu befreien, und er sauste in pani­ scher Angst zur Tür.
    »Verflucht sei Jesus Christus!«
    Der Pastor lag auf dem Bauch vor der Sakristei, in der Hand ein Büschel Hasenhaare.
    Ehe Vatanen herbeieilen konnte, war der Pastor auf­ gestanden und aus der Kirche gerannt, er sprang auf sein Fahrrad und trampelte heftig in Richtung Pfarr­ haus. Kurze Zeit später kehrte er grimmig zurück. Vata­ nen konnte sich gerade noch in einer Bank verstecken, da rauschte der Pastor schon mit wehendem Talar her­ ein.
    Im Mittelgang blieb er stehen und zog aus den Falten seines Talars eine Mauserpistole. Er prüfte das Magazin und entsicherte die Waffe. Seine Augen glühten im Dämmerlicht, er hielt nach dem Hasen Ausschau.
    Der lag zusammengekauert am Altar. Als der Pastor ihn entdeckt hatte, hob er die Waffe und drückte ab. Der Hase stob entsetzt davon, Rauch schwebte über dem Mittelgang. Der Pastor rannte hinter dem Tier her und feuerte im Seitenschiff kurz nacheinander zwei Schüsse ab. Die Kugeln pfiffen durch die Kirche, Vatanen duckte sich zwischen die Bänke wie ein Saloon-Besitzer im Wilden Westen.
    Dem Hasen folgend, galoppierte der Pastor noch zwei Runden durch die Kirche und gab jeweils einen Schuß ab. Als er wieder einmal durch den Mittelgang nach vorn lief, fiel sein Blick auf das Altarbild, und er erstarrte: Ein Mausergeschoß war in das Gemälde eingedrungen. Dieses stellte den Erlöser am Kreuz dar; die Kugel hatte Jesu Kniescheibe durchschlagen.
    Noch einmal feuerte die Mauser, diesmal in den Fuß­ boden und anscheinend aus Versehen. Der Pastor stöhnte und hob seinen rechten Fuß. Die rauchende Waffe entglitt seiner Hand, er weinte. Vatanen eilte hinzu und hob die Waffe auf.
    Die Kugel hatte den schwarzen Lacklederschuh des Pastors in der Mitte durchschlagen. Aus der Sohle tropf­ te schwarzes Blut. Wo vorher der Fuß des Pastors ge­ standen hatte, befand sich jetzt im Kirchenfußboden ein Loch.
    »Ich bin Pastor Laamanen«, schluchzte der Mann, auf einem Bein stehend, und reichte Vatanen zur Begrü­ ßung die Hand. Vatanen drückte sie, wobei er achtgab, daß er den Pastor nicht umstieß.
    »Vatanen.«
    Laamanen hüpfte auf einem Bein in die Sakristei, aus dem anderen Schuh floß bei jeder Bewegung Blut. Vata­ nen wischte es mit seinem Taschentuch auf, so frisch ließ es sich gut entfernen.
    »Ich habe mich zu sehr aufgeregt, als ich den Hasen sah. Diese Waffe besitze ich seit 1917, ich war damals Jägerleutnant. Wie konnte ich mich nur hinreißen las­ sen? Das Altarbild wurde aus Versehen von einer Kugel getroffen. Wie kann Gott mir verzeihen, daß ich seinen einzigen Sohn ins Knie geschossen habe? Und

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