Das Jahr des Hasen
sieht, opfert er ihn bestimmt«, sagte einer der Männer zu Vatanen.
»Das ist ein ehemaliger Lehrer, ist im Süden wohl auch mal Pastor gewesen. Er hat die Angewohnheit, Tiere zu opfern.«
Wie sich herausstellte, war dieser Kaartinen noch ein recht junger Mann, ein Skilehrer aus Vuotso. Er pflegte im Frühwinter, außerhalb der Saison, auf Skiern durch die Gegend zu streifen, sein Quartier hatte er in der kleinen Hütte von Vittumaisenoja, am Schweinebach, in der Nähe von Läähkimäkuru.
Die Männer blieben am Feuer sitzen, während Vata nen sein schweres Gerät schulterte, einen Blick auf die Karte warf und sich in den Wald begab. Der Hase hop pelte munter hinterher.
Bis zur Hütte waren es etwa dreißig Kilometer. Weil die Schneedecke noch zu dünn war, trug Vatanen seine Skier auf der Schulter; sie schlugen gegen die Äste und behinderten ihn.
Es wurde früh dunkel, und Vatanen mußte im Wald übernachten. Er fällte eine Kiefer, baute sich daraus einen Unterstand, machte für die Nacht ein Lagerfeuer und briet sich eine Scheibe Rentierfleisch. Der Hase suchte sich im Unterstand einen Schlafplatz, und bald legte sich auch Vatanen nieder. Große Schneeflocken schwebten ins Feuer und vergingen zischend in den Flammen.
Vatanen mußte auch noch den ganzen folgenden Tag laufen, bevor er ans Ziel kam und sagen konnte: »Die Hütte von Läähkimäkuru.«
Müde lehnte er die Skier an die Wand und trat ein. Es war eine der üblichen Unterkünfte der Rentierleute, schon vor langer Zeit gebaut. Im letzten Winter hatte man auf einer Schneekatze Bretter, Nägel, Rollen aus Teerpappe und einen Sack Zement hierher geschafft. Die Hütte bestand aus zwei Räumen, und die eine Hälfte war fast eingestürzt. Doch auch auf der besseren Seite mußte der Fußboden völlig erneuert werden.
»Zeit haben wir ja, notfalls bis Weihnachten«, sagte Vatanen zu sich selbst. Zum Hasen sagte er: »Du solltest dein Winterfell anlegen. Wir sind schließlich nicht mehr in Heinola. Mit deiner braunen Farbe holt dich noch der Hühnerhabicht.«
Vatanen nahm den Hasen auf den Arm und unter suchte sein Fell. Unter den Haaren, die sich leicht aus zupfen ließen, war deutlich die Winterfarbe zu erkennen. Gut, dachte Vatanen und setzte seinen zottigen Freund auf die Erde.
Er beeilte sich nicht sonderlich mit dem Beginn der Arbeit, sondern streifte erst einmal ein paar Tage umher, sah sich die Umgebung an und schaffte Brennholz herbei. Abends machte er im Schein der Laterne einen Plan für die Reparaturarbeiten.
An einer sandigen Stelle in der Nähe begann er zu graben und fand unter dem Schnee eine große Menge feinen Kies; er baute aus Brettern einen Trog, um auch bei Frost Mörtel anrühren zu können. Doch zuallererst mußte der arg zerfallene Herd repariert werden – schließlich brauchte man Wärme in der Hütte. Der Schornstein, der in ebenso schlechtem Zustand war, mußte dringend neu verputzt werden. Doch das würde schwierig werden, denn bei Frost wird der Mörtel nicht fest, sondern gefriert.
Tief in den Wäldern hat man viel Zeit, und Vatanen beschloß, sich dies bei den Reparaturen zunutze zu machen. Er umgab den Schornstein auf dem Dach mit einer Art Zelt. Dann machte er darunter eine Öffnung in Zwischendecke und Außendach, so daß die warme Luft aus der Hütte in das Zelt strömen konnte. Mit Hilfe einer Leiter brachte er warmen Mörtel aufs Dach und konnte so den Schornstein reparieren.
Eines Tages kamen zwei skilaufende Rentierzüchter zur Hütte – inzwischen lag so viel Schnee, daß man besser auf Skiern als zu Fuß vorwärts kam. Die Männer wunderten sich über den seltsamen Aufbau der Hütte, und keiner der beiden konnte sich vorstellen, wozu das Zelt auf dem Dach diente. Hatte die merkwürdige Dach konstruktion schon ihre Neugier erweckt, so staunten sie noch mehr, als sich die Tür der Hütte öffnete und ein Mann mit einem schweren, dampfenden Eimer heraus trat. Er war so in seine Arbeit vertieft, daß er die beiden auf ihre Skistöcke gestützten Männer nicht bemerkte. Er trug den Eimer zur Leiter und begann sie zu erklimmen, auf jeder zweiten Sprosse ruhte er sich aus.
Oben angelangt, verschwand der Mann im Inneren des Stoffzelts und blieb gut fünfzehn Minuten darin. Schließlich kam er wieder zum Vorschein, klopfte den Eimer an der Dachrinne aus und stieg die Leiter hinun ter.
»Guten Tag«, sagten die Männer.
Sie schnallten die Skier ab und begaben sich dann alle drei in die Hütte. Mitten
Weitere Kostenlose Bücher