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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hatte.
    Eine Fensterscheibe war zerbrochen, Vatanen ersetzte sie. Er riß die Fußböden der Hütte auf und nagelte neue ein, zuvor schleppte er aufgegebene Ameisenhaufen herein, um den Raum zwischen Estrich und Dielen auszufüllen. Alles war ausgebessert. Die Hütte sah prächtig aus.
    Seit Kaartinens Besuch war noch kein Monat vergan­ gen, als Vatanen erneut Gäste bekam.
    Zehn Soldaten auf Skiern erschienen vor der Hütte. Sie berichteten, sie seien vom Jägerbataillon Sodankylä. Der Leutnant, der die Gruppe anführte, erzählte beim Teekochen, in dieser Gegend werde in kurzer Zeit ein dreitägiges Manöver des Jägerbataillons stattfinden.
    »Es kam auch für uns ziemlich überraschend. Vom Außenministerium wurde der Wunsch geäußert, ein Programm für die Lappland-Exkursion der ausländi­ schen Militärattachés zu organisieren. Daraufhin hat der Generalstab ein Manöver angeordnet. – Verfluchte Ausländer! Fünfhundert Mann werden in diese Wildnis geschleift, damit sie für nichts und wieder nichts Hurra schreien.«
    Der Leutnant bat Vatanen, ihnen die Hütte von Lääh­ kimäkuru als Quartier für den Generalstab zur Verfü­ gung zu stellen. Die Gäste des Außenministeriums würden in Vittumaisenoja wohnen, wußte er zu berich­ ten.
    »Dürfen wir also kommen?«
    »Nur zu«, erwiderte Vatanen.
    Zwei Tage vor dem offiziellen Manöverbeginn näherten sich zahlreiche Männer der Hütte. Unteroffiziere und einige Soldaten brachten auf einer Schneekatze Funkge­ räte, Karten, Proviant, Zelte, Schilder der Einheiten her. Vatanen fragte, ob er von ihnen Skiwachs und Schwei­ nefleisch kaufen könne, und der Offizier sagte: »Bedien dich nur.«
    Am folgenden Tag kamen noch mehr Leute. In langen grauen Reihen glitten die Rekruten heran, die Jungs waren todmüde. Geländewagen dröhnten, Zelte erhoben sich rings um die Hütte, am Rand der Schlucht, eins sogar auf deren Grund.
    Vatanen fürchtete, der Bär könnte von dem Lärm er­ wachen. Er hatte sich zwar vorgenommen, ihn nicht zu erwähnen, nun wandte er sich aber doch an den Major, der das Manöver leitete. Er sagte, wenn die Leute nicht bald in Richtung Vittumaisenoja verschwinden würden, könnte der Bär aufwachen, und er, Vatanen, könne dies nicht verantworten.
    »Scheiß drauf, wer kann sich jetzt um einen einzelnen Bären kümmern? Lesen Sie mal das Buch von dem Pulliainen, Rentiermann, dann verstehen Sie, daß man vor einem Bären keine Angst zu haben braucht.«
    Nachts herrschten mehr als zwanzig Grad Frost. Va­ tanen schlief unruhig. Er spürte, wie ihm der Hase seinen kurzen Atem ins Ohr blies, der Ärmste schien ebenfalls ganz nervös zu sein.
    Es ereignete sich genau das, was Vatanen befürchtet hatte.
    Gegen fünf Uhr morgens stürmten mehrere Rekruten in die Hütte, in einer Decke trugen sie einen ihrer Kame­ raden. Als das Licht brannte und alle überflüssigen Männer auf den Hof hinauskommandiert waren, sah man, was geschehen war.
    Der Rekrut war über und über mit gefrorenem Blut bedeckt, seine rechte Hand war fast abgerissen. Der Bursche war bewußtlos, wohl vom Blutverlust. Der herbeigeholte Sanitätsfeldwebel verband den Soldaten und gab ihm eine Spritze gegen Tetanus. Draußen wur­ de ein Geländewagen gestartet; der Funker versuchte den Hubschrauber heranzuholen, aber der war fürs Außenministerium reserviert, und so wurde keine Start­ erlaubnis erteilt. Die Träger wischten sich ihre blutigen Hände an den Hosenbeinen ab.
    Der Verletzte wurde in Decken gehüllt und in den Geländewagen gehoben, der mit ihm durch den dunklen Wald zur nächsten Landstraße holperte. Dann ertönten Schüsse. Vatanen ging hinaus und rief in die Schlucht, aus der die Schüsse kamen: »Schießt nicht im Dunkeln, ihr könntet jemanden treffen.«
    Als es schließlich so hell war, daß man etwas sehen konnte, fuhr Vatanen auf Skiern in die Schlucht. Die Rekruten erzählten ihm, wie sich alles zugetragen hatte.
    Der Kamerad, der das Feuer bewachen sollte, hatte gegen Morgen im Schein der Taschenlampe die Bären­ spuren untersucht. Obwohl der Posten es ihm untersagt hatte, war er in den Wald gelaufen. Kurze Zeit später sah der Posten, daß die Taschenlampe im Wald erlosch, dann hörte er lautes Knacken und Schreien, dann nichts mehr. Als die Zeltbesatzung mit Lampen auf­ brach, um dem Kameraden zu helfen, kam ein großer schwarzer Bär mit einem hellen Kranz um den Hals aus dem Wald gestürmt. Er wirbelte Schnee auf die Männer und flüchtete dann

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